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Im Land der Mond-Orchidee

Im Land der Mond-Orchidee

Titel: Im Land der Mond-Orchidee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Witt de
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nicht, ob die erfreut sein werden, ihn wiederzusehen. Richard
wahrscheinlich schon, aber die Eltern Hagedorn scheinen mir eher Leute zu sein,
die sich mit den Behörden gutstellen wollen. Sie wollen sicher keinen
mutmaßlichen Beamtenmörder in ihrem Haus haben, und Jürgen ist nicht
freigesprochen worden, sie haben nur keine Beweise gegen ihn.«

Fräulein Anderlies und das Glück
    1
    P aula Anderlies
    war überrascht, als ihr Bruder sie bat, ihn bei seinem nächsten Besuch in Dr. Bessemers Büro zu begleiten. Ihre Wangen wurden heiß bei dem Gedanken, was
diese offizielle Einladung des Amtmanns wohl zu bedeuten hatte. Sie wusste
längst, dass er sie liebte, und die Zeit, in der er ihr den Hof machte, hatte
lange genug gedauert, sodass er ihr jetzt einen ernsthaften Antrag machen
durfte. Würde er das in der Tat tun? Und wenn er es tat, würde sie Ja sagen?
Ihre Zuneigung zu ihm war mit der Zeit immer mehr gewachsen. Zwar liebte sie
ihn nicht im Sinne einer leidenschaftlichen jungen Liebe, aber sie empfand eine
beständige, tief begründete Sympathie für ihn. Für zwei Menschen, die über die
erste Blüte hinaus waren, musste das reichen. Besser eine zuverlässige
Freundschaft als das Strohfeuer einer glühenden Liebe, das im nächsten
Augenblick wieder erlosch!
    Dr. Bessemer empfing sie und Lennert freundlich wie immer. Er ließ
ihren Bruder bei Ameya im Büro zurück, dann schob er den Arm unter ihren und
lächelte sie an. »Kommen Sie, wir wollen uns ein paar Minuten in den inneren
Garten setzen, das ist genau der richtige Ort – man ist im Freien und doch nahe
genug an einer Tür, um beim ersten Wasserguss unter ein Dach zu flüchten.«
    Paula folgte ihm. Er hatte recht, was den Garten anging. In dem
weiten Innenhof des Regierungsgebäudes war ein Seerosenteich angelegt worden,
der aus drei Becken bestand, und rund um diesen Teich erhoben sich Palmen und
Tamarinden.
    Dr. Bessemer führte seine Begleiterin zu einer der Marmorbänke, die
an den Mauern aufgestellt waren, und setzte sich nieder. »Ich muss Sie etwas
fragen, Fräulein Anderlies«, sagte er, während er ihre Rechte in seine beiden
Hände nahm und sie inniglich drückte. »Sie sind mir sehr lieb geworden,
eigentlich schon, als wir uns an Bord der Meisje Mariaan kennengelernt haben, und seither habe ich lange über alles nachgedacht. Ich
kann nicht behaupten, dass ich jung und schön wäre, aber ich habe eine gute
Position und ein reichhaltiges Einkommen und bin vielleicht auch sonst nicht
abscheulich …«
    Sie lachte, dass die Finken auf den Wasserschalen zwitschernd
aufflogen. »Abscheulich! Was Sie für Ausdrücke gebrauchen, mein Lieber! Nein,
das sind Sie ganz gewiss nicht. Und nun, was wollten Sie mich fragen?«
    Â»Aber das wissen Sie doch schon, liebe Paula.«
Er führte ihre Hand an die Lippen und küsste sie. »Ich möchte Sie bitten, meine
Frau zu werden.« Als hätte ihn plötzlich der Mut
verlassen, fügte er hinzu: »Natürlich bin ich um einiges älter als Sie …«
    Â»Das macht nichts aus. Ich nehme Ihren Antrag an.«
    Er ließ sie los und entnahm seiner Jackentasche eine seidenbezogene
kleine Schachtel. Als er sie aufklappte, glitzerte ein Ring mit einem
rosafarbenen Stein darin. »Das ist der Verlobungsring meiner Großmutter«, sagte
er. »Es ist mir eine Freude, ihn an dich weitergeben zu dürfen.« Er nahm ihre Hand und steckte ihr den Ring an.
    Paula drehte die Hand hin und her und beobachtete das Aufblitzen des
Rhodolit in seiner goldenen Fassung. Ein plötzliches Gefühl des Triumphs
überkam sie, als sie an die vielen Mädchen dachte, die sie mit mehr oder minder
offener Herablassung betrachtet hatten – die arme Paula, die alte Jungfer
Paula, das späte Mädchen Paula, das keinen Kerl mehr abkriegen würde. Jetzt
hatte sie einen gefunden, und nicht irgendeinen, sondern einen Mann von Stand
und Bedeutung. Sie würde ihm zur Seite stehen, ihm zuhören, wenn er berufliche
Sorgen hatte, mit ihm zusammen Lösungen für die vielen Probleme finden, vor die
sein Amt ihn stellte. Aber sie würde natürlich auch in einer Kutsche durch
Batavia fahren, mit der Frau Konsulin Tee trinken und an den gesellschaftlichen
Ereignissen teilnehmen.
    Â»Ach, Phöbus«, sagte sie lächelnd. »Ich dachte nicht, dass ich noch
einmal so von Herzen

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