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Im Land der Orangenbluten

Im Land der Orangenbluten

Titel: Im Land der Orangenbluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: belago
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sondern an die der Sklavin, die das Geschehen mit offenem Mund beobachtet hatte. Die Sklavin hielt weiterhin mit einer Hand ihrer Herrin den Schirm, während sie mit dem anderen Arm tröstend den Jungen umschlang.
    Dann endlich fiel die Starre von der weißen Frau ab, und sie schritt auf Erika zu. Ungeachtet der Tatsache, dass ihr Sonnenschirm ihr nicht folgte, umfasste sie mit beiden Händen Erikas Arm und bedankte sich überschwänglich. »Danke! Danke! O Gott, er hätte ertrinken können!«
    Bevor Erika jedoch reagieren konnte, ließ die Frau ihre Hand unvermittelt los, packte sich den Buben, der geschubst hatte, und verpasste ihm eine schallende Ohrfeige. Auch dieses Kind hing sich sogleich der Sklavin an den Schoß, und nun heulten beide in den fadenscheinigen Rock der Schwarzen.
    »Verzeihen sie, diese Kinder machen mich ganz ... Jette, nun sorg schon dafür, dass sie Ruhe geben!«
    Jette, die Sklavin, schob die beiden Kinder hinter ihren Rücken und eilte sich, ihrer Herrin den Schirm wieder hinzuhalten. Vier weitere Kinder scharten sich inzwischen hinter ihr, gaben aber mit verängstigtem Blick auf die weiße Frau, vermutlich ihre Mutter, keinen Mucks von sich.
    »Mein Name ist Frieda van Drag«, wandte sich die Frau wieder an Erika. »Ich muss Ihnen nochmals danken. Darf ich Sie morgen Nachmittag einladen, auf einen Kaffee? Das ist wohl das Mindeste, was ich Ihnen schulde.«
    Erika wollte, mit einem Blick auf das Körbchen auf der Bank, wo der kleine Reiner unbeeindruckt des Spektakels schlief, schon abwinken, als auch Frau van Drags Blick auf das Baby fiel und ihr ein Laut des Entzückens entwich. »Oh, Sie haben ein Baby ... darf ich?« Sie beugte sich über den Korb und beäugte den Kleinen mit glänzenden Augen.
    Erika wog ab. Sie hatte bisher kaum Kontakt zu weißen Kolonisten gehabt. Vielleicht wäre es doch hilfreich, dort Verbindungen zu knüpfen. Frieda van Drag schien allerdings nicht bemerkt zu haben, dass Erika sich durch ihre schlichte Tracht als Missionsschwester auswies, vielleicht störte es sie aber auch einfach nicht. Viele Kolonisten waren den Missionaren nicht sonderlich zugetan. Aber ein Besuch bei einer Dame der Gesellschaft, mit einem kleinen Baby? Reiner war zwar pflegeleicht, aber was, wenn er sich gerade dann nicht brav verhielt?
    »Ach, ich bitte Sie.« Die Frau richtete sich wieder auf, nachdem sie Reiner ausgiebig begutachtet hatte, »ich würde mich schrecklich freuen, wenn Sie mich besuchen könnten. Ich bin nicht oft in der Stadt und freue mich immer über Gesellschaft. Ist Ihnen morgen gegen fünf Uhr recht, in der Forgreeten Straat 12?« Erika wagte allen Überlegungen zum Trotz nicht, die Freundlichkeit dieser Frau auszuschlagen. »Und bringen Sie den Kleinen ruhig mit, ich liebe Kinder!«, rief sie fröhlich, »wir sehen uns morgen, Mevrouw ...?«
    Erika wurde rot, wie unhöflich, sie hatte sich gar nicht vorgestellt! »Bergmann ... Erika Bergmann.«
    »Mevrouw Bergmann ... um fünf in der Forgreeten Straat 12, ich freue mich«, bevor sie sich an ihre Sklavin wandte: »Jette – Marsch, bring die Kinder in Gang – es ist so warm hier, die Kutsche wartet.« Und schon rauschte die Frau gefolgt von der Sklavin und der Kinderschar davon.
    Erika blieb eine Weile etwas überrumpelt stehen. Dann setzte sie sich neben ihren Sohn und streichelte sachte mit einem Finger über die zarte Babywange.
    Am nächsten Tag zögerte sie. Sollte sie dieser Einladung wirklich nachkommen? Wenn nicht, wäre das wirklich unhöflich. Also packte sie zeitig den kleinen Reiner in sein Körbchen, legte ihm noch die gute, gehäkelte Decke über, um die Spuckflecken auf der Alltagsdecke abzudecken, zog sich selbst eines ihrer besseren Kleider an und machte sich auf den Weg zum Hause von Frau van Drag.
    Erika staunte, als sie sich vor einem imposanten Stadthaus wiederfand. Die van Drags schienen wohlhabende Leute zu sein. Auf ihr Klopfen hin öffnete ein barfüßiges Sklavenmädchen mit gestärktem Schürzchen die Tür. Es knickste und führte Erika in einen schicken Salon, in dem Frieda van Drag bereits wartete. Als sie Erika erblickte, sprang sie auf und begrüßte sie überaus freundlich.
    »Schön, dass Sie es einrichten konnten, ich freue mich sehr. Setzen Sie sich doch bitte.« Sie schob Erika auf einen der feingepolsterten Stühle zu, die an einem kleinen Edelholztisch standen. »Da ist ja auch der Kleine.« Mit einem versonnenen Blick verharrte Frieda van Drag vor Reiners Korb, dann setzte sie

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