Im Namen Caesars
»Und um die Verwaltung der neuen Gebiete kümmert sich bekanntlich der Senat.«
»Der Senat?«, entgegnete er aufgebracht. »Der Senat benennt lediglich die Statthalter, und die kümmern sich einen Dreck um die eigentliche Arbeit! Du bist doch selber Senator, also solltest du wissen, dass ich Recht habe. Die Arbeit bleibt an uns hängen!
Schließlich müssen wir uns um die Aufbewahrung der Akten kümmern, und das Gleiche gilt für sämtliche zwischen den Provinzen und Rom anfallende Korrespondenz. Uns obliegt es, für die Verwahrung der vielen zusätzlichen Dokumente ständig neuen Raum zu schaffen, und glaub bloß nicht, dass der Senat uns dafür die notwendigen Mittel bereitstellt. Schön war's!«
Hermes trat einen Schritt vor und zog einen Beutel aus seiner Tunika. Als er ihn schüttelte, klimperte es - ein Geräusch, das meistens Wunder bewirkte.
»Was willst du?«, fragte Androcles, durch das Klimpern ein wenig milder gestimmt.
»Ich brauche Dokumente, die Auskunft über den zivilen Status des bald aus dem Amt scheidenden Volkstribuns Manilius geben.«
»Aus dieser immensen Menge an Schriftstücken soll ich Dokumente über einen einzigen Bürger herausfischen?«, fragte er mit vor Entsetzen aufgerissenen Augen.
»Jetzt mach mal halblang!«, wies Hermes ihn zurecht. Da er selbst ein Freigelassener war, kannte er sämtliche unter seinesgleichen üblichen Tricks und Kniffe. »Du weißt genau, dass du alle diesen Mann betreffenden Unterlagen zusammen gestellt hast, als er seine Kandidatur angekündigt hat. Und ich weiß zufällig, dass du alle Unterlagen über die amtierenden Magistrate jederzeit griffbereit aufbewahrst, weil jeder aufstrebende Politiker, der einen von ihnen wegen irgend etwas belangen will, hierher kommt und dich besticht, um genau wie wir - die Papiere einzusehen. Also rück sie raus, und mach kein Theater!«
Androcles starrte ihn finster an. »Ich glaube nicht, dass ich mir von einem aufgeblasenen Laufburschen wie dir eine solche Unverschämtheit gefallen lassen muss! Ich kann mich noch gut an die Zeit erinnern, als du dem Senator die Scheuerbürste und das Badeöl hinterher getragen hast, wobei er meiner Meinung nach schon schlecht beraten war, dich auch nur damit zu betrauen.«
»Androcles, mein Freund«, versuchte ich den Mann gnädig zu stimmen, »ich weiß ja, wie überarbeitet du bist, und ich für meinen Teil weiß die Mühe und Plackerei, die deine Arbeit mit sich bringt, sehr wohl zu schätzen. Deshalb bitte ich dich von einem Diener des Senats und des römischen Volkes zum anderen: Könntest du vielleicht nachsehen, ob du die Unterlagen über Manilius findest?«
»Nun gut«, entgegnete er halbwegs besänftigt. »Ich schaue mal, ob ich etwas habe.« Er verschwand zwischen zwei Regalen und rief nach seinen Gehilfen.
»Immer ganz der Diplomat, nicht wahr?«, stichelte Hermes.
»Er ist schließlich auch ein Wähler«, entgegnete ich. »Das darfst du nie vergessen.«
Ein paar Minuten später erschien ein schwer mit Schriftrollen und Tafeln beladener Sklave. »Wo wollt ihr die Sachen lesen?«
Ich zeigte auf einen der unter den vergitterten Fenstern stehenden Tische. Er legte die Schriftstücke sorgfältig dort ab und trat ein paar Schritte zurück, wobei er die Dokumente nicht aus den Augen ließ. Wir machten uns daran, sie durchzusehen.
»Publius Manilius Scrofa«, las Hermes vor, »im Via-Sacra-Distrikt geborener Römer. Er ist Plebejer und dem ländlichen Pinarier-Tribus zugeteilt. Außerdem gehört er einer Equites-Centurie an, ist achtundzwanzig Jahre alt, ledig und hat keine Kinder.«
Das Dokument, von dem Hermes ablas, hatte Manilius anlässlich seiner Kandidatur eingereicht, aber es barg keinerlei Überraschungen. Dass er Plebejer war, war sowieso klar, da er sich sonst gar nicht hätte zum Volkstribun wählen lassen können, und wer nicht dem Stand der Equites angehörte, konnte sich ein öffentliches Amt kaum leisten. Alle römischen Bürger waren Tribus zugeteilt, wobei die alten, angesehenen Familien seit jeher die ländlichen Tribus bevorzugten, da sie die städtischen als eine Art Abschaum betrachteten. Dass Manilius aus dem Via-Sacra-Distrikt stammte, konnte - aber musste nicht - heißen, dass er Clodius' Lager angehörte, der dort ein großer Held gewesen war.
Ich zog die Bescheinigung des letzten vor fünf Jahren durchgeführten Bürger-Census hervor, in der Manilius bestätigt wurde, dass er aufgrund seines Vermögens von 415.000 Sesterzen berechtigt war,
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