Im Netz des Spinnenmanns: Thriller (German Edition)
In diesem Augenblick öffnete sie die Lider und sah ihm mit ihren großen braunen Hundewelpen-Augen direkt ins Gesicht. Diese Augen erinnerten ihn daran, warum sie hier war, warum er die Dinge, die er tat, tun musste. Sein Pulsschlag rauschte in seinen Ohren und traf seine Sinne mit der Wucht einer zehn Meter hohen Welle, die gegen zerklüftete Klippen kracht.
Er ging auf sie zu, die Hände zu Fäusten geballt. In seinem Inneren rumorte es. Die Schläfen pochten, der Puls ging unregelmäßig und das Blut schoss wie elektrischer Strom durch seine Adern. Er hatte wirklich und wahrhaftig die Absicht, ihr die Augäpfel aus den Höhlen zu schneiden.
Sie wimmerte und presste die Augenlider zusammen.
Verdammt. Mach die Augen auf. »Hast du etwa Angst, Sophie?«
So, wie sie zitterte, ließ sich nur schwer feststellen, ob sie nickte oder nicht. Das Mädchen brauchte eine gute Portion Rückgrat. Mann, o Mann. Sie musste noch viel lernen, bevor er sieumbrachte. Was war nur aus dem frechen, vorlauten Mädchen geworden? Er ließ die Schultern hängen und musterte sie noch einen Augenblick, bevor er sich schließlich wieder der Kommode zuwandte. Er legte das Messer weg und schloss die Schublade mit einem lauten Knall.
Als er in Richtung Ausgang ging, waren ihre Augen noch immer fest geschlossen. »Ich möchte, dass du darüber nachdenkst, welche Strafe du verdient hast. Ich werde mich ein bisschen hinlegen, während du deine grauen Zellen anstrengst.«
Er ließ die Tür hinter sich ins Schloss fallen und begab sich ins vordere Zimmer. Eigentlich hätte Sophie schlafen sollen. Schließlich hatte er ihr eine Dosis Schlaftabletten verabreicht, deren Wirkung locker zwei oder drei Stunden länger hätte anhalten müssen. Sie war schon ein komischer Vogel: erst hatte sie gezittert, jetzt war sie still.
Und diese Augen … wirklich beunruhigend.
Jeder Muskel in seinem Körper schmerzte. Er war noch nicht mal vierzig, aber heute fühlte er sich wie ein Siebzigjähriger. Er plumpste auf die Couch und ließ seinen Kopf in die Kissen fallen.
Wenn er gestern Nacht eine Lektion gelernt hatte, dann die, dass sämtliche Experten in einer Sache recht hatten … er konnte einfach nicht aufhören.
Dienstag, 16. Februar 2010, 10:12 Uhr
Cathy war erst vor einer halben Stunde bei Lizzy aufgetaucht und schon stritten sie miteinander.
»Du brauchst einen Leibwächter«, sagte Cathy zu Lizzy.
»Red doch nicht so einen Unsinn«, sagte Lizzy. »Die letzten vierzehn Jahre hab ich alles getan, was du von mir verlangt hast. Ich gehe alle zwei Wochen zum Therapeuten, wobei ich hinzufügen möchte, dass ich ihn mir eigentlich nicht leisten kann. Und dann schreibe ich jeden Tag in dieses scheiß Tagebuch. Ich hasse das.«
Cathy verdrehte die Augen. »Wenn du deine Gedanken zu Papier bringst, ist das wie eine Therapie. Es ist ein Heilungsprozess, ein Weg zu einem besseren Verständnis deines Ichs.«
»Diese Tagebuchschreiberei ist Blödsinn. Ich habe Riegel und Schlösser an jeder Tür und alle meine Fenster sind vergittert«, sagte Lizzy. Cathys Überheblichkeit schürte ihre Wut. Ihre Schwester hatte ja überhaupt keine Ahnung, wie es sich anfühlte, wenn man seit Jahren rund um die Uhr eine Heidenangst hatte. »Ich trage eine Pistole. Ich setze keinen Fuß vor die Tür, ohne hinter jedem Busch und jedem Baum nachzusehen. Jedes Mal, wenn irgendwo ein Vogel zwitschert, Laub raschelt oder ein Auto hupt, mache ich mir fast in die Hose.«
Ihre Schwester blieb stumm.
Lizzy rieb sich die Schläfen, um ihre innere Spannung abzubauen. »Ich habe schon viel zu lange vor meinem eigenen Schatten Angst. Ich halte das nicht mehr aus. Und jetzt habe ich davon die Schnauze voll. Ich werde herausfinden, wie der Spinnenmann tickt, warum er tut, was er tut, warum er …«
»Was glaubst du wohl, was sämtliche FBI-Profiler und Kriminalpolizisten die letzten zehn Jahre getan haben?«
»Anscheinend nicht genug. Schließlich haben sie diesen Irren ja nicht geschnappt, oder?«
»Wahrscheinlich hat Frank Lyle draußen ein paar Freunde, die nichts Besseres zu tun haben, als Scherzanrufe zu machen«, sagte Cathy und seufzte. »Also gut, du findest über den Spinnenmann so viel raus, wie du kannst, basierend auf dem Wenigen, an das du dich noch erinnern kannst. Und dann?«
»Dann finde ich heraus, was er als Nächstes vorhat. Und ich werde es wissen, bevor er es selbst weiß.«
»Und dann?«
»… stelle ich ihm eine Falle und warte.« Lizzy blickte auf die
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