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Im Netz des Teufels

Im Netz des Teufels

Titel: Im Netz des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Montanari
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an die Wand und lauschte ein paar Minuten. Er hörte keine Geräusche. Er klopfte. Keine Reaktion. Er klopfte lauter. Stille. Er klopfte ein drittes Mal an die Wand, und dieses Mal so laut, dass der billige gerahmte Druck über dem Bett in seinem Zimmer krachend auf den Boden fiel.
    Michael lauschte wieder. Nebenan war niemand mehr, es sei denn, dort schlief jemand wie ein Toter.
    Als Michael mit den Händen über die Wand strich, fühlte es sich so an, als wäre unter der billigen Tapete eine Ständerwand mit einer vielleicht 1,5 cm dicken Gipskartonplatte. Auf dem Boden war eine Kunststofffußleiste und an der Decke kein Kranzprofil. Er fragte sich, ob ...
    Das Telefon klingelte. Michael bekam einen mächtigen Schreck. Er rannte quer durchs Zimmer, fiel über den Schreibtischstuhl und hob den Hörer ab, ehe das Telefon ein zweites Mal klingelte.
    »Ja.«
    »Kontrollanruf, Herr Staatsanwalt.«
    Es war Kolya. Michael besaß genug Erfahrung, um zu wissen, dass Kolya der Komplize war, der Handlanger. Auch wenn er behauptet hatte, der Drahtzieher dieser Operation zu sein. »Ich bin hier.«
    »Clever.«
    »Ich muss mit meiner Frau sprechen.«
    »Das wird nicht passieren, Boss.«
    Boss. Gefängnis.
    »Ich muss wissen, dass es ihr gut geht.«
    Keine Antwort. Michael lauschte angestrengt. Er hörte keine Geräusche im Hintergrund und wusste daher nicht, von wo aus Kolya anrief.
    »Sie ist eine sehr hübsche Frau«, sagte Kolya nach einem Moment des Schweigens.
    Michael wurde übel. Er hatte nicht darüber nachgedacht, dass alles noch viel schlimmer kommen könnte. Das wurde ihm jetzt schlagartig bewusst. Er kämpfte gegen seine Wut an, doch er verlor den Kampf.
    »Ich schwöre bei Gott, wenn Sie sie anrühren ...!«
    »In dreißig Minuten«, sagte Kolya und legte auf.
    Es kostete Michael ungeheure Willenskraft, den Hörer nicht an die Wand zu schmettern. Ein kaputtes Telefon half ihm in dieser Situation auch nicht weiter. Er atmete mehrmals tief durch und legte den Hörer dann langsam auf die Gabel.
    Sofort darauf stellte er den Timer an seiner Uhr ein und beobachtete, wie die Anzeige von 30:00 auf 29:59 sprang. Viel Zeit hatte er nicht, um zu tun, was er tun musste.
    Auf der Suche nach einem scharfen Gegenstand schaute Michael sich im Zimmer um. Er öffnete die Schubladen im Schrank. In einer lag eine vergilbte Kassenquittung für eine Dreierpackung Stützstrümpfe für Männer von Macy’s. Aus der anderen stieg ihm nur ein leichter Duft aus einem Lavendelsäckchen entgegen.
    Die beiden Nachtschränkchen waren leer, in den Wandschränken hingen nur zwei Drahtbügel. Michael nahm sie von der Stange und ging ins Badezimmer.
    Er versuchte, den Spiegel von der Wand zu hebeln, doch er ließ sich keinen Millimeter bewegen.
    Kurz entschlossen wickelte Michael sich die Jacke um den Arm, drehte den Kopf weg und rammte den Ellbogen mit voller Wucht in den Spiegel. Es geschah nichts. Er suchte festen Stand und versuchte es noch einmal. Diesmal zerbrach der Spiegel. Jetzt wickelte er sich ein Handtuch um die Hand und zog die größte Scherbe heraus.

    An der Wand zum Nebenzimmer befanden sich in einem Abstand von circa zwei Metern zwei Steckdosen. Während der Highschoolzeit hatte Michael drei Mal in den Sommerferien bei einer Wohnbaugesellschaft gearbeitet, der drei Mietshäuser in Queens gehörten. Dort hatte er einiges gelernt, unter anderem auch, Ständerwände in frisch renovierten Wohnungen einzubauen. Normalerweise waren die Pfosten in der Wand in einem Abstand von vierzig Zentimetern angebracht. Wenn ein Bauunternehmer sparen wollte, setzte er sie mitunter auch sechzig Zentimeter voneinander entfernt. In den meisten Mietshäusern verliefen Wasserleitungen durch den Keller und durch die Bodenplatten zum Waschbecken, zur Badewanne und Toilette. Nur die elektrischen Leitungen wurden in den Ständerwänden verlegt.
    Michael stand vor einer der beiden Steckdosen und klopfte mit dem mittleren Handknöchel der rechten Hand an die Wand. Steckdosen waren immer an der einen oder der anderen Seite an einem senkrechten Pfosten befestigt. Unmittelbar über der Steckdose klang es massiv. Als er ein paar Zentimeter weiter links klopfte, klang es hohl. Als er es etwa vierzig Zentimeter daneben versuchte, klang es wieder massiv. Dann klopfte er zwanzig Zentimeter weiter rechts mit dem Handrücken an die Wand. Hohl.
    Das Badezimmer lag auf der anderen Seite des Raumes, und daher war es unwahrscheinlich, dass auf dieser Seite Sanitäranlagen

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