Im Reich der Vogelmenschen
herrschte Stille, die nur von dem leisen Tuckern des gedrosselten Motors unterbrochen wurde.
Er kämpfte verzweifelt. Das Gewicht seines Gepäcks – fünfzig Pfund – half dem saugenden Morast. Aber seine Hände umklammerten noch den Bordrand und ließen nicht locker.
Er zog sich mit letzter Anstrengung wieder hinauf. Das Boot tanzte, er hörte das Keuchen der anderen, dann schloß sich eine Hand Gainishaws um sein rechtes Gelenk, die andere packte seinen Hemdkragen. Er zerrte seine Füße aus dem Sumpf, dann fiel er auf den Boden des Bootes. Sekundenlang blieb er liegen, unfähig, einen Gedanken zu fassen.
Dann kehrte er in die Wirklichkeit zurück, hob sich auf die Knie und half Smiley, während Gainishaw Glabe und Ridell wieder ins Boot zog.
Während die geretteten Männer erschöpft liegen blieben, riß Kenlon ein Stück Leinwand aus dem Gerätekasten und schleuderte es auf die Küste zu. Dann wirbelte er herum.
»Zurück zum Schiff«, befahl er. »Mit Höchstgeschwindigkeit. Wir müssen versuchen, Pannat und Rifer zu retten.«
Ihm war, als sähe er die beiden Männer vor sich, die Lungen voll Wasser, wie von Saugarmen in der dunklen Tiefe festgehalten. In der nächsten halben Stunde mochte es noch möglich sein, sie zu retten.
Jones-Gordon fuhr mit ihnen zurück. In einem Beiboot aus Gummi hielten sie über dem Morast und suchten mit langen Haken nach den beiden Körpern.
Nach drei Minuten zogen sie Rifer heraus, eine graue, schlaffe Masse. Der Kommandant und Kenlon bemühten sich abwechselnd um ihn, schickten ihn darin zur »Seeschlange« zurück. Jones-Gordon begleitete ihn, um mit den Wiederbelebungsversuchen fortzufahren. Kenlon kehrte zum Dingi zurück.
Fünfzehn Minuten später kam vom Kommandtoturm das Signal, daß Rifer wieder zu sich gekommen war. Dieser Erfolg stachelte sie zu noch größerem Eifer an. Aber nach einer Stunde hatten sie immer noch kein Zeichen von Pannatt entdeckt.
Kenlon kannte den Mann, einen kleinen drahtigen Burschen aus Iowa, mit lustigen Augen, gut. Zum Glück war er nicht verheiratet. Es war der Alptraum jedes Offiziers, Frauen vom Ableben ihrer Männer zu unterrichten.
»Sir, der Käpten signalisiert, daß das Boot zurückkehren soll«, sagte Gainishaw.
»Gut.« Kenlon nickte.
Es bestand kein Zweifel, daß weiteres Suchen sinnlos war, aber die Vorstellung bedrückte ihn. Zu seiner Überraschung stieg Jones-Gordon zu ihnen ins Boot, und sie kehrten an die Unfallstelle zurück.
Der Lieutenant Commander erklärte sein Verhalten: »Die Männer hätten kein Verständnis dafür, wenn ich die Rettungsversuche nicht persönlich überwachte. Selbst wenn wir Pannatt jetzt fänden, würden wir ihm nur ein Seemannsbegräbnis geben können. Sind Sie nicht der gleichen Meinung?«
Kenlon nickte, und der andere fuhr fort: »Was halten Sie von diesem Schlamm, Bill?«
Kenlon schüttelte den Kopf. »Ich habe nie etwas Derartiges gesehen, Sir. Die Teilchen sind so fein, daß sie nicht einmal eine Kruste bilden.« Er deutete auf das Land. »Die ganze oberste Schicht ist trocken. Sie sieht hart aus, und doch haften die Teilchen nicht genügend aneinander, um eine feste Schlammschicht zu bilden. Vielleicht sollten wir längs der Küste weitere Prüfungen vornehmen. Es scheint unglaublich, daß es überhaupt kein trockenes Land geben soll.«
Jones-Gordon überlegte. »Bringen Sie mich auf die ›Seeschlange‹ zurück«, befahl er. »Beginnen Sie dann mit den Prüfungen.«
Trotz der Worte, die der Commander vorausgeschickt hatte, fühlte sich Kenlon, als hätte er einen Schlag ins Gesicht erhalten. »Die Rettungsmaßnahmen sollen also eingestellt werden?« fragte er.
Der Kapitän nickte. »Selbstverständlich.«
Es war eine Sache, die Suche einzustellen, und eine andere, nicht mehr an sie zu denken. Als sie vorsichtig an der Küste entlangfuhren, um das trügerische und mörderische Land zu erproben, sah Kenlon den Mann vor seinem geistigen Auge versinken, tief hinab in eine Schlammkugel mit einem Durchmesser von 8000 Meilen.
Er dachte: Was ist los mit mir? Schließlich war ihm der Tod nicht zum erstenmal begegnet. Es mußte die ganze Art des Todes sein, die ihn mitnahm, und die damit verbundenen Umstände.
War es möglich, daß sie tatsächlich um 24 999 Jahre in die Zukunft versetzt waren? Und war dieser graue Schrecken das Schicksal des Kontinents?
Seine Gedanken kehrten zu dem schwimmenden Riesen und dem Mann mit den Flügeln zurück. Nach wenigen Sekunden war er sich klar
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