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Im Land der gefiederten Schlange

Im Land der gefiederten Schlange

Titel: Im Land der gefiederten Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: carmen lobato
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wenn die Luft besonders feucht war und er über lange Strecken ging. Der Schmerz demütigte ihn, er schüttelte ihn ab.
    »Benito?«
    »Nein, ich habe mich noch nicht gemeldet, und ehe du weiterfragst, ich habe es auch nicht vor.«
    Die erwartete Schimpfkanonade blieb aus. Miguels Stimme wurde noch leiser. »Was tust du, wenn sie dich einziehen?«
    Benito blieb stehen. Natürlich hatte er davon reden hören, dass im Kriegsfall Männer zu den Waffen gezwungen würden, und natürlich würden als Erste die dran glauben müssen, die sich nicht loskaufen konnten und deren Leben ohnehin nichts wert war. Strafgefangene. Streuner. Und Indios.
    War diese Regierung von Wirrköpfen wahrhaftig imstande, sich auf solchen Wahnwitz einzulassen? Die Vereinigten Staaten mochten in der Unterzahl sein, aber sie verfügten über eine Armee, die gut ausgebildet und mit modernsten Waffen ausgerüstet war. Seit Jahren wollten sie Mexiko die Nordgebiete abkaufen, und warum um alles in der Welt ließ man sich nicht darauf ein? Mexiko war bis zum Hals verschuldet, es brauchte Geld, nicht weit entlegenes Land. Geld für Schulen und Universitäten, für die Versorgung von Kranken, für Transportwege und Postverkehr. Gallig lachte Benito auf. »Wenn dieser Staat in den Selbstmord rennt, tut er das ohne mich«, sagte er zu Miguel. »Ihnen zu entwischen dürfte nicht schwerfallen. Mexiko mag einen Krieg führen wollen, aber wie ich es kenne, ist es bereits mit der Erfassung seiner kriegstauglichen Männer überfordert.«
    Kein Fluch, nicht einmal eine Ohrfeige hätte Benito überrascht. Wohl aber das, was Miguel stattdessen tat. Er nickte. »Ich dachte mir, dass du so antworten würdest. Ich möchte dich um etwas bitten.«
    »Bitten?«, fragte Benito ungläubig. War das Miguels neue Taktik, weil er mit Beleidigungen Benitos Sturschädel nicht bewegt bekam?
    »Kümmere dich um Inez.« Miguel blickte auf. Als wüsste er nicht, wohin mit seinen Händen, begann er an seinem Schnurrbart zu rupfen. »Sie ist wie Carmen. Sie hat keine Eltern.«
    »Sag nur noch, sie stammt ebenfalls aus Querétaro?«
    Miguel nickte. »Ihr Vetter ist Carlos, der den Schuppen hinter dem von Juan hat. Er hat Inez nachgeholt, als ihre Mutter starb. Aber ohne ihn und mich ist sie ohne Versorgung, und er und ich sind ab morgen nicht mehr da.«
    »Ihr seid ab morgen nicht mehr da? Willst du mir erzählen, dieser Verrückte Paredes schickt euch ab morgen in den Krieg?«
    Der Bruder schüttelte den Kopf. »Sprich leiser. Paredes mag vielleicht nicht sein, was wir uns erhofft haben, aber er ist immerhin ein erfahrener Heerführer. Ihm ist klar, dass wir in einer offenen Schlacht unterlegen wären, schon weil es uns an Artillerie fehlt. Aber wir haben schließlich andere Vorzüge.« Etwas von der alten Begeisterung huschte über sein Gesicht. »Wir werden in kleinen Gruppen als Guerilleros ausgebildet. Und dann in den Bergen stationiert, an den Straßen. Wenn die Gringos es wagen, hier einzumarschieren, lehren wir sie das Fürchten, bis sie sich wünschen, sie hätten nie im Leben mexikanische Erde betreten.«
    Vor Benitos Augen tanzten Bilder – die fadenscheinigen Uniformen, die viel zu schweren Musketen, die Versorgungswagen, die in das schroffe Bergland nicht hinaufgelangen würden, und dann Miguels Hand, die sich ihm entgegenstreckte. Hola, kleiner Bruder. Ich warte doch auf dich. Ehe er sich besann, packte er den Älteren am Arm. Zu sagen wusste er nichts. Er wollte ihn nur festhalten, seine Kraft ausspielen und ihn nicht gehen lassen.
    Ihre Blicke trafen sich. »Nun, nun«, murmelte Miguel mit verwundertem Lächeln. »Dabei denke ich manchmal, ich bedeute dir gar nichts, so frostig, wie du dich benimmst.«
    Benito sagte nichts.
    »Wie alt bist du? Neunzehn? Das ist schwer zu glauben. Du solltest eigentlich noch ein Jungchen sein und braunen Zucker lutschen.«
    »Mein Leben hat in neunzehn Jahren keinen Platz«, versetzte Benito schroff, damit ihm die Stimme nicht zitterte. »Was ist, gehen wir, dein Gesöff trinken? Ich muss morgen früh aufstehen.« Und für dich gilt vermutlich das Gleiche, fügte er im Stillen hinzu, denn du wirst dich nicht abhalten lassen. Wann werden wir uns wiedersehen? Wird es dir in diesem haltlosen Durcheinander überhaupt gelingen, mir Nachricht zu senden?
    Sie gingen weiter. In drei Schritten Abstand folgten ihnen die Mädchen. »Kümmerst du dich um Inez?«, fragte Miguel.
    »Ich bin ein armer Schlucker«, erwiderte Benito. »Von meinen paar

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