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Im Kinderzimmer

Im Kinderzimmer

Titel: Im Kinderzimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances Fyfield
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zugehörig erkannte, die ihr Katherine vor ein paar Wochen gekauft hatte. Und dann – wie eigenartig! – glaubte ich, im selben Haufen ein dezenteres Rosa, ein Sommerkostüm, ausmachen zu können, das, wenn ich mich recht erinnerte, die Mutter vor nicht allzu langer Zeit getragen hatte, als wir uns getroffen hatten. Das Kostüm war noch gut erhalten, auch der gestreifte Schlafanzug, entweder eine Kopie oder einer von Marks. Ich hatte nie nachgesehen, ob seine Sachen alle zurückgegeben worden waren.
    »Laß das jetzt«, sagte ich zu Sammy. »Nicht, tu das zurück. Sie könnten uns sehen.«
    »Wer sieht uns?«
    »Sie.«
    Sie war aufgeregt wie ein witternder Hund; mir fuhr dagegen ein äußerst merkwürdiges Unbehagen in die Knochen, eigenartig, eine Beklommenheit schlimmer fast als die Angst um Mark, ein Frösteln, das mich lähmte, unfähig, Samanthas Wühlen ein Ende zu setzen, während ich Gänsehaut im Nacken spürte und krampfhaft die Fas-314
    sung wiederzuerlangen suchte. Ich zitterte, die Arme steif vor schie-rem Grauen. Dann war der Spuk vorbei: ich hörte wieder das Rauschen der Blätter und Samanthas helles, aufgeregtes Kreischen bei jeder neuen Entdeckung. Und gleich darauf das beinahe geräuschlose Schnurren von Sebastians Mercedes, als er an den Bordstein heran-fuhr und am Rückfenster ein kleines, käsiges Gesicht auftauchte.
    Blaß, stolz wie Oskar, um feierlichen Ernst ringend, dann aber doch in strahlendes Siegerlächeln ausbrechend – mein heimgekehrter Sohn, quicklebendig.
    Seitdem ertappe ich mich gelegentlich bei der Frage, eine Frage ohne jede Wehmut, wie das wohl ist, Kind zu sein. Der Stammhalter war in der Tat verletzt: fünfzehn Stiche in der Wade und ein gebrochener Knöchel. Muß höllisch weh getan haben, doch kaum war die Wunde genäht worden, dachte er eigentlich nur noch an die vielen Vergünstigungen, die sein siebenjähriger Verstand durchaus zu er-fassen imstande war. Etwa: »Dann werde ich ja nicht gleich zu Beginn des Quartals wieder in die Schule gehen müssen, nicht wahr?«
    oder »Glaubst du, daß die Leute ihre Namen drauf schreiben wollen?« – mit dem Finger auf die paar Zentimeter Gips deutend, die sein spindeldürres Bein umschlossen. Der Gips, was für eine Auszeichnung! Er hatte ihn zum Wagenschlag hinausgeschoben wie ein Filmsternchen vielleicht eine hübsche Fessel mit hohem Absatz, in Zeitlupe und sehr stilvoll, in Erwartung solcher Huldigungen wie anerkennender Pfiffe und sogar des Beifalls. Und ich konnte mich nicht des Eindrucks erwehren, daß er Samanthas Stimmung, die rasch von freudigem Wiedersehen und munter geplapperten Neuigkeiten in rasende Eifersucht umschlug, regelrecht genoß.
    »Mama, darf ich dann auch Krücken haben?« Versonnene, schläfrige Fragen des Sohns im Bett, neben dem ich saß, versunken in seinen Anblick.
    »Was du willst.« So meine Antwort, und genau so meinte ich es auch: Was er wollte, was immer sie beide wollten und in meiner Macht lag, ihnen zu geben. Während ich Mark studierte, begriff ich, ohne groß nachzudenken, daß ich die Talsohle erreicht hatte und daß es jetzt langsam wieder bergauf ging. Nichts war so wichtig, nichts konnte auch nur annähernd mit der gleichen Elle gemessen werden 315
    wie dieser Junge, dieses kostbare Leben. Nein, ich vergoß keine Trä-
    nen, ich gab mich fast so geschäftsmäßig wie sonst auch, aber ich wußte: Ich liebe meine Kinder! Mein Gott, ich liebe sie alle!
    Ich wußte auch, wie rücksichtsvoll mein Mann sich verhalten hatte, indem er den Stammhalter ablieferte und dann mir überließ, in voller Kenntnis meiner Ungeschicktheit. Natürlich hätte er ihn ebenso gut betten können, ihn sogar gründlicher und schneller gewaschen, hätte alle diese Dinge rascher und besser bewältigt als ich, aber sie ließen mir den Vortritt, Sebastian und auch die Harrisons. Er besänftigte Sammy mit besonderer Zuwendung und überließ mir die Pflege des Patienten, die ich nach dessen Anweisungen in die Hand nahm.
    »Nein, Mama! Der Gips darf nicht naß werden! Krieg ich einen Keks? Nein, einen Schokoladenkeks, bitte. Und Apfelsaft? Darf Adam (ein Schulfreund, für mich ein weiterer Unbekannter) morgen vorbeikommen, um mein Bein zu sehen?«
    Ja, ja, ja. Ja zu allem, bis er schließlich müde wurde, erschöpft auch von anderen Drogen als nur dem Trauma. Er glitt in den Schlaf hin-
    über, obwohl er sich wehrte und noch bei geschlossenen Augen Fragen murmelte, um sich zu vergewissern, ob er auch ja kein großes

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