Im Netz des Verbrechens
paar Tage zur Beobachtung bleiben müsse. Der Arzt ging, und kurz darauf verzog sich auch der Hochnebel. Trotz des blauen Himmels und der Sonnenstrahlen, die an den Bildern und dem Flachbildfernseher tanzten, dämmerte Juna wieder ein. Sie wachte auf, als es an der Tür klopfte. Es war Marc.
Trotz des Schwindelgefühls richtete sie sich in ihrem Bett kerzengerade auf. »Wo ist … Danny? Ist er …«
Beschwichtigend hob Marc die Hände, kam zu ihr und stellte das hintere Ende des Bettes nach oben, damit sie sich zurücklehnen konnte. »Er wurde notoperiert. Die Kugel konnte erfolgreich entfernt werden. Noch ist er nicht aufgewacht, und die Ärzte wagen keine großen Prognosen, aber wenn er keine Infektion bekommt, stehen seine Chancen gut.«
»Nicht aufgewacht?«, wiederholte sie wie in Trance. Ihr Blick schnellte zur Uhr. Das gesichtslose Zifferblatt, zwölf Striche und zwei Zeiger – sie starrte die Uhr an und wusste nicht, was diese ihr sagen wollte. Außer, dass Danny schon viel zu lange bewusstlos war.
»Die Ärzte haben ihn ins künstliche Koma versetzt.«
»Koma.« Dieses Wort kannte sie. Dieses Wort gab es auch im Russischen. Zwei schwarze, kalte Silben.
Marc nahm ihre Hand. »Er lebt noch. Das ist im Moment das Wichtigste.«
Ja, das war im Moment das Wichtigste. Dass er lebte. Egal, wie langsam die Stunden- und Minutenzeiger über das Zifferblatt krochen. »Er ist hier?«
»Nein. Er wurde in ein anderes Krankenhaus gebracht. Im Moment mache ich mir eher Sorgen um dich.«
»Mir geht gut! Mir geht gut, wirklich!« Sie versuchte es sogar mit einem Lächeln, das Marc jedoch nur geringfügig zu beeindrucken schien.
»Mag sein. Aber diese Frau, die anscheinend hinter allem stand, konnten wir bis jetzt nicht fassen.«
»Dshanan? Sie heißt Dshanan Magomedova. Nastojaschtschaja krowj ist Gruppe Terroristen. Verstehst du? Sie wollen töten viele Menschen!«
»Und vor allem dich, denn die Kugel, die Danny abgefangen hatte, galt dir. Deshalb mache ich mir solche Sorgen, dass diese Frau auf freiem Fuß ist.«
Sie kaute auf ihrer Unterlippe. Wollte Dshanan sie töten, weil sie von dieser terroristischen Gruppe und dem geplanten Anschlag erfahren hatte? Sie hatte es ihr doch selbst erzählt. Oder sollte sie sterben, weil sie von den Unterlagen wusste, hinter denen Dshanan her war?
»Vor der Tür habe ich einen Polizisten postiert«, erklärte Marc weiter, »damit du hier sicher bist. Und wir tun alles, was in unserer Macht steht, um diese Frau zu finden.«
»Pawel – weiß er mehr? Sie hat ihn … genutzt. Richtig?«
»Ja, so sieht es aus. Er war nur eine Marionette in ihrem Spiel. Seine Eitelkeit und Machtgier haben ihn manipulierbar gemacht. So konnte sie ihre Pläne verwirklichen, während wir von seinen Sperenzchen abgelenkt wurden.«
»Was ist mit ihm jetzt?«
»Sein Club ist geschlossen. Die Mädchen wurden in Sicherheit gebracht. Wir haben ihm einen Deal angeboten, sollte er uns behilflich sein können, diese Dshanan zu fassen. Er hat bereits zugegeben, für die Morde im Zug verantwortlich zu sein. Damit sollte Druck im Prozess gegen einen gewissen Murtas Tschalajev ausgeübt werden. Die Mädchen und der Junge stammten aus dem näheren Umkreis des Richters und anderen wichtigen Beteiligten in diesem Fall.«
»Hat er geschossen in Danny damals?«
»Ja, er hat geschossen. Und zum Glück nicht nachgesehen, ob Danny noch am Leben war.«
»Und Tote in diesem Haus? Bei meinem Vater?«
»Das war Dshanan, die alles versucht hat, damit wir Pawel weiterhin im Visier behalten. Anscheinend wollte er von ihr loskommen. Hatte sogar die Idee, Danny zum Gebäude zu schicken, damit er sie dort tötet, während sie hinter deinem Vater her ist. Mehr konnte er uns über diese Frau aber nicht sagen.«
Also hatten sie nichts. Weder etwas über diese terroristische Gruppe Nastojaschtschaja krovj , noch genauere Informationen über den Anschlag. Das Einzige, was Hoffnung versprach, war die Tatsache, das Dshanan nicht an die Aufzeichnungen gelangt war. Sie würde entweder weitersuchen müssen oder sich einen anderen Plan überlegen. In jedem Fall bedeutete es etwas Zeit, die die Behörden nutzen könnten, um mehr herauszufinden.
»Okay.« Marc stand auf. »Ich muss jetzt wieder los. »Werde bald gesund.«
Sie nickte ihm zum Abschied zu. Wieder allein, blieb ihr nichts anderes übrig, als nachdenklich die Uhr anzustarren. Ihre kleine Pyschka und Dshanan – nein, beides wollte nicht so recht zusammenpassen. Ihr
Weitere Kostenlose Bücher