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Im Innern des Wals

Im Innern des Wals

Titel: Im Innern des Wals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Orwell
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keiner von ihnen schien etwas anderes zu tun zu haben, als an den Straßenecken zu stehen und hinter jedem Europäer herzufeixen.
    Das Ganze war unangenehm und entnervend. Zu jener Zeit
    war ich mir bereits im klaren darüber, was für eine schmutzige Sache der Imperialismus ist und daß es für mich das Beste wäre, so schnell wie möglich den Dienst zu quittieren und meine Koffer zu packen. Theoretisch - und im geheimen, natürlich stand ich auf Seiten der Burmesen und war in jeder Hinsicht gegen ihre Unterdrücker, die Engländer. Meinen Dienst haßte ich mehr, als ich zu sagen vermag. In einer solchen Stellung
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    lernt man die häßliche Kehrseite des Empire aus nächster Nähe kennen. Das Elend der Gefangenen, die in stinkenden Käfigen zusammengepfercht hocken, die grauen, ausgemergelten
    Gesichter der zu langen Freiheitsstrafen Verurteilten, die blutunterlaufenen Hintern derer, die mit Bambusstöcken
    gezüchtigt worden waren - das alles belastete mich mit einem unerträglichen Gefühl von Mitleid. Ich konnte zu nichts in ein richtiges Verhältnis kommen. Ich war jung, hatte keine gute Erziehung genossen und mußte mit allen meinen Problemen
    allein fertig werden, gebunden an die Schweigepflicht, die jedem Engländer im Osten auferlegt ist. Ich wußte nicht einmal, daß das britische Imperium bereits in Auflösung begriffen war, und noch weniger, daß es um vieles besser war als die neuen Staatsgebilde, die nach ihm kamen. Das einzige, was ich wußte, war, daß ich hin- und hergerissen wurde zwischen dem Haß auf das Empire, dem ich diente, und dem Haß auf das bösartige
    kleine Gesindel, das sich alle Mühe gab, mir meine Aufgabe unmöglich zu machen. Einerseits erschien mir die Tyrannei der englischen Radschahs als ein nicht abzuschüttelndes Joch, das den unterworfenen Völkern in saecula saeculorum auferlegt war, andrerseits hätte es für mich nichts Schöneres geben
    können, als einem Buddhistenpriester ein Bajonett in den Bauch zu rennen. Solche Gefühle sind normale Nebenerscheinungen
    des Imperialismus. Man braucht nur irgendeinen angloindischen Beamten zu fragen, wenn man außerhalb seines Dienstes unter vier Augen mit ihm reden kann.
    Eines Tages ereignete sich ein Vorfall, der im ganzen höchst aufschlußreich für mich war. An sich hatte er keine große
    Bedeutung, aber er verschaffte mir eine tiefere Einsicht in die wahre Natur des Imperialismus, als ich bisher ge habt hatte - in die wirklichen Motive, nach denen despotische Regierungen
    handeln. Eines Tages rief mich der Unterinspektor einer
    Polizeistation am ändern Ende der Stadt frühmorgens an und sagte, ein Elefant sei im Begriff, den Basar zu verwüsten. Ob ich
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    nicht hingehen und etwas dagegen unternehmen könnte? Ich
    wußte zwar nicht, was ich dagegen unternehmen sollte, aber ich wollte sehen, was los war, und so nahm ich mir ein Pony und ritt los. Ich hatte mein Gewehr bei mir, eine alte Winchester 44, die viel zu schwach war, um damit etwas gegen einen Elefanten
    auszurichten, aber ich dachte, der Knall würde ihn vielleicht einschüchtern. Auf dem Weg zum Basar hielten mich mehrere
    Burmesen an, um mir zu berichten, was der Elefant trieb. Es war natürlich kein wilder, sondern ein zahmer Elefant, der brünstig geworden war. Er war, wie alle zahmen Elefanten in diesem
    Zustand, die Nacht vorher an die Kette gelegt worden, hatte sich jedoch losgerissen und war ausgerückt. Sein Mahoud, der
    einzige, der imstande war, unter diesen Umständen mit ihm
    fertig zu werden, hatte sich sofort an seine Verfolgung gemacht, aber die falsche Richtung eingeschlagen, und mußte im
    Augenblick so weit fort sein, daß er vor zwölf Stunden nicht wieder zurückerwartet werden konnte. Der Elefant war bei
    Tagesanbruch unvermutet wieder in der Stadt aufgetaucht. Die Burmesen hatten keine Waffen und waren gegen das Tier
    vollkommen machtlos. Es hatte bereits mehrere Bambushütten umgerissen, eine Kuh getötet und verschiedene Obststände
    überfallen und niedergetrampelt. Dann war er auf den Wagen der städtischen Müllabfuhr losgegangen und hatte ihn, nachdem der Fahrer abgesprungen war und sich aus dem Staub gemacht hatte, umgeworfen und schwer beschädigt.
    Der burmesische Unterinspektor und mehrere indische
    Polizisten warteten auf mich in dem Viertel, ia dem der Elefant zuletzt gesehen worden war. Es war ein ärmliches Viertel, ein Labyrinth elender, mit Palmblättern gedeckter Bambushütten, die sich an einem steilen Hang hinzogen.

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