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Im Nebel eines neuen Morgens - Kriminalroman

Titel: Im Nebel eines neuen Morgens - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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sich darüber im Klaren, wie überstürzt er handelte. Er konnte nichts beweisen – er folgte lediglich seiner Intuition.
    Er nahm zwei Stufen auf einmal. John folgte dichtauf. Raymond pochte an die Tür.
    »Hier ist Deputy Thibodeaux. Öffnen Sie die Tür, oder ich trete sie ein!« Als er nichts hörte, trat er so fest wie möglich gegen die Tür. Die Sumpfzypresse, ein Holz, so hart und zäh wie der Sumpf selbst, gab keinen Deut nach. Erneut trat Raymond zu, Schmerzen, scharf wie eine Messerspitze, fuhren ihm in den Rücken und strahlten bis in sein Bein. Er wurde wütend.
    »Öffnen Sie die Tür, oder ich zünde das Haus an!«
    »He! Sie!« Aus dem Wald kam ein Junge auf sie zu, in den Händen ein Gewehr. »Hören Sie auf, gegen das Haus zu treten, Sie!« Er rief über die Schulter nach hinten. »He, Stella, komm und hilf mir. Da wollen ein paar Männer unsere Tür eintreten.«
    Am Waldrand, etwa zwanzig Meter von dem Jungen entfernt, erschien ein junges Mädchen. Sie hielt in der einen Hand ein Buch, mit der anderen beschattete sie die Augen. Raymond kannte sie von seinem vorhergehenden Besuch.
    »Mama ist fort«, rief das Mädchen beim Näherkommen. »Kommen Sie später wieder. Dann ist sie vielleicht da.«
    Raymond wollte sich wieder über die Tür hermachen, als er Johns Hand auf der Schulter spürte. »Jagen Sie den Kindern keine Angst ein«, ermahnte er ihn. »Vielleicht haben die Kinder ja die Antworten, die Sie suchen.«
    »Ich bin Deputy Thibodeaux«, sagte Raymond. »Können wir reingehen und miteinander reden?«
    Der Junge und das Mädchen tauschten Blicke aus. »Mama hat uns gesagt, wir sollen heute draußen bleiben.«
    »Nur auf einen Plausch«, sagte John leichthin. Das Mädchen kam näher.
    Als Raymond das Buch in ihrer Hand sah, musste er an sein Gespräch mit Dugas denken. »Wir versuchen eurer Tante Adele zu helfen«, sagte er. »Vielleicht wisst ihr ja was, das uns weiterbringt.«
    »Na ja, klar.« Das Mädchen war jetzt bei ihnen. »Mama sagt, Tante Adele ist in großen Schwierigkeiten.«
    »Das ist sie«, sagte Raymond und trat zur Seite, damit das Mädchen die Tür öffnen konnte. Gemeinsam gingen sie hinein. Von irgendwo aus dem Haus drang Fäulnisgeruch wie von verrottetem Fisch. Raymond fragte sich, ob Bernadette Garnelenköpfe im Abfall hatte liegen lassen.
    »Stella, wie heißt dein Bruder?« John sprach mit den Kindern im vorderen Raum, während Raymond zur Küche ging. Der Unterschied zwischen Bernadettes und Adeles Zuhause hätte nicht größer sein können. Die Spüle und Küchenablage waren überhäuft mit dreckigem Geschirr, auf manchem davon breitete sich bereits Schimmel aus. Der Mülleimer quoll mit Dingen über, die Raymond sich lieber nicht genauer ansehen wollte.
    Die Küchenschränke selbst waren zum größten Teil leer. In einer Tüte mit Maismehl wimmelte es vor Käfern. Mehrere Gläser mit Tomaten hatten eine seltsam gelbliche Färbung angenommen. Raymond war es schleierhaft, wovon sich die Kinder ernährten. Am liebsten hätte er alles von den Regalen gefegt, um voller Befriedigung mit ansehen zu können, wie es auf dem Boden in tausend Scherben zersprang.
    Er hörte Johns murmelnde Stimme, der mit den Kindern anscheinend gut auskam. Raymond rückte die Tomaten etwas zur Seite und fand ganz hinten einen einzelnen Glasbehälter. Er zog ihn hervor und hielt ihn in die Sonne. Er war mit schwarz-violetten Körnern gefüllt. Genau wie das Brot. Damit hatte er ein Verbindungsglied zwischen Bernadette und dem Brot, aber noch keinen Beweis, dass sie auch diejenige war, die es darauf angelegt hatte, ihrer Schwester die Morde in die Schuhe zu schieben.
    Mit dem Glas in der Hand ging er nach vorn. Der Geruch aus den hinteren Räumen ließ ihn beinahe würgen. »Alles in Ordnung?«, fragte er John.
    »Ja. Wir brechen wieder auf?« John hatte es offensichtlich eilig, wieder fortzukommen.
    »Ich geh noch nachsehen, wo der Geruch herkommt.«
    »Mama hat gesagt, wir dürfen nicht nach hinten.« Panik schwang in der Stimme des Jungen mit. Raymond beachtete ihn nicht, er hörte nur Johns Erwiderung, seine besänftigende Stimme.
    Mit dem Glas in der Hand ging er zur Schlafzimmertür, die mit einem Vorhängeschloss gesichert war. Kurz zögerte er. Er traute Bernadette Matthews und ihrer krankhaften Eifersucht alles zu. Möglich, dass er hier endlich Adele fand.
    Er kehrte ins vordere Zimmer zurück. John war mit dem Mädchen über das Buch gebeugt. Stella erzählte ihm die Geschichte, der

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