Im Rausch dieser Nacht
vor ihrer Zimmertür standen, drehte sich Sherri zu Greg um. „Ich danke dir“, sagte sie ernst.
„Wofür?“
„Für alles, was du für mich getan hast. Und dafür, dass du es mit mir ausgehalten hast – erst recht, wenn es für dich so schwierig ist, wie du sagst.“
„Ich habe es ja überlebt“, wehrte Greg verlegen ab. Dann drehte er sich um und ging die Treppe hinauf. Sherri verschwand in ihrem Zimmer und musste noch lange an den Kuss denken.
Beim Abendessen wurde nicht viel gesprochen. Hannah hatte den Tisch auf der Terrasse gedeckt. Sherri war davon überzeugt, dass sie trotz vorangegangener Diät und Krankenhauskost binnen kurzer Zeit einige Pfunde zulegen würde, wenn diese Frau so mit ihren verführerischen Kochkünsten weitermachte.
Nachdem Hannah abgeräumt und noch eine Flasche Wein gebracht hatte, saßen Greg und Sherri schweigend da und genossen den milden Abend. In seiner ganzen Pracht ging der Vollmond auf. Sherri sah sich das Schauspiel an und nippte an ihrem Glas. Aber sie merkte, dass Greg keine Augen für dieses wunderschöne Bild hatte.
Er schenkte sich ein. Dann brach er das Schweigen. „Ich möchte dich etwas fragen.“
Sherri sah ihn an und hob fragend die Augenbrauen. „Könnte es sein, dass deine Frage uns diesen wundervollen Abend ruiniert?“
Greg trank einen Schluck von seinem Wein, bevor er antwortete. „Es kann schon sein, dass dir diese Frage nicht gefällt“, sagte er dann. „Ich musste gerade an den Tag denken, als ich nach Hause kam und feststellte, dass du mich verlassen hattest. Es hat nie eine Erklärung von dir gegeben. Du hast mir keine Nachricht hinterlassen, du hast mich nicht angerufen – nichts. Ich habe mir den Kopf zermartert, was dich dazu gebracht haben könnte. Ich habe versucht, mir jedes Wort in Erinnerung zu rufen, das ich zu dir gesagt hatte. Aber ich bin bis heute nicht daraus schlau geworden.“
Sie hielt ihm ihr leeres Glas hin. „Schenk mir auch noch etwas ein, bitte.“ Dann lehnte sie sich zurück, trank und sagte schließlich: „Erinnerst du dich an den Abend, als ich dich zum ersten Mal fragte, wie es eigentlich kommt, dass du nie etwas von deinen Eltern erzählst?“
Greg stutzte. Er wusste nicht, worauf sie hinauswollte. „Nein.“
„Das habe ich mir gedacht. Dir ist das wahrscheinlich gar nicht aufgefallen. Ich habe später noch ein paarmal danach gefragt, aber nie eine Antwort von dir bekommen.“
„Du hast mich verlassen, weil ich nicht über meine Eltern sprechen wollte?“, fragte er verständnislos.
„Nein, das nicht gerade.“
„Das beruhigt mich.“
„Es ging gar nicht in erster Linie um deine Eltern. Du hast mich beispielsweise in dem Glauben gelassen, du hättest keine anderen Angehörigen als Millie und deinen Bruder.“
„Das habe ich so nicht gesagt.“
„Stimmt. Du hast überhaupt kaum etwas gesagt. Als ich Millie einmal besuchte, hatte ich sie gefragt, wann deine Eltern gestorben seien, und sie war vollkommen perplex. Wie ich darauf käme, dass sie tot seien, fragte sie. Und sie war es dann, die mir von dir erzählt hat. Dass deine Eltern in Connecticut leben, dass du den besten Jura-Abschluss des Jahrgangs in Harvard gemacht hast.“
„Aber das kann doch kein Grund für dich gewesen sein …“
„Greg, ich habe festgestellt, dass ich überhaupt nichts von dir wusste. Dass ich dich gewissermaßen gar nicht kannte, obwohl wir zwei Jahre verheiratet waren und zusammengelebt hatten. Ich habe dir alles von mir erzählt und du von dir überhaupt nichts. Das ist keine Vertrauensbasis.“
„Aber das hat doch nichts mit Vertrauen zu tun“, verteidigte er sich.
„Irgendwie doch. Jedenfalls habe ich es so empfunden. Ich kam mir vor wie ein kleines, dummes Mädchen, das du dir als Freundin ausgesucht hast, um ein bisschen Spaß zu haben, das dir aber nicht so wichtig war, um mit ihm auch einmal über etwas Ernstes zu sprechen, das dich persönlich betrifft.“
„Das ist doch Unsinn. Natürlich warst du wichtig für mich. Ich habe dich geliebt. Das musst du doch gemerkt haben.“
„Das habe ich mir ja anfangs auch gesagt. Aber so einfach ist das nicht. Erinnerst du dich, wie ich dich gefragt habe, wie es eigentlich kommt, dass wir noch nie darüber gesprochen haben, wie es wäre, Kinder zu haben? Du hast dazu nur gesagt, du würdest einen lausigen Vater abgeben.“
„Der Meinung bin ich auch jetzt noch.“
„Warum konntest du mir nicht einfach offen sagen, dass du keine Kinder willst? Wir haben
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