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Im Saal der Toten

Im Saal der Toten

Titel: Im Saal der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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im mindesten, daß ich an dieser Stelle leicht die Ziegel entfernen, den Leichnam hineinstecken und das Ganze wieder zumauern könne wie zuvor, so dass kein Auge irgendetwas Verdächtiges zu entdecken vermöchte. […] Mit Hilfe eines Brecheisens entfernte ich leicht die Ziegel, und nachdem ich die Leiche sorgsam gegen die Innenwand gelehnt hatte, stützte ich sie in jener Stellung ab und richtete mit wenig Mühe den ganzen Maueraufbau wieder so her, wie er ursprünglich dagestanden hatte.«
     
    »Bleiben Sie bei Ihren Designerküchen, Teddy«, sagte ich. »Das hier ist Poe, wie er leibt und lebt. Der schwarze Kater . Noch ein Begräbnis hinter Ziegelmauern.«
    Er machte einen niedergeschlagenen Eindruck, als hätte er tatsächlich geglaubt, einen bedeutsamen Anhaltspunkt gefunden zu haben.
    Auf den letzten Seiten war der Brief, in dem Emily ihrer Schwester von Amelias Entdeckung berichtete.
    »Ist das Ihre Handschrift?«, fragte ich und zeigte auf die Korrekturzeichen am Rand.
    Kroon bejahte, ohne aufzusehen.
    »Warum haben Sie Noah Tormeys Namen oben auf die Seite geschrieben?«
    »Um ihn nicht zu vergessen. Ich hatte seinen Namen erst ein paar Tage zuvor das erste Mal gehört.«
    »Aber warum?«, fragte ich. »Was wollten Sie mit diesem Brief, dieser Information machen?«
    »Nichts. Ich, äh, ich hatte einfach das Gefühl, die Wahrheit aufschreiben zu müssen. Für Amelia …«
    »Und da haben Sie sie abgewiesen, als sie heute Morgen vor Ihrer Tür stand?«, fragte Mercer ungläubig.
    Ich las den Brief noch einmal, während Mercer Kroon weiter in die Zange nahm. Die Änderungen, die Kroon an Emilys Entwurf vorgenommen hatte, ergaben keinen Sinn. Er war nicht länger als Brief an Sally Brandon gedacht.
    »Wo haben Sie das Mädchen hingeschickt?«
    »Nirgendwohin. Ich wusste einfach nicht, was ich mit ihr tun sollte. Das ist alles.«
    »Haben Sie ihr von Tormey erzählt?«, fragte Mercer. »War das Ihr Plan?«
    »Nein, noch nicht. Ich glaube, sie ist noch nicht so weit. Sie wollte mehr über Emily wissen, beziehungsweise wer ihr dabei helfen könne, mehr über Emily zu erfahren. Ich … ich erzählte ihr von dem Detective, mit dem ihre Mutter befreundet gewesen war –«
    Mercer kochte vor Wut. »Kittredge? Sie haben ihr von Kittredge erzählt?«
    »Ja.«
    »Was noch? Haben Sie Monty erwähnt?«
    »Nur, dass ich nicht weiß, wer er sein könnte. Ich habe nicht angedeutet, dass sie es herausfinden sollte.«
    »Aber sie will unbedingt etwas über ihre leiblichen Eltern in Erfahrung bringen. Sie haben sie vielleicht in ihr Unglück geschickt«, sagte Mercer. »Wenn Sie ihr wenigstens Tormeys Namen gegeben hätten, dann hätte er sie vielleicht aufgenommen, und wir hätten gewusst, dass sie in Sicherheit ist.«
    Während ich Kroons Antworten auf Mercers Fragen lauschte, ergaben seine Korrekturen plötzlich einen Sinn. »Natürlich!« Ich sah Kroon an. »Sie wollten noch nicht, dass sie zu Noah Tormey ging. Sie wollten ihn erpressen, damit Emily sein Geheimnis mit ins Grab nahm.«

 

38
     
    Ich rief Sally Brandon von Kroons Wohnung aus an. Amelia war nach New York gekommen, um sich ein paar Universitäten anzusehen, aber sie hatte ihren Eltern weder erzählt, was sie über ihre leibliche Mutter in Erfahrung gebracht hatte, noch, dass sie sich mit Emily treffen wollte. Sallys Schmerz und Kummer waren ebenso klar und deutlich zu hören wie ihre Stimme.
    Wir warteten, bis Sally versucht hatte, Amelia auf ihrem Handy zu erreichen – ohne Erfolg. Dann rief Mercer Lieutenant Peterson an, damit dieser alle Hebel in Bewegung setzte, das Mädchen zu finden, bevor sie an die falsche Tür klopfte.
    Mercer und ich fuhren zu Swifty’s, um spät zu Mittag zu essen. Wir hatten beide nichts von Mike gehört und waren durch unsere Gedanken an seine Trauer nicht ganz bei der Sache.
    »Was hältst du davon, dass Dr. Ichiko Emily Upshaw an dem Tag kontaktiert hat, an dem sie umgebracht wurde?«, fragte Mercer.
    »Ich habe über seinen letzten Anruf nachgedacht – den Anruf beim Rabenverein. Was, wenn Emily irgendetwas gesagt hat, das ihn auf diese Spur brachte? Es kann kein Zufall sein, dass der Doktor den Verein zu kontaktieren versuchte. Vielleicht hatte ihm Emily unwissentlich einen Hinweis gegeben, dem Ichiko nachging. Und der ihn das Leben kostete.«
    Mercer wollte den Abend mit Vickee und Logan verbringen, also machte ich mich um vier Uhr nachmittags auf den Heimweg. Bei Grace’s Marketplace gab es riesige Steinkrabben aus

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