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Im Saal der Toten

Im Saal der Toten

Titel: Im Saal der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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nicht erklären, Teddy.« Mike kämpfte selbst noch mit seinen Dämonen von diesem tragischen Tag. »Und Emily?«
    »Sie war bis vor ungefähr einem Jahr trocken. Dann verlor sie wieder mal ihren Job und brauchte auch noch das bisschen Geld auf, das sie von ihren Eltern geerbt hatte. Ich habe ihr natürlich etwas Geld geliehen, aber sie kämpfte wirklich ums Überleben. Drei Fehlversuche, sagte sie immer wieder. Sie war draußen.«
    »Was meinte sie damit?«, fragte ich.
    »Sie hatte die Therapie zum dritten Mal abgebrochen. Die übliche Vogel-Strauß-Taktik eines Alkoholikers. Emily redete sich einfach ein, dass es nicht sein sollte.«
    »Sie haben vom zweiten und vom dritten Mal erzählt. Wissen Sie irgendetwas über das erste Mal?«
    Teddy überlegte einen Augenblick. »Das war direkt nach dem College. Sie war seit der Schule alkoholabhängig und nahm auch immer wieder mal Drogen. Hauptsächlich Kokain. Einer ihrer Professoren machte sie auf eine Selbsthilfegruppe aufmerksam, so etwas Ähnliches wie AA. Ich weiß, dass sie ein paar Jahre clean und trocken war. Damals hat sie wirklich gute Sachen geschrieben und veröffentlicht.«
    »Aber dann hatte sie einen Rückfall?«
    »Ja. Sie ließ sich mit einem jungen Mann ein, der ebenfalls an der Therapie teilnahm. Während sie zusammen waren, ist irgendetwas passiert, das ihr eine Todesangst einjagte. Ich weiß nicht, was – aber diesen Ausdruck verwendete sie immer wieder. Sie sagte immer wieder, dass sie lieber eine einsame Alkoholikerin wäre als die Freundin eines kokainschnupfenden Geisteskranken.«
    »So hat sie ihn genannt – einen Geisteskranken?«
    »Genau.«
    »Erinnern Sie sich an seinen Namen?«, fragte Mike.
    »Monty, glaube ich. Ich weiß nicht, ob das sein Vor- oder Nachname war. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass er Monty hieß.«
    »Haben Sie ihn jemals kennen gelernt?«
    »Nein, nein. Emily hat ihn nie wieder gesehen. Als sie sich kennen lernten, machte sie das erste Mal eine Therapie. Sie war noch ein Kind, frisch vom College. Sie haben eine Weile zusammengewohnt, aber nachdem sie Schluss gemacht hatten, wollte sie nichts mehr mit ihm zu tun haben.«
    »Warum?«
    »Über Bettgeschichten habe ich mich nie mit ihr unterhalten. Ich weiß nicht, ob es mit Sex oder Drogen zu tun hatte oder ob er ein anderes Problem hatte.«
    »Hatte sie seitdem Beziehungen?«
    »Nichts Ernsthaftes. Nicht dass ich wüsste. Ein paar Affären, aber nichts Festes.«
    »Wie oft haben Sie und Emily sich gesehen?«
    »Wir haben fast jeden Tag miteinander telefoniert. Und wir haben immer versucht, uns ein, zwei Mal die Woche zum Essen zu treffen. So wie gestern Nacht, ganz zwanglos, in einer Bar um die Ecke.«
    »Haben Sie gestern auch mit ihr telefoniert? Hatte sie vor etwas Angst, oder wollte sie sich vor Ihrer Verabredung noch mit jemand anderem treffen?«, fragte ich.
    Er schüttelte den Kopf. »Nein. Ich hatte gerade viel zu tun, als sie im Geschäft anrief. Sie hat einem Mitarbeiter eine Nachricht hinterlassen, dass sie mich gegen Mitternacht im Hudson Bay treffen wolle.«
    »Aber sie kam nicht. Was haben Sie da getan?«
    »Ich habe mir natürlich Sorgen gemacht. Ich habe einige Male bei ihr zu Hause angerufen.« Teddy sah Mike an. »Sie haben bestimmt meine Nachrichten auf ihrem Anrufbeantworter gehört, oder?«
    »Hatten Sie Angst, dass ihr etwas zugestoßen sein könnte?«
    »Nein, nicht direkt«, sagte er ruhig. »Aber ich machte mir Sorgen, dass sie zu Hause zu trinken angefangen hatte und vielleicht bewusstlos geworden war. Manchmal habe ich Angst – Entschuldigung, hatte ich Angst, dass sie im Krankenhaus landen würde. Dabei hatte sie doch keine Krankenversicherung, die die Behandlungskosten übernommen hätte.«
    »Hatten Sie einen Zweitschlüssel?«
    »Ja. Wir hatten jeder den Schlüssel des anderen, für Notfälle. Natürlich hat keiner von uns an so etwas gedacht.«
    »Hat sie Familie?«
    »Nicht in New York. Sie hat zwei Schwestern in Michigan.« Er lehnte sich zurück und legte die Hand über die Augen. »Großer Gott, die muss ich heute wohl auch noch anrufen. Ich weiß nicht, ob ich das packe.«
    Teddy erzählte mir mehr über seine Freundschaft mit Emily, während Mike das Zimmer verließ. Er kam mit einem Wattestäbchen zurück und fragte den nervösen Zeugen, ob es ihm etwas ausmachen würde, uns eine Speichelprobe für eine DANN-Analyse zu geben.
    »Wozu brauchen Sie das?«
    »Reine Routine. Wir müssen sie mit den anderen Proben vergleichen, die

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