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Im Interesse der Nation

Im Interesse der Nation

Titel: Im Interesse der Nation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Kompaßrichtung weiterschwimmen könnten.
    Carl spürte, daß Joar Lundwall ihn fast bugsierte, und daß er wiederum Stålhandske hinter sich herschleifte. Es ging in schnellerem Tempo voran als berechnet, während die roten Ziffern dort unten auf dem Timer unerbittlich in Richtung Null zuckten.
    Sie hatten vermutlich schon mehr als hundert Meter zurückgelegt und schwammen jetzt geradeaus und in fünf Meter Tiefe mit Sauerstoffgas, als die Detonation sie erreichte. Sie hatten das Gefühl, als stünden sie in einem großen Müllcontainer, auf den von allen Seiten gleichzeitig mit großen Hämmern eingeschlagen wurde. Die Trommelfelle bebten, ihre Körper vibrierten. Die drei Männer konnten nicht ausmachen, woher das Geräusch kam, obwohl sie es nach ihren Instrumenten genau wußten. Sie verringerten das Tempo und gaben einander durch Zeichen zu verstehen, daß sie unverletzt waren.
    Als sie die Vertäuung des Schlauchboots lösten und es an den Strand schleppten, waren sie erschöpfter, als sie erwartet hatten. Sie hatten die erste Etappe in Richtung Ziel schneller als berechnet zurückgelegt.
    Als sie sich kurz vor dem Strand die Gesichtsmasken vom Kopf rissen und die Geräte abstreiften, die sie nacheinander in das Schlauchboot kippten, sprachen sie zum erstenmal seit unendlich langer Zeit miteinander. Sie empfanden die gesprochene Sprache als genauso überraschend fremd, wenngleich bekannt, wie die Luft, die sie jetzt atmeten.
    »Wir müssen noch mal kurz in Richtung Ziel zurück, bevor man uns aufnimmt. Da ist etwas, was ich noch prüfen will«, sagte Carl, ohne sich näher zu erklären. Sobald sie die Schwimmflossen ausgezogen und das Schlauchboot geentert hatten, startete Joar Lundwall den 50 PS starken Johnson-Motor mit dem ersten Anlasserruck und steuerte schnell auf das Zielgebiet zu; als sie sich dem Hårsfjärden näherten, sahen sie am Horizont einen schwarzen, schnell näherkommenden Punkt.
    Im Zielgebiet entdeckten sie zunächst einige vereinzelte, auf dem Wasser schaukelnde weiße Kunststoffstücke und lächelten in heimlichem Einverständnis. Dann sah Carl, was er infolge einer plötzlichen Eingebung zu finden gehofft hatte - eine kleine grüne Boje mit einem Metallstab in der Mitte. Er zeigte darauf, und Joar Lundwall hielt auf die Boje zu. Carl zog sein Taschenmesser aus dem Gürtel, zerschlug einige Teile und zerstörte die Boje mit dem Messer, bis sie sank. Und dann kam das Donnern einer Gasturbine von 12 000 PS immer näher, die das graue Schiff mit vierzig Knoten direkt auf sie zutrieb. Das Schiff hielt seine Geschwindigkeit, bis es sie fast erreicht hatte. Sie glaubten schon, gerammt zu werden, als die Motoren auf volle Kraft rückwärts geschaltet wurden. Das riesige Kraftpaket bremste auf einer Strecke, die etwa der Länge des Schiffes entsprach. Der Bug sank tief ins Wasser, und das Schiff drehte sich so, daß das Heck zu ihnen herumschwenkte und sie den Matrosen, die neben der dreizüngigen schwedischen Marineflagge standen, ein Tauende zuwerfen konnten. Sie kletterten nacheinander an Bord und überwachten dann, wie das Schlauchboot mit einer Winde an Bord gehievt wurde. Sie zurrten es gemeinsam auf dem Achterdeck fest, bevor sie mit Carl an der Spitze auf die Kommandobrücke gingen.
    Dort warteten warmer Kaffee in Plastikbechern und neugierige Blicke. Carl hatte vom Sauerstoffgas einen ausgetrockneten Mund und ein leichtes Kratzen in der Stimme, als er sich beim Kommandanten mit dem richtigen militärischen Dienstgrad, jedoch mit falschem Namen meldete.
    Der Kommandant befahl den Kurs, nachdem Carl ihn bestätigt hatte, und dann ging es mit Höchstgeschwindigkeit los. Das Schiff umrundete Björkö mit kräftiger Schlagseite in der Kurve und nahm dann nördlichen Kurs auf den Erstaviken.
    »Ich sollte wissen, was für Ausrüstung ihr in dem Schlauchboot habt, falls etwas dabei ist, was unter unsere Sicherheitsvorschriften fällt«, sagte der Kommandant mit einer Mischung aus Neugier und leichter Besorgnis.
    »Es sind geheime Meßinstrumente, die wir gerade testen. Empfindliche Instrumente, aber bestens festgezurrt«, log Carl blitzschnell, als wäre es die Wahrheit und keine einstudierte Ausrede.
    Dann halfen die drei Taucher einander bei den Reißverschlüssen und bewegten sich ein wenig, um Luft in die Taucheranzüge zu bekommen. Sie begannen, ihre unterkühlten Hände zu massieren. Es war für ihre Motorik und Selbstkontrolle wichtig, daß die Hände vor jedem Ziel voll funktionsfähig

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