Im Schatten des Mondlichts - das Erbe
Sorge um und wäre erst in einem Tag hier. Naomi würde sie nur in Gefahr bringen. Sie fühlte sich sogar erleichtert, dass wenigstens Leandra in Sicherheit war.
Naomi schlang die Arme um ihren Körper, um das stetige Zittern zu unterbinden. Wenn nur Romina hier wäre! Ihre Hilfe käme ihr sehr gelegen. Immerhin würde Karsten in einigen Stunden bei ihr sein. Tränen quollen aus ihren Augen, als ihr bewusst wurde, dass sie dadurch ihren besten Freund in Gefahr brachte. Wenn ihm etwas geschähe, dann wäre es ihre Schuld. Trotzdem stärkte sie der Gedanke, diese Sache nicht ganz alleine durchstehen zu müssen.
Mit dem Handrücken wischte sie sich die Tränen von der Wange. Gedankenverloren ging sie in Kais Zimmer, holte die Wolldecke aus der Wiege, roch daran und drückte sie an sich. Warum hatte Pilar sie verraten? Und warum hatte Iker nichts davon bemerkt?
Kais sauberer Babygeruch zwang sie in die Knie. Sie legte sich auf den Boden, rollte sich wie ein Kleinkind zusammen und ließ ihren Tränen freien Lauf. Sollte Sammy es wagen Kai, Roman oder Iker etwas anzutun, dann würde sie ihn finden und zur Strecke bringen. Und wenn es das Letzte wäre, was sie in diesem Leben tun würde.
Ein leises Klingeln riss sie aus ihrer Verzweiflung. Romans Handy klingelte. Wo hatte sie es nur gelassen? Naomi sprang auf die Beine, um nach dem Telefon zu suchen. Sie fand es auf ihrem Bett. Ohne sich mit Namen zu melden, nahm sie das Gespräch an.
»Schön, du bist also zu Hause.« Sie erkannte Sammys Stimme sofort. »Dann hast du bereits gesehen, dass deine beiden Schätzchen nicht daheim sind.«
»Wenn du es wagst, ihnen etwas anzutun, dann bringe ich dich um.« Naomi verspürte einen nie gekannten Hass.
»Das werden wir ja sehen. Heute Nacht auf der Lichtung. Du weißt schon welche ... die im Norden. Und wenn du nicht pünktlich kommst, wirst du deinen geliebten Roman tot vorfinden. Mein Sohn bleibt natürlich bei mir. Ein Junge braucht schließlich seinen Vater.« Sammy lachte. »Das wirst du sicherlich verstehen ... aber vielleicht lasse ich ja deinen Lover am Leben.«
»Ich werde dort sein«, sagte Naomi. Und ich werde dich töten, fügte sie im Geiste hinzu.
»Schön. Ich habe dich nämlich sehr vermisst.«
Anschließend war die Leitung tot. Sammy hatte aufgelegt.
Naomi griff nach der Nachttischlampe und pfefferte sie gegen die Wand. Der harte Lampenfuß riss einen Fetzen aus der vergipsten Wand über ihrem Bett, und die Lampe blieb mit verbogenem Gestell auf dem Boden liegen. Naomi beachtete sie nicht weiter, griff nach dem Telefon und wählte Karstens Nummer.
»Was gibt´s Neues?«, fragte er anstelle einer Begrüßung.
»Sammy hat Roman, Iker und Kai entführt. Er droht Roman zu töten, sollte ich heute Nacht nicht zur Lichtung gehen. Kai will er mitnehmen. Ich muss dort hin, auch wenn meine Chancen zu gewinnen schlecht stehen. Ich weiß nicht, ob Pilar oder sonst noch jemand dort sein wird. Aber es wird ein ungleicher Kampf werden.«
»Nicht, wenn ich mitkomme.« Karsten befand sich bereits am Flughafen, doch konnte er noch nicht sagen, wann er in Barcelona sein würde. »Ich stehe bei einem Flug auf der Warteliste. Sonst geht nur noch eine Maschine, und die wird nicht vor neun Uhr abends in Barcelona landen.«
»Du könntest sowieso nichts gegen Sammy ausrichten«, beruhigte ihn Naomi.
»Wäre ich doch gleich in einen Mietwagen gestiegen, als du mich angerufen hast, dann wäre ich rechtzeitig bei dir gewesen, um dir zu helfen.«
»Das sind über zehn Stunden Autofahrt.« Naomi schüttelte den Kopf. Der Gedanke, dass Karsten in überhöhter Geschwindigkeit über die Straßen bretterte, hätte ihr nur zusätzliche Sorgen bereitet. Was hast du zu Alice gesagt?«, fragte Naomi.
»Nur, dass du in Schwierigkeiten steckst und meine Hilfe brauchst. Ich konnte sie überzeugen, den gebuchten Flug morgen Mittag zu nehmen. Ich drängte sie dazu, das Museum, das wir heute besuchen wollten, alleine zu besichtigen. Erst wollte sie unbedingt mit mir kommen, und später war sie eingeschnappt, dass du nicht sie, sondern mich um Hilfe gebeten hast.«
Im Hintergrund hörte Naomi Lautsprecheransagen. »Hauptsache, sie bleibt dort, wo sie ist.« Sie legte eine Pause ein. »Karsten, versprich mir, dass du nicht zur Lichtung kommst. Geh erst nachsehen, wenn die Sonne aufgeht. Hörst du?«
Karsten antwortete nicht.
»Versprich es«, forderte Naomi.
»Ist gut.« Karstens Stimme klang merkwürdig. »Ist es die Lichtung vom
Weitere Kostenlose Bücher