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Im Netz des Teufels

Im Netz des Teufels

Titel: Im Netz des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Montanari
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den Schalter. »Guten Tag. Ich hätte gerne einen Antrag für einen Reisepass.«
    »Für Sie?«
    »Nein, für meine Töchter.«
    Die Frau beugte sich über den Schalter und winkte den Mädchen zu. »Hallo.«
    »Hallo«, erwiderten die Mädchen.
    »Bei Zwillingen hat man alles im Doppelpack: das Kichern, das Grinsen und die Sorgen.«
    Anna und Marya kicherten.
    »Wie alt seid ihr?«, fragte die Frau.
    Die Mädchen hielten beide vier Finger hoch.
    »Vier Jahre. Du meine Güte!«, sagte sie lächelnd. Dann lehnte sie sich zurück und wandte sich wieder Aleks zu. »Meine Schwester hat auch Zwillinge. Sie sind aber schon erwachsen.«
    Ein Mann, der hinter Aleks stand und der Nächste in der Schlange war, räusperte sich, um vermutlich anzudeuten, dass Aleks ihm mit seinem Smalltalk die Zeit stahl. Aleks wandte sich dem Mann zu und starrte ihn an, bis dieser den Blick abwandte. Dann drehte Aleks sich wieder um. Die Frau hinter dem Schalter rollte mit den Augen und lächelte.
    »Ich muss die Anträge holen«, sagte sie. »Bin gleich wieder da.«
    Die Frau verschwand in einem Büro hinter der Schalterhalle und kehrte mit zwei Anträgen zurück. »Haben Sie Fotos der beiden Mädchen mitgebracht?«
    Aleks reichte ihr den Briefumschlag. »Ja, ich hab sie hier.«
    Die Frau öffnete den Umschlag und nahm die Fotos heraus. »Die sind aber auch süß.«
    »Danke«, erwiderte Aleks.
    »Sie kommen ganz nach Ihnen.«
    »Sie schmeicheln mir.«
    Die Frau lachte. »Okay. Zunächst einmal brauche ich irgendetwas, womit Sie sich ausweisen können.«
    Aleks zog die Brieftasche heraus und reichte der Frau den frisch gedruckten Führerschein mit seinem Foto und Michael Romans Namen.
    Das war der erste Test. Aleks beobachtete die Augen der Frau, als sie das gefälschte Dokument überprüfte. Sie reichte ihm den Führerschein zurück. Die erste Hürde war genommen.
    »Dann müssen Sie diese Anträge ausfüllen und sie beide hier unten unterschreiben.« Sie reichte Aleks zwei Anträge für die Ausstellung eines Reisepasses für Minderjährige unter sechzehn Jahren.
    »Beide?«, fragte Aleks.
    »Ja«, sagte die Frau. Sie schaute sich in dem vollen Postamt um. »Ist die Mutter der Mädchen auch hier?«
    »Nein. Sie muss heute arbeiten.«
    »Ach, schade. Da Sie alles so gut vorbereitet haben, dachte ich, Sie wüssten es.«
    »Was wüsste ich?«
    »Dass Ihre Frau anwesend sein muss.«
    »Wir müssen beide gemeinsam hierherkommen?«
    »Ja, leider ist es so. Entweder Sie kommen beide, oder sie muss das Formular DS-3053 ausfüllen.«
    »Was ist das?«
    »Das ist eine Einwilligungserklärung. Sie muss ausgefüllt, unterschrieben und von einem Notar beglaubigt werden. Möchten Sie ein Formular mitnehmen?«
    »Ja. Das wäre sehr hilfreich.«
    Die amerikanische Bürokratie , dachte Aleks. Sie war mindestens genauso nervtötend wie die sowjetische. Jetzt wusste er, dass sich alles geändert hatte. Es würde ihm nicht gelingen, das Land gemeinsam mit den Mädchen auf legalem Weg zu verlassen. Aleks wusste auch, dass die Mädchen keine Reisepässe brauchten, um die Grenze nach Kanada zu passieren. Dazu brauchten sie nur ihre beiden Adoptionsurkunden, und die hatte er bereits. Die kanadische Grenze war nicht allzu weit entfernt.
    Die Frau kehrte mit dem Formular zurück und reichte es Aleks.
    »Ich komme morgen wieder«, sagte er.
    »Gut.« Die Frau warf den beiden Mädchen noch einen lächelnden Blick zu. »Wohin soll die Reise denn gehen?«
    Aleks erstarrte, als er die Frage hörte. »Wie bitte?«
    »Ihre Reise. Wohin reisen Sie?«
    »Wir fliegen nach Norwegen«, sagte Aleks. »Wir haben Verwandte dort.«
    »Wie schön.«
    »Waren Sie schon mal in Norwegen?«
    Die Frau hob den Blick zu ihm. »Nein, noch nie. Ich bin nur ein einziges Mal ins Ausland gefahren, und das war in meinen Flitterwochen. Wir sind nach Puerto Rico geflogen. Aber das ist schon eine Weile her.« Sie blinzelte ihm zu. »Damals war ich noch viel jünger.«
    »Waren wir das nicht alle?« Die Frau lächelte. Aleks schaute auf ihr Namensschild. Bettina.
    Er reichte ihr die Hand. »Sie waren sehr freundlich und hilfsbereit, Bettina.«
    »Gern geschehen, Mr Roman.«
    Aleks nahm die Mädchen an die Hand, und als er die Überwachungskamera über der Tür sah, senkte er den Kopf. Sie verließen das Postamt und liefen zum Parkplatz. Aleks setzte die Mädchen auf die Rückbank, schnallte sie an und stieg in den Wagen.
    »Alles klar?«
    Die Mädchen nickten.
    Als Aleks den Motor startete, kam ihm

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