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Im Land des Falkengottes. Amenophis

Im Land des Falkengottes. Amenophis

Titel: Im Land des Falkengottes. Amenophis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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mit den Pferden des Prinzen betraten, stellten die fünf Stallburschen sofort ihre Unterhaltung ein und verneigten sich tief, ein jeder, wo er gerade stand.
    Amenophis würdigte sie nicht eines Blickes und gab ihnen durch einen knappen Wink mit der rechten Hand zu verstehen, dass sie sich zu entfernen hatten. Sofort huschten sie lautlos aus dem Stall.
    Der Prinz ging zu einem tiefschwarzen Hengst. Es war ein herrliches, wildes Tier, das nicht einen Wimpernschlag lang ruhig stehen konnte. Es war das Lieblingspferd des Prinzen, wie mir ein Stallbursche schon bei meinem ersten Besuch berichtet hatte, und ein Geschenk von Pharao Thutmosis Men-chepru-Re.
    «Wer von euch hat heute ‹Chons ist groß› geritten?», rief Prinz Amenophis nach draußen.
    «Noch niemand, mein Prinz», gab einer der Stallburschen zur Antwort.
    «Gibt es noch Schwierigkeiten mit der rechten Hinterhand?» Zu mir gewandt, fuhr der Prinz fort, ohne die Antwort des Befragten abzuwarten: «Letzte Woche brach er in ein Loch ein und hat sie sich gestaucht.»
    «Vielleicht sollte er noch ein oder zwei Tage Ruhe haben, mein Prinz. Aber viel länger können wir ihn ohnehin nicht still halten. Der erste Ausritt wird dann nicht einfach sein. Vielleicht ist es besser, ihn erst zwei Tage alleine auf die Koppel zu lassen, wenn ihr mich versteht.»
    Der Stallbursche lächelte sehr verlegen, denn er wusste, dass dieser Rat nicht unproblematisch war, unterstellte er doch dem Prinzen, dass er mit ‹Chons ist groß› nicht zurechtkommen würde. Prinz Amenophis nickte zustimmend, und im Hinausgehen flüsterte er mir zu:
    «Er hat Recht, es käme einem Selbstmord gleich, wenn ich mich morgen auf das Pferd setzen würde. Das Temperament dieses Tieres ist kaum zu bändigen! Komm Eje, wir gehen essen, ich habe schrecklichen Hunger», rief er mir wieder mit lauter Stimme zu, und rannte los.
     
    Im Laufschritt ging es wieder durch Höfe, Gänge und Gärten, alles flog an uns nur so vorbei, und schließlich erreichten wir die Gemächer des Prinzen.
    Wir gelangten in einen Vorraum, an dessen Eingang zwei Soldaten der Leibgarde Wache hielten. Sie begrüßten uns auf militärische Weise, indem sie den rechten Arm, mit dem sie einen Speer hielten, kurz ausstreckten und sogleich wieder anwinkelten. In diesem Zimmer befand sich rechts neben dem Eingang in einer Nische eine dunkelgrüne Steinfigur des Guten Gottes und der Großen königlichen Gemahlin. Die Figur des Pharao war etwa zwei Ellen hoch und zeigte ihn mit Nemes-Kopftuch, Zeremonialbart und in der für diese Art von Figuren typischen Schrittstellung. Die Große königliche Gemahlin stand in halber Größe neben dem rechten Knie des Guten Gottes. Im Übrigen befanden sich in dem Raum nur einige Holztruhen. Die Wände waren von unten bis oben mit Bildern von Schilfdickicht bedeckt. Darin sah man Unmengen von wilden Gänsen und Enten, teils am Boden in Nestern brütend, teilweise, aufgeschreckt durch Jäger, aus dem schützenden Dickicht hinausfliegend. Vereinzelt machten sich die Maler der Bilder einen Spaß und versteckten zwischen Schilf und Gestrüpp kleine Mäuse und Frösche.
    «Das ist für mich immer eine Erinnerung an unsere Aufenthalte im Fajum», bemerkte der Prinz, während er mich am linken Arm griff, um mich sachte durch eine weit geöffnete Doppelflügeltür in den nächsten Raum zu ziehen. Es war eine Mischung aus Aufenthalts- und Speisezimmer, unterteilt durch vier Säulen, mit einer quadratischen, vier mal vier Ellen großen Öffnung in der Mitte der Decke. Genau darunter war in gleicher Größe ein Teich angelegt, in dem sich zwischen Schilf und Felsbrocken einige Goldfische tummelten. Auf der erhöhten Einfassung des Beckens lagen kostbar bestickte Kissen. Dort nahmen wir Platz.
    Sogleich erschienen unaufgefordert vier junge Nubierinnen mit zwei Wasserschalen und Tüchern. Zwei von ihnen warfen sich vor Prinz Amenophis nieder, wuschen ihm Hände undFüße und rieben sie mit Öl ein. Die mir zugewandten Dienerinnen verneigten sich vor mir, wuschen mich ebenfalls, ließen allerdings das Öl weg. Prinz Amenophis bemerkte offenbar, wie verduzt ich dreinblickte und befahl mit strahlendem Gesicht: «Ausnahmsweise reibt ihr ihn heute auch mit Öl ein, damit er sich einmal wie ein Prinz fühlt!»
    Ich ließ es mir gefallen und dachte nur kurz daran, wie man bei mir zu Hause auf den ungewohnten Duft reagieren würde.
    Wenige Schritte neben dem Becken standen drei Tische aus kostbarem Holz, und an jedem ein

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