Im Schatten der Wandlung (German Edition)
auch tagsüber raus, ohne zu verbrennen.“
„Das ist doch toll. Warum wendet ihr sie nicht an?“
„Weil wir der Meinung sind, dass es so für die Menschen sicherer ist. Außerdem könnte ein Vampir, der die Formel anwendet, viel zu machtvoll werden.
Vor fünfhundert Jahren gab es da einen Vampir, Damian. Er hat sich ein Heer zusammengestellt und die Formel gestohlen. Nachdem sie alle im Sonnenlicht umher laufen konnten, sind sie tagsüber in das Haus der anderen Vampire gegangen und haben sie einen nach dem anderen dem Sonnenlicht ausgesetzt. Sie sind alle verbrannt. Zu der Zeit haben Damian und seine Leute viele Menschen umgebracht oder sie zu unseresgleichen verwandelt.“
Irrwitziger Weise lief im Hintergrund gerade ein Lied von Queen. `Who wants to live forever`. Wäre die Sache hier nicht so verdammt ernst, hätte ich angefangen zu lachen.
„Und wie ging es mit ihm weiter?“
„Er wurde immer grausamer, auch zu seinen Leuten. Schließlich schlossen sich einige von ihnen zusammen und haben ihn umgebracht.“
„Aber durch die Formel war er doch unsterblich, oder nicht?“
„Er konnte ins Sonnenlicht ohne zu verbrennen. Aber es gibt noch andere Wege um einen Vampir umzubringen.“
Ich wollte ihn schon fragen welche, traute mich aber nicht.
„Und jetzt will Evan die Formel?“
„Ich fürchte ja. Ich glaube, er hat irgendwas vor.“
„Aber wenn eure Familie die Formel hütet, warum kennt er sie dann nicht?“
„Die kennen nur meine Eltern und ich. Evan und Sheila hatten schon immer den Drang zur dunklen Seite. Meine Eltern hielten es für besser, sie außen vor zu lassen.“
„Und du verspürst den Drang zur dunklen Seite nicht?“
Er sah mir direkt in die Augen. „Nein. Kein bisschen. Wenn man zum Vampir wird, dann behält man die Charakterzüge, die man als Mensch hatte, bei. Und Evan und Sheila waren zu Lebzeiten schon irgendwie bösartig, Evan mehr als Sheila.“
Er erzählte das alles ohne die geringste Gefühlsregung preiszugeben.
„Und in wie weit hast du dich verändert als du zum Vampir wurdest?“
„Das Schlimmste ist die Sache mit der Ernährung. Blut. Und ich kann nur noch nachts nach draußen. Meine Körpertemperatur liegt weit unter der der Menschen. Ich habe jetzt Reißzähne. Und manchmal, so wie gestern, komm ich mir eher wie ein Tier, als wie ein Mensch vor. Und das Allerschlimmste ist die Sache mit der Unsterblichkeit.“
„Das sehen viele bestimmt anders, mit der Unsterblichkeit.“
„Ich nicht. Das heißt nur, dass es immer weiter geht. Ich lebe länger als ein Leben lang. Es hört nie auf.“
Bei ihm klang das furchtbar.
„Hat es auch gute Seiten?“
„Na ja, ich altere nicht mehr. Wobei ich das inzwischen eigentlich fast als Nachteil ansehe. Dann habe ich diese enormen Kräfte bekommen, fast so wie Superman. Hast du ja gestern zum Teil schon gesehen. Und dann hat jeder von uns noch individuelle Fähigkeiten.“
„Was sind das für Fähigkeiten?“
Er hob die Schultern einmal kurz an. „Die sind bei jedem anders. Manche können Gedanken lesen, einige können in die Zukunft schauen, wieder andere können sich in ein Tier verwandeln. Ist ganz unterschiedlich. Kommt auch auf das Alter an, also wie lange man schon ein Vampir ist.“
„Und was hast du für Fähigkeiten?“
„Ich kann spüren, was die Leute empfinden. Ob sie glücklich oder traurig sind, ob sie Hunger haben, ob ihnen kalt ist. Solche Sachen eben. Das ist nichts Besonderes, im Vergleich zu den anderen.“
„Also ich find das nicht schlecht. Hättest du gerne eine andere Fähigkeit?“
„Nein. Meine Eltern meinen, dass das auch der Grund dafür ist. Ich hab mich nie so richtig damit abgefunden ein Vampir zu sein. Ansonsten würde ich vielleicht noch andere Fähigkeiten entwickeln als diese. Man muss es auch wollen.“
„Wie lange bist du schon ein Vampir?“
„Seit hundertdreiundfünfzig Jahren.“
„Oh wow!“
„Das ist eigentlich nicht viel. Einige von uns leben seit zweitausend Jahren oder länger.“
„Das ist schwer vorstellbar.“
„Ich weiß.“
Es entstand ein längeres Schweigen. Eric starrte vor sich hin, als wäre er in der Vergangenheit gefangen. Nach einem kurzen Zögern fragte ich:
„Warum hast du mir nicht gesagt was du bist?“
Ich hörte ein kurzes, bitteres Lachen.
„Hättest du mir denn geglaubt?“
„Wahrscheinlich nicht.“
„Siehst du. Und wenn doch, dann hättest du mich bestimmt nicht mehr sehen wollen.“
Ich schaute zu Boden, um
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