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Im Licht der roten Erde

Im Licht der roten Erde

Titel: Im Licht der roten Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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Susan Beth, die die anderen lächelnd um Ruhe bat. »Darf ich vorstellen? Unsere verschollene Rechtsanwältin Susan Massey. Wo ist Alan? Was haben Sie mit ihm angestellt?«
    »Keine Ahnung. Wir sind rechtzeitig vor Einbruch der Dunkelheit aus Bungarra zurückgekehrt.« Sie blickte in die Runde, aber die Gesichter verschwammen vor ihren Augen. Es kam ihr vor wie an ihrem ersten Schultag, doch Alistair MacKenzie und Richter Mick Duffy begrüßten sie überschwenglich.
    Billy, der ihr als Fahrer der Gruppe vorgestellt wurde, war ein stämmiger, rotgesichtiger Farmer. Und dann waren da noch zwei ihr unbekannte Frauen; die eine zierlich und damenhaft und um die achtzig, die andere etwa fünfzig, elegant mit höflichem, aber förmlichem Auftreten. Sie trug eine sorgfältig gebügelte weiße Leinenhose und eine weiße Bluse aus dem gleichen Material. Susan musste an den verheerenden roten Staub denken, den sie am Vortag gesehen hatte, und fragte sich, was Rosalie Wards Kimberley-Garderobe wohl noch enthielt.
    »Rosalie wird uns beim Abendessen Gesellschaft leisten, bevor sie zurück auf die Station fliegt, die ihr Mann und sie ein Stück nördlich von hier besitzen. Sie hat aus ihrem Anwesen eine Attraktion gemacht.«
    »Hier, am Ende der Welt?«, fragte Alistair.
    »Wir waren schon in verschiedenen Hochglanz-Magazinen«, erklärte Rosalie ruhig.
    »Eine Doppelseite in
Country Life
rechtfertigt offenbar den Aufwand«, bemerkte der Richter trocken.
    »Und das ist meine Freundin Esme Jordan«, unterbrach ihn Beth. Die alte Dame gab Susan einen festen Händedruck. Susan erwärmte sich sofort für sie, als sie das Funkeln in ihren Augen entdeckte.
    »Begleiten Sie uns, Esme?«
    »Diesmal nicht. Ich bin schon eine ganze Zeit nicht mehr auf dem Land der Barradja gewesen. Meine Arbeit hält mich in meinem Häuschen hier in Kununurra fest. Den Großteil meiner Tage verbringe ich momentan am Schreibtisch, aber ich komme schon bald genug wieder raus.«
    »Esme ist Anthropologin, Philosophin, Dozentin und eine ungemein weise Frau. Sie hat mir eine Menge beigebracht.« Beth drückte der alten Dame die Hand. Sogleich wollte Susan mehr wissen. Mit ihrem langen Rock, der bestickten Bluse und einer Lorgnette, die an einer zierlichen Goldkette hing, sah Esme aus wie eine Abenteurerin an der Wende vom neunzehnten zum zwanzigsten Jahrhundert. Ihr Haar war zu einem hohen Knoten aufgesteckt, durch den eine Haarnadel geschoben war.
    »Möchten Sie noch so einen Dreifachorgasmus wie den, den Sie gerade trinken?«, fragte der Richter mit einem Augenzwinkern.
    Esme reichte ihm ihr Glas. »Ein Gin Tonic würde es auch tun, danke, junger Mann.«
    Die Gruppe lachte, als der Richter im Ruhestand, mittlerweile in seinen Siebzigern, folgsam zur Bar eilte.
    »Also, was haben Sie gemacht, Susan? Haben Sie die Gegend erkundet?« Alistair MacKenzie trug Jeans und ein Designer-T-Shirt und sah aus wie ein Pfadfinder an seinem ersten Tag im Lager.
    »Ich habe Faszinierendes erlebt. Am Flughafen habe ich Alan Carmichael, den Kunsthändler, kennengelernt, und er hat mich nach Bungarra mitgenommen, in die Künstlerkolonie der Barradja. Das ist eine unglaubliche Sache. Ich hoffe, wir werden mehr von dieser Kunst zu sehen bekommen, vor allem Felsmalereien.« Susan wandte sich Veronica zu. »Das hätte dir gefallen!«
    Wie aufs Stichwort erschien Alan. Sein dichtes, langsam ergrauendes Haar war ordentlich geglättet. Er war frisch geduscht und trug ein sauberes weißes Hemd mit hochgekrempelten Ärmeln, dazu eine schwarze Jeans und italienische Lederstiefel. Veronica warf Susan über den Tisch hinweg einen Blick zu. Der Kronanwalt war beeindruckt, dass Susan Lucky Dodds getroffen hatte. »Er ist ein Nationalheiligtum. Ich besitze eines seiner Bilder. Hab ich schon vor Jahren gekauft – heutzutage könnte ich mir ihn nicht mehr leisten.«
    »Sie sammeln ein wenig, nicht wahr, Alistair?«, erkundigte sich der Richter.
    »Hier und da. Was ist mit Ihnen?«
    »Nein. Ich hatte mal für eine kurze Zeit eine Stacheldrahtsammlung. Und Knoten. Ich kann hervorragend Knoten machen.«
    »Stacheldraht?«, fragte Veronica mit hochgezogenen Augenbrauen. »Knoten?«
    »Aber gewiss. Sie wären verblüfft, wenn sie wüssten, wie viele verschiedene Sorten Stacheldraht es gibt. Wie viele unterschiedliche Arten und Muster. Meine letzte Frau hat irgendwann alles weggeschmissen – das war das Ende meiner Sammlung.«
    »Ich habe gehört, Sie schreiben Ihre Memoiren, Mick«, sagte

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