Im Netz der Angst
sorgfältig frisierten Haar und Kleidern, die sich Josh mit seinem Polizistengehalt niemals leisten können würde! Josh hatte den Kerl schon bei seiner Ankunft im Krankenhaus gesehen, als er selbst im Empfangsbereich auf Aimee gewartet hatte. Er hatte da schon nicht besonders viel von ihm gehalten und seine Meinung hatte sich auch jetzt nicht geändert. Ihm gefiel überhaupt nicht, wie dieser Kerl andauernd Aimees Nähe gesucht und sie bei jeder Gelegenheit betatscht hatte. Und dieses Lächeln, das sie ihm gerade geschenkt hatte? – Das machte ihn ebenfalls nicht gerade glücklich.
Es gefiel ihm viel besser, wenn sie ihn auf diese Weise anlächelte, aber darauf konnte er momentan wohl lange warten. Stattdessen ging sie zurück in den Raum, in dem Taylor Dawkin saß. Na gut. Ohne Umschweife zur Sache zu kommen, war Josh auch recht.
Aimee setzte sich neben Taylor. Josh nahm gegenüber Platz.
»Hallo, Taylor«, sagte Aimee mit ihrer melodischen Stimme. »Wie geht es dir?«
Das Mädchen blieb stumm. Hatte Gannon etwa erwartet, dass sie einfach so losplaudern würde? Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.
»Ich weiß, dass du verängstigt bist, Liebes. Ich weiß auch, wie schwer das alles für dich ist, aber es geht um etwas sehr Wichtiges.« Gannon zog einen Aktenordner aus ihrer Tasche. »Ich habe da ein paar Bilder in deiner Akte gefunden, die du bei einem unserer ersten Treffen gezeichnet hattest. Ich hatte gehofft, dass wir darüber sprechen könnten.«
Taylor schaute Aimee nicht an, prustete aber leise und schien sich auch ein wenig langsamer zu wiegen.
Aimee zog ein zusammengefaltetes Papier aus der Akte und breitete es auf dem Tisch aus. »Erinnerst du dich an diese Zeichnung, Taylor? Du hast gesagt, es sei ein Selbstporträt. Erinnerst du dich noch daran, wie du das gemalt hast?«
Taylor prustete erneut ein wenig und schaukelte allmählich schneller.
»Du hast mir gesagt, das Bild zeigt, wie du dich manchmal fühlst. Wenn du dir ganz winzig und unbedeutend vorkämst und alles auf dich einstürzen und dich zerquetschen würde. Erinnerst du dich daran, dass du mir davon erzählt hast?« Aimee legte Taylor eine Hand auf die Schulter. Das Mädchen schreckte zusammen.
»Taylor, würdest du dir die Zeichnung ansehen?«, fragte sie.
Taylors Schaukeln wurde fieberhaft, aber sie schaute noch immer nicht auf das Bild.
Aimee atmete tief ein und langsam aus. Sie zog die Zeichen oben auf dem Papier mit den Fingerspitzen nach. »Kannst du mir verraten, was es mit diesen Symbolen auf sich hat, Taylor? Ich weiß, dass es wichtig sein muss, weil du sie auch bei euch zu Hause gemalt hast. Gibt es etwas, das du uns damit sagen willst, Taylor? Kannst du mir dabei helfen, herauszufinden, was das ist?«
Das Mädchen wiegte sich inzwischen panisch vor und zurück. Verdammt, das hier war einfach die reinste Zeitverschwendung!
»Bitte, Taylor, hilf mir doch, das zu verstehen, damit ich dir helfen kann!« Aimee hielt Taylor die Zeichnung vors Gesicht.
Taylor hielt mitten in der Bewegung inne und starrte auf das Blatt. Josh hielt den Atem an. Dann stieß das Mädchen einen wütenden Schrei aus und riss Aimee die Zeichnung aus den Händen. Nach wenigen Sekunden lagen nur noch kleine Papierfetzen auf dem Boden und Taylor fing an, sich ihr eigenes Gesicht zu zerkratzen. Josh stürzte um den Tisch herum und hielt sie zurück, bevor sie sich ernsthaft schaden konnte, doch das Mädchen schrie und wand sich weiter, bis zwei Wärter und eine Krankenschwester mit gezückter Spritze herbeieilten.
10
Josh packte Aimees Arm und lotste sie nach draußen zum Haupteingang. Ihre Muskeln waren angespannt. Während sie darauf wartete, dass jemand kommen und ihnen aufschließen würde, hielt sie den Blick fest auf die Tür gerichtet.
Als der Summer zu hören war, drückte Josh die Tür auf.
»Danke«, murmelte Aimee.
Als sie hindurchging, stieg Josh ihr Duft in die Nase: etwas Zartes, mit einem Hauch Zitrone. Bleib ruhig, Junge .
Sie durchquerten den Empfangsbereich und liefen schweigend zum Parkplatz. Eine leichte Brise fuhr in Aimees Haar. Josh blickte gen Himmel. Er zog sich langsam zu.
Aimee hielt an der Bordsteinkante. »Alles in Ordnung bei Ihnen?«
Nun, es war nicht seine Patientin, die gerade ausgeflippt war. Aimees besorgter Blick löste alle möglichen Gefühle in ihm aus, doch er musste sich darauf konzentrieren, warum er hierhergekommen war. Er räusperte sich. »Alles klar. Und
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