Im Licht des Vergessens: Roman (German Edition)
regeln.«
»Einverstanden. Wenn Sie mir rechtzeitig Bescheid geben, habe ich nichts dagegen. Dann organisieren wir eine Vertretung.«
»Ähm, Lieutenant?« Das Lächeln wurde breiter. »Ich bin ja noch nicht sehr lange hier, aber die Arbeit gefällt mir. Ich hoffe, Sie sind mit mir zufrieden.«
»Sie machen Ihre Arbeit gut.« Es könnte zwar nicht schaden, ein bisschen weniger Make-up aufzutragen und die nächste Bluse eine Nummer größer zu kaufen, dachte Phoebe, aber an ihrer Arbeit hatte sie nichts auszusetzen.
Phoebe beeilte sich wegzukommen, bevor Annie sie noch weiter aufhalten konnte. Während sie in Gedanken noch mal die Einleitung durchging, drückte sie die Tür zum Treppenhaus auf und eilte die Stufen hinunter.
Ihr Auto musste heute einfach fertig werden, dachte sie. Unbedingt. Sie würde in der Mittagspause die Werkstatt anrufen und …
Sie hatte keine Zeit mehr, zu reagieren, geschweige denn, nach ihrer Waffe zu greifen, als sie gegen die Treppenhauswand gedrückt wurde. Schmerz und eine überwältigende Angst erfüllten sie, als ihr Kopf mit voller Wucht gegen den Beton knallte. Plötzlich wurde ihr schwarz vor Augen.
Doch es dauerte nur wenige Sekunden, bis alles in ihr schrie: Wehr dich ! Die Wucht des Schlags ließ sie in die Knie gehen, jemand verschloss ihr mit Isolierband den Mund und drehte ihr die Arme auf den Rücken.
Sie versuchte sich loszureißen. Der Schlag hatte sie schwindelig gemacht, und als sie zutrat, verfehlte sie ihr Ziel. Dann sah sie nichts mehr, weil ihr eine Kapuze übergestreift wurde. Ihr Schrei wurde von dem Isolierband erstickt, und sie wurde brutal vorwärtsgestoßen. Als sie die Treppe hinabstürzte, machten die Angst und der Schmerz sie beinahe wahnsinnig. Sie schmeckte Blut, und über ihren laut keuchenden Atem hinweg konnte sie ihren Angreifer lachen hören. Sie betete um ein Wunder, trat um sich, schlug wild um sich, als seine Hände sich um ihre Kehle schlossen.
So nicht, sie konnte unmöglich so sterben. Ohne ihrem Mörder ins Gesicht zu sehen. Ohne zu wissen, wer sie ihrem Kind entriss.
Sie bäumte sich auf, ihre Beine traten um sich, während sie wild nach Luft schnappte. Sie spürte die Spitze eines Messers, das ihre Kleider zerschnitt. Sie spürte den kurzen, heftigen Schmerz, als sich die Messerspitze achtlos in ihr Fleisch bohrte. Hände – behandschuhte Hände – registrierte ihr Gehirn irgendwie – drückten ihre Brüste schmerzhaft zusammen.
Das konnte doch nicht wahr sein. Wer überfällt und vergewaltigt eine Polizistin auf ihrem eigenen Revier? Das war doch Wahnsinn. Aber sosehr sie sich auch wehrte und um sich trat – sie konnte nicht verhindern, dass seine Hände den Stoff zerrissen, sie berührten, ihr grob zwischen die Beine fassten.
Sie hasste sich für das Schluchzen und Flehen, das hinter dem Isolierband laut wurde. Sie hasste es, dass er sie deswegen auslachte, dass sie ihm damit noch mehr Macht über sich verlieh.
»Keine Sorge«, flüsterte er. Das waren seine ersten Worte. »Ich vögel keine Frauen wie dich.«
Ein neuer Schmerz explodierte in ihrem Gesicht. Sie stand kurz davor, bewusstlos zu werden, ja sehnte sich geradezu danach. Benommen hörte sie Schritte oder glaubte zumindest, welche zu hören.
Irgendjemand näherte sich. Bitte, lieber Gott … Aber nein, nein, die Schritte entfernten sich wieder. Er entfernte sich. Er ließ sie am Leben. Sie stöhnte. Alles in ihr schrie, schrie auf vor Schmerz. Aber ihr Überlebenstrieb war stärker. Sie hatte Angst, sich umzudrehen, auf alle viere zu gehen und sich wieder aufzurappeln. Wie nahe waren die Treppenstufen, wie wahrscheinlich war ein böser, ja vielleicht sogar ein tödlicher Sturz?
Die Handschellen, die er ihr umgelegt hatte, schnitten ihr brutal ins Fleisch, weil ihr ganzes Körpergewicht darauf lastete. Das Bedürfnis, wieder etwas sehen zu können – zu fliehen, zu überleben -, war größer als der Wunsch, erlöst zu werden. Sie zog die Schultern hoch, drehte den Kopf nach rechts und links und schob sich unter größten Qualen vorwärts, während sie mit ihren Füßen den Boden ertastete. Die Panik nur mühsam unterdrückend, gelang es ihr langsam, die Kapuze ein Stück hochzuschieben, bis Kinn, Mund und Nase davon befreit waren. Dann zum Glück auch die Augen.
Und diese Augen rotierten. Dort, wo ihr Kopf gegen die Wand des Treppenhauses geprallt war, konnte sie ihr eigenes Blut sehen und die Tür zum unteren Stockwerk. Sie musste es bis zu dieser Tür schaffen,
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