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Im Land der gefiederten Schlange

Im Land der gefiederten Schlange

Titel: Im Land der gefiederten Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: carmen lobato
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mit unserem Totentanz Angst gemacht?«
    Sie schob eine Hand unter sein Hemd, fuhr über das kalte Metall der Pistole hinweg und liebkoste seine Haut. »Überhaupt nicht, Liebster. Ich glaube, ich habe noch nie etwas so Schönes gesehen. Es hat mich gesund gemacht.«
    »Du«, sagte er und sah sie mit seinen dunklen, funkelnden Augen wieder an. »Du hast heute mich gesund gemacht.«
    Er war größer als sie und hatte prächtige Schultern. Ihr Wunsch, ihn zu beschützen, war töricht, aber dennoch schlang sie die Arme um ihn und wünschte, sie wüsste einen Ort, an den sie mit ihm gehen konnte, an dem sie und ihre Liebe sicher waren.
    »Du zitterst«, sagte er.
    »Das ist nichts. Nur Müdigkeit.« Ihre Zähne klapperten.
    »Arme Rosenkehlelfe. Du gehörst ins Bett.«
    »Nein, Benito, lass uns noch einen Augenblick bleiben.« Sie hielt ihn so fest, als würde jemand im Dunkeln lauern, um ihn aus ihren Armen zu reißen. »Ich muss über Jo mit dir sprechen und über Mexiko-Stadt. Benito, ich halte es nicht aus, wenn nur einer von uns geht und der andere nicht.«
    »Dann halte es nicht aus«, sagte er. »Dann müssen wir eben zusammen gehen und die gefiederte Schlange bitten, uns die Ohren dafür nicht allzu lang zu ziehen. Aber nach Mexiko-Stadt kann ich nicht, Ichtaca. Ich muss das, was von meiner Familie übrig ist, nach Querétaro bringen, ich muss dort ein Stück Land auftreiben, und was danach wird, weiß ich nicht.«
    »Das ist mir egal!«, rief sie und lehnte erleichtert den Kopf an seine Brust. »Ich weiß nicht mehr, was ich tue, wenn du nicht da bist, ich weiß nicht mehr, wer ich bin.«
    Er grub die Hände in ihr Haar. »Du bist Katharina Lutenburg, die alles bekommt, was sie will. Auch einen unmanierlichen Mexikaner mit leeren Händen und ohne einen einzigen guten Anzug, wenn dir nichts Besseres einfällt.«
    »Nein. Mir fällt im Leben nichts Besseres ein.«
    »Was ist jetzt mit Jo?«
    »Nicht heute«, sagte sie und küsste die bloße Haut dort, wo sein Hemd am Hals offen stand. »Heute brauche ich dich für mich allein.«
    Als sie sich wieder umarmten, dachte Katharina: Wir werden uns hier unter dem weiten Himmel auf die feuchte Erde legen und uns lieben, und dann wird das Zittern aufhören und die Angst, und wir können nach Hause gehen und morgen unser Leben beginnen. Querétaro ist ein schönes Wort. Seine Lippen schmeckten nach Schnaps aus dem Herzen der Agave, und die Erde war fest, nicht feucht. Und dann hörte sie Schritte und Rufe, und alles war vorbei.
    »Da vorn sind sie! Die verdammte Indio-Hure hatte recht!«
    »Katharina, der Kerl hat Katharina!«
    Sie sah sie im Dunkeln auf sie zueilen, erst nur das blendende Licht der Laterne, dann die Gestalten, Hermann vorneweg, dahinter Fiete, Torben, Friedrich, ihren Vater und ihre Mutter. Hermann trug eine Stange über der Schulter und Torben eine Heugabel. Wie auf ein Zeichen fiel ihr Vater in Laufschritt und drängte die Übrigen zurück. Katharina sah seine erhobene Hand und das Silber, das darin blitzte. Wenn noch einmal ein Nahua es wagt, dieser Familie zu nahe zu kommen, wirst nicht du es sein, der ihn kaltmachen muss.
    In der Erinnerung dauerte es nicht länger als einen Atemzug. Katharina sprang auf und stieß Benito, so fest sie konnte, auf den Boden zurück. »Nicht!«, brüllte sie aus Leibeskräften und rannte mit erhobenen Händen auf ihren Vater und die Mündung der Pistole zu. »Ich gehe, wohin ihr wollt, aber tut ihm nichts!«
    Im Laufen löste sie das Band des Sarapes und warf ihn zu Boden. Eine Taube schrie, dann hallte der Schuss durch die Stille der Nacht.

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    Dritter Teil
    Mexiko-Stadt
Oktober 1861
    »Wenn eine Taube an dein Fenster kommt,
    Behandle sie zärtlich, denn die Taube bin ich …«

28
    Eisacktal, Kronland Tirol
    E s gab Morgenstunden, da lag das gesamte Tal in einem Netz aus Nebeln und Sonnenlicht. Der Bach gurgelte stürmisch, das Gras richtete sich nach der Dürre des Sommers noch einmal auf, die Goldnesseln blühten am Gefälle; und am Sauerdorn glänzten wie Blutstropfen letzte Beeren. Wenn Valentin Gruber, Vizeleutnant des Tiroler Jägerregiments, den Blick hob, grüßten ihn vom Vorberg die Wälder, rotgolden im Laub und bald schwarz in den Tannenwipfeln, derweil die Gipfel ihn wie Wächter überragten.
    Valentin sog die nach Frische und Reife duftende Luft in seine Lungen und zügelte sein Pferd. »Kannst du mir sagen, Toni«, wandte er sich an den Gefährten, der neben ihm ritt, »warum mich dieses herrliche

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