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Im Reich der Löwin

Im Reich der Löwin

Titel: Im Reich der Löwin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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standen den Engländern die Dienste des streitbaren Kirchenmannes wieder zur Verfügung. Was vor allem die immer gläubiger werdende Königinmutter mit Erleichterung begrüßt hatte.
    Freudetrunken nahm Roland wie durch einen Schleier wahr, dass sich die gepanzerten Stiefel des Königs entfernten. Hätte ihn nicht ein plötzlich aufflammender Streit der Seiler und Zimmerer aus der Starre gerissen, hätte er noch stundenlang im Staub gekniet und dem ohrenbetäubenden Hämmern seines Herzens gelauscht. Ritter! Er würde endlich zum Ritter geschlagen werden! Da Philipp von Frankreich nach der – mithilfe Balduin von Flanderns erfolgreichen – Zweifrontenoffensive um einen Waffenstillstand gefleht hatte, würde es zwar vermutlich noch einige Monate dauern, bis Roland sich im Feld beweisen konnte. Doch die Aussicht auf die Teilnahme an seinem ersten Turnier bereitete ihm eine Mischung aus Schwindel, Vorfreude und nackter Angst. Ungeschickt kam er auf die Beine, griff sich an die Brust, um zu überprüfen, ob das Dröhnen in seinem Inneren von außen zu spüren war, und steuerte unsicher auf die kleine Kapelle zu, deren Türen erst gestern eingesetzt worden waren. Lediglich zwei Wochen blieben bis zu dem zur Feier des Einzuges angesetzten Turnier, in dem die mächtigsten und berühmtesten Kämpfer des Landes gegeneinander antreten würden. Ein schmerzhafter Krampf zog seinen Magen zusammen, als er sich ausmalte, wie viele Gegner er würde bezwingen müssen, um den Sieg zu erringen. Sobald die Ernennungszeremonie am folgenden Morgen beendet war, würde er mit den Übungskämpfen beginnen müssen. Denn er war fest entschlossen, den Schaukampf zu gewinnen, um das Privileg des Siegers, den König um eine Gunst zu bitten, dazu zu nutzen, um die Hand seiner Geliebten anzuhalten, die sich immer noch hinter Klostermauern befand. Die Vorstellung, dass sich endlich ein Weg aufgetan haben sollte, erfüllte ihn mit einer schon lange nicht mehr gefühlten Wärme und Glückseligkeit. Blind vor Freude wich er den ihm entgegeneilenden Handwerkern, Rittern und Knappen aus, während er über den staubigen Hof stolperte, um dem Befehl des Königs Folge zu leisten.
     
    ****
     
    Während Roland sich schwindelig vor Hochgefühl in die Kapelle aufmachte, um seine Nachtwache vorzubereiten, verabschiedete sich Catherine of Leicester von ihrem Gemahl. Diesen rief eine helle Glocke in die Halle des Donjons , wo der Kronrat über die weitere Vorgehensweise in diesem Krieg beraten würde. »Sei vorsichtig«, ermahnte sie ihn zum wohl hundertsten Mal, woraufhin er die Augen verdrehte, ihr einen vorsichtigen Klaps auf den Bauch gab und sich mit einer Verneigung in Richtung der Königin von den Damen verabschiedete. Nachdem er im Trutzturm verschwunden war, wandte sich Catherine zu Marian um, die ebenso glücklich strahlte wie Berengaria. An deren Hand zerrte der beinahe dreijährige Gerard, der eine Ziege entdeckt hatte, die er seiner Mutter zeigen wollte. Kaum war die Spanierin mit ihren Hofdamen auf der Festung angekommen, hatte sie ihren Gemahl um ein Gespräch gebeten, um ihm das Versprechen abzunehmen, ihren Sohn vor den Ränken und Übergriffen John Lacklands zu schützen. Widerstrebend hatte Löwenherz in ihre Forderungen eingewilligt und sich bereit erklärt, den Bastard seiner Frau mit einem Lehen zu beleihen, das ihm niemand – auch nicht der Bruder des Königs – würde aberkennen können. Ralph de Beaufort war nach dem Erhalt der guten Nachricht unverzüglich aufgebrochen, um seinen Sohn nach beinahe einjähriger Trennung wieder in die Arme zu schließen und zu seiner Mutter nach Château Gaillard zu bringen. Die beiden bewohnten ein winziges Gemach in einem der Ecktürme des Donjons . Im Gegenzug hatte Berengaria Richard versprochen, ihre Beziehung zu ihrem Geliebten so diskret als irgend möglich zu behandeln, sich jedoch strikt dagegen verwehrt, der Forderung ihrer Schwiegermutter nach Enthaltsamkeit und Askese nachzugeben. »Wart Ihr nicht immer eine der größten Fürsprecherinnen der Liebe?«, hatte sie die gebeugte alte Dame gefragt, deren Augen sich langsam mit der Fehlsichtigkeit des Alters trübten. Woraufhin Aliénor lediglich die Schultern gezuckt und sich wieder dem Troubadour zugewandt hatte, der ein süß-schmerzliches Lied vortrug, in dem die Liebenden am Ende den Tod fanden.
    »Ich bin gespannt auf das Turnier«, bemerkte Lady Marian. Ihr Gemahl, Robin of Loxley, würde genauso wenig daran teilnehmen wie Harold of

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