Im Land der tausend Sonnen
niedrigsten Lohn kommt doch mehr zusammen!«
»Aber die Goldgräberei läuft anders, meine Dame. Ganz anders. Kein Gold, kein Geld. Und Theo hat nur ein paar kleine Körnchen gefunden, bevor er nach Charters Towers aufgebrochen ist.«
»Das alles ist Ihre Schuld!«, schrie sie und weinte. »Sie haben ihm diese Flausen in den Kopf gesetzt. Sie haben ihn mitgenommen. Warum haben Sie ihn dann nicht auch zurückgebracht?«
Frauen eilten herbei, um sie zu beruhigen. Jakob nahm Mike beim Arm und führte ihn zur Seite.
»Beachte sie nicht. Es ist nur der Schock. Die ganze Zeit schon sagt sie, er würde wahrscheinlich heute kommen, als Überraschung für die Kinder. Schwer zu begreifen, dass er es nicht getan hat. Aber sag, Mike, wie geht es dir? Es ist schön, dich wiederzusehen. Hast du auf den Goldfeldern dein Glück gemacht?«
»Ich habe nicht schlecht abgeschnitten, und deshalb wollte ich auch heute mit dir reden. Ich möchte dir einen Vorschlag machen. Wir könnten unser Geld zusammenlegen. Schließlich sind wir ja Nachbarn.«
Er erkannte sofort, dass Jakob nicht eben begeistert von seiner Idee war.
»Schlag jetzt nicht die Tür zu, bevor ich ausgeredet habe. Heute können wir nichts Geschäftliches besprechen, aber ich bin noch eine Weile hier.«
Am selben Abend fuhr er mit den Meissners in einem Buggy hinaus auf sein Land. Karl ritt sein Pferd, während Mike Jakob seinen Vorschlag unterbreitete.
Der Farmer war milde interessiert, doch Frieda, seine Frau, tat ihre Meinung kund, noch bevor Mike richtig begonnen hatte.
»Eine Rumbrennerei, Mr Quinlan? Nein, ganz sicher nicht. Wofür würde man uns Deutsche dann hier halten? Was würde der Vikar sagen, wenn er hier ankommt und erfährt, dass seine Pfarrkinder nicht nur eine Brauerei, sondern auch noch eine Rumdestille bauen? Gott steh uns bei, wir werden nicht einmal einen Gedanken daran verschwenden. Wir sind ehrbare Leute.«
Während das Pferd im Dunkeln dahinstampfte, hatte Mike das Gefühl, Friedas Mann mache sich über ihre Reaktion lustig. Er glaubte, ein leises Lachen zu hören, aber vielleicht war es auch nur ein Schnalzen, das das müde Pferd auf Trab bringen sollte. Es war spät. Fast Mitternacht.
Nach dem Festmahl hatten sie noch stundenlang gefeiert und gesungen. Walther hatte auf seiner Flöte gespielt, Bier und Wein waren in Strömen geflossen, und seine deutschen Freunde hatten eifrig das Tanzbein geschwungen. Mike hatte ihnen zum Takt von Walthers fliegenden Fingern sogar einen Jig vorgeführt, wild und rasant, und natürlich war Walther der Held des Tages gewesen. Er war ein begnadeter Flötenspieler. Der Pastor allerdings war nicht begeistert. Offenbar war der sanftmütige Riese aus irgendeinem Grunde bei Pastor Beitz in Ungnade gefallen.
»Rede weiter, sonst schlafe ich ein«, sagte Jakob. »Erzähl mir mehr über den Zuckerrohr-Anbau.«
Doch Mike war vorsichtig geworden. Der Alkohol konnte gefährlich die Zunge lockern. Mann und Frau könnten sich entzweien. Er musste die Frau auf seine Seite ziehen, sonst würde sie seinen großartigen Plan zerstören.
»Sitzen Sie bequem?«, fragte er die Frau, die vor ihm auf der harten Holzbank saß. Seit über einer Stunde wurde sie dort ordentlich durchgerüttelt.
»Soweit es möglich ist«, erwiderte sie steif und hielt sich am Geländer fest.
»Ach ja, für Damen taugen sie nichts, die groben alten Wagen. In eurer Heimat fahren die Leute bestimmt nicht auf solchen Bauernwagen.«
»Die Straßen sind besser«, erklärte sie.
»Aber natürlich! Also, das ist mir noch gar nicht in den Sinn gekommen. Alle Straßen hier sind ja kaum besser als Trampelpfade. Aber in den Städten habe ich erstaunliche Fahrzeuge gesehen, so gut gefedert, dass sie auch die schlechtesten Wege bewältigen, von innen gepolstert und mit einem wasserfesten Dach, das vor schlechtem Wetter schützt. Kannst du dir das vorstellen?«
»Solche haben wir zu Hause auch«, berichtete sie. »Aber hier habe ich noch keinen gesehen.«
»Wahrscheinlich nicht. Wir sollten einen Pakt schließen, Jakob. Wenn deine Frau schon hier draußen leben muss, soll sie die Erste sein, die …«
Frieda
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