Im Schatten des Mondlichts - Das Erwachen - Die Fährte - SOMMER-SONDEREDITION (German Edition)
dich gewacht. Im Gegensatz zu Sammy. Er ist dein Feind. Vertraue mir.«
Naomi überlegte, ob sie das konnte. Sammy war fort. Er hatte sie allein zurückgelassen. Die Pflanzenmischung fiel ihr ein. Das war das Letzte, woran sie sich erinnerte. »Aber Sammy ist mein Freund.« Naomi setzte sich auf.
Ein leises Fauchen antwortete ihr. »Sammy ist hinterhältig. Sei froh, dass er dich am Leben gelassen hat. Er spielt gerne Spielchen. Vermutlich hätte es ihn gelangweilt, dich jetzt schon zu töten.«
Warum sollte Sammy sie töten wollen? Das konnte nicht sein. Andererseits war er nicht hier. Er würde seine Gründe haben. Dessen war sie sich sicher. Konnte sie aber diesem Kai trauen? Immerhin hatte er ihr nichts getan. Sie musste es riskieren. »Sammy ist kein Mörder. Niemals.«
Kai stand auf. Er kam langsam auf sie zu. »Lass uns hier verschwinden. Auf der Lichtung sind wir sicher. Es wird bald hell, und ich habe dir viel zu erklären.«
Naomi erhob sich ebenfalls. »Sammy sagte, auf der Lichtung sei es gefährlich.« Während der ersten Schritte zum Ausgang der Höhle taumelte sie, bis sie in den Rhythmus des Kreuzgangs fiel und gleichmäßig beide Pfoten hob und wieder absetzte.
Kai fauchte auf und folgte ihr mit Abstand. »Sammy ist ein Lügner.«
Naomi sah sich um. Dichter Wald umfing sie. Kai streifte sie leicht, als er sich an ihr vorbeischob.
»Hier entlang.« Er machte einen Satz von fünf Metern und drehte sich zu ihr um. »Mach langsam. Üben können wir kommende Nacht. Gewöhne dich erst an deinen neuen Körper.«
Naomi kletterte mühsam über die Felsen, strauchelte mehrmals, bevor sie für das letzte Stück einen Sprung auf den Waldboden versuchte. Ihre Vorderläufe knickten ein. Hart schlug ihr Kinn auf eine Wurzel.
»Hatte ich dir nicht geraten, vorsichtig zu sein?«
Naomi zog die Stirn nach unten. Eine kleine Wulst über den Augen zeigte ihren Unmut. Schweigend folgte sie Kai. Sie ärgerte sich über ihre Unbeholfenheit. Im Schritttempo fiel ihr der Kreuzgang bereits leicht, und sie versuchte zu traben. Ohne zu wissen, was sie falsch machte, stolperte sie über die eigenen Pfoten und stürzte.
Kai drehte sich zu ihr um und knurrte. »Du wirst dir noch das Genick brechen.«
Naomi ließ ihren Kopf hängen und schlich hinter Kai her, bis sie die Lichtung erreichten. Der Nebel blieb hinter den Bäumen zurück. Naomi sah nach oben. Das Schwarz des Nachthimmels war purpurnem Blau gewichen. Neben der Ulme lag das zerrissene Abendkleid über einer Wurzel. Dieses Stück Stoff ließ sie begreifen, was tatsächlich mit ihr geschehen war. Es war kein Traum. Sie hatte sich in ein Wesen verwandelt, dessen Körper sie nicht kontrollieren konnte. Ihr Verstand ignorierte das Geschehene, obwohl die Erlebnisse dieser Nacht das Gegenteil bewiesen. Kai, der in seiner vollen Größe auf der Lichtung stand, machte ihr deutlich klar, dass es sich weder um eine Halluzination noch um einen Alptraum handelte. »Was sind wir?«
Kai drehte den Kopf zu ihr. »Später. Leg dich hin. Es wird Tag.« Kai rollte sich unter der Ulme zusammen. Naomi tat es ihm gleich. Sie suchte nach Erklärungen, bis sie keinen Gedanken mehr fassen konnte. Ihr Verstand funktionierte plötzlich nicht mehr. Sie war völlig leer.
Naomi öffnete die Augen. Sie fröstelte. Die Arme um sich geschlungen, sah sie sich um. Die Lichtung. Ein Fremder saß auf einer Wurzel und beobachtete sie aus den Augenwinkeln. »Ich bin Kai. Erinnerst du dich?«
Naomi nickte. Ihr war kalt. Kai kam auf sie zu, blickte aber auf einen Punkt hinter ihr. Er legte ihr einen Jogginganzug vor die Füße, bevor er sich von ihr wegdrehte. »Schuhe habe ich leider keine für dich. Ich kannte deine Größe nicht.«
Naomi stand auf. Der Wind strich über ihren nackten Körper. Ihr Gesicht glühte vor Scham. Hastig zog sie die Kleidungsstücke an.
»Man gewöhnt sich daran«, versuchte Kai sie zu beruhigen. Er ging einen Schritt auf sie zu. »Wie geht es dir?«
»Ich kenne dich. Du warst auf dem Aussichtsturm.« Naomi erkannte sein Gesicht und sein dunkles Haar.
Kai brummte zustimmend. »Auf der Lichtung, dem Campus, auf der Brücke. Ich war immer in deiner Nähe.« Er sah auf seine Schuhe. »Fast immer.«
Naomi trat von einem Bein auf das andere. Der feuchte Waldboden verwandelte ihre Füße in Eisklötze.
»Lass uns gehen.« Kai streckte ihr seine Hand entgegen.
Naomi zögerte. »Wohin?«
»Deine Fragen beantworten«, sagte Kai. Er ließ seine angebotene Hand
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