Im Namen des Todes: Roman (German Edition)
jemand mitbekommt. Ich weiß, dass ich nicht so wie Penny bin. Das ist mir klar. Wobei es durchaus eine Parallele gibt…«
» Die gibt es zwischen mir und deinem Opfer auch.« Er legte ihr die Hände auf die Schultern und zwang sie sanft, ihm ins Gesicht zu sehen. » Aber trotzdem haben wir’s geschafft. Trotzdem haben wir’s geschafft, weil diese Parallelen an irgendeinem Punkt auseinandergedriftet und unsere Wege in verschiedene Richtungen weitergegangen sind.«
Sie drehte sich noch einmal um, griff nach dem Foto, um es wieder einzustecken, und zwang sich, es noch einmal anzusehen. » Noch vor gerade mal zwei Jahren hätte ich niemanden gehabt, dem ich diese Dinge hätte sagen können. Selbst wenn mir damals eingefallen wäre, was geschehen war, als ich ein kleines Mädchen war. Ich hätte es niemandem erzählen können, nicht mal Mavis, der ich alles anvertrauen kann. Aber ich hätte ihr niemals ein solches Foto zeigen und ihr sagen können, was ich darauf sehe. Ich weiß nicht, wie lange ich es ausgehalten hätte, weiter solche Aufnahmen zu sehen und Mitgefühl zu haben, wenn ich nicht jemanden gefunden hätte, zu dem ich nach Hause kommen kann und der, wenn ich es brauche, mit mir zusammen diese Dinge ansieht.«
Sie setzte sich wieder auf das Bett und stieß einen Seufzer aus. » Mein Gott, was war das für ein Tag. Penny weiß eindeutig mehr, als sie bisher zugegeben hat, und sie ist ein wirklich harter Knochen. Sie hat eine meterdicke, harte Mauer aufgebaut, hinter der sich ein bösartiger und vielleicht sogar psychotischer Kern versteckt. Ich muss einen Weg finden, um diese Mauer zu durchbrechen.«
» Glaubst du, sie hat Martinez umgebracht?«
» Nein, aber ich glaube, sie hat sich ein wasserdichtes Alibi besorgt, weil sie wusste, was passieren wird. Ich glaube, dieses Arschloch hat sie tatsächlich geliebt, wohingegen sie wahrscheinlich gar nicht weiß, was Liebe ist. Vielleicht hat sie seine Gefühle ausgenutzt. Zuzutrauen wäre ihr das auf jeden Fall. Außerdem habe ich López noch einmal getroffen. Mira hat mit ihrer Prophezeiung mitten ins Schwarze getroffen. Linos Mörder hat bei ihm gebeichtet, aber ich kriege den Namen nicht aus ihm heraus. Ich sehe diesen Mann, ich sehe López, Roarke, und auch er kommt mir wie ein Opfer vor.«
» Glaubst du, dass der Killer versuchen wird, auch ihn aus dem Verkehr zu ziehen?«
» Keine Ahnung. Aber für den Fall der Fälle lasse ich ihn überwachen. Statt ihn einfach festzunehmen, weil er hinter Gittern sicher wäre, bis die Anwälte der Kirche ihn nach ein paar Tagen wieder freibekämen, muss ich diesen Menschen weiter durch die Gegend laufen lassen, weil vielleicht die Chance besteht, dass der Killer sich an ihn heranmacht und ich ihm in dem Moment das Handwerk legen kann. Aber ich brauche ihn nur anzusehen, um zu wissen, dass er leidet wie ein Hund. Ich weiß, dass er in einem fürchterlichen Zwiespalt ist und dass ihn sein Gewissen plagt. Aber ich kann einfach nichts tun«, wiederholte sie. » Und auch López kann nichts tun. Weil jeder von uns beiden an einen Eid gebunden ist.«
Sie warf sich rücklings auf das Bett. » Ich brauche wieder einen klaren Kopf und muss mir alles noch einmal aus einer anderen Perspektive ansehen. Das Ganze ist entsetzlich kompliziert. Flores– warum hat Lino ausgerechnet ihn ausgewählt, und wo haben sich ihre Wege gekreuzt? Wo in aller Welt steckt Chávez? Ist er tot oder hat er sich irgendwo versteckt? Worauf hat Lino gewartet? Wurde er wegen der Sache umgebracht, auf die er die ganze Zeit gewartet hat, oder hat seine Ermordung etwas mit der Vergangenheit, mit den Bombenanschlägen zu tun? Er hat hinter beiden Attentaten gesteckt, deshalb…«
» Jetzt komme ich nicht mehr mit.«
Sie richtete sich wieder auf. » Tut mir leid. Ich muss das alles noch einmal durchgehen, neu organisieren, mir die zeitlichen Abläufe noch einmal ansehen, ein paar Sachen an der Tafel verändern, jede Menge Leute überprüfen und alles aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten.«
» Dann fangen wir am besten sofort mit der Arbeit an.« Er reichte ihr die Hand und zog sie auf die Füße.
» Danke.«
» Nun, ich bin dir noch was schuldig, weil Sinead mich angerufen hat.«
» Huh?«
» Hältst du mich für blöd?«, wollte er von ihr wissen, während er ihr einen seiner Arme um die Taille schlang. » Schließlich kann es unmöglich ein Zufall sein, dass mich ausgerechnet an dem Morgen, als ich wegen meiner Beziehungen nach Irland etwas
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