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Im Schatten des Palazzo Farnese

Im Schatten des Palazzo Farnese

Titel: Im Schatten des Palazzo Farnese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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Händen zu kriegen. Resigniert stopfte er sein Taschentuch in die Tasche und klopfte an der Zimmertür. Er störte Valence, der auf dem Bett lag, aber nicht schlief und offensichtlich auch nicht dachte. Er trug seinen Anzug und war barfuß, und Tiberius fand diesen Kontrast interessant, weil er ihn häufig an sich selbst erforscht hatte.
    »Hast du die Absicht, dich hier auf den Teppich zu setzen, um mich zu überwachen, während ich mich ausruhe?« fragte Valence und stand auf.
    »Nero war gerade sehr hellsichtig in bezug auf den Heiligen-Sieg-über-die-Begierden-des-Fleisches. Ich erzähle es Ihnen, dann gehe ich.«
    Valence legte sich wieder aufs Bett, verschränkte die Arme im Nacken und lauschte Tiberius’ Bericht.
    »Claudius findet die Überlegung lächerlich, ich aber finde sie fabelhaft«, sagte Tiberius am Ende.
    »Es stimmt, das ist gut gedacht.«
    »Nero denkt nicht.«
    »Aber ich kann mir nicht vorstellen, daß der Bischof das Risiko eingeht, solche Briefe zu verfassen. Da ist noch etwas anderes. Aber im Moment habe ich keine Idee.«
    »Seit heute morgen haben Sie keine Idee mehr. Mir ist das recht, aber macht Ihnen das nicht Sorgen?«
    Valence verzog das Gesicht.
    »Ich weiß es nicht, Tiberius.«
    »Was sehen Sie an der Zimmerdecke?«
    »Das Innere meines Kopfes.«
    »Wie ist es?«
    »Undurchsichtig. Ruggieri hat mich vorhin angerufen. Sie haben beim Heiligen-Gewissen ganz frische männliche Fingerabdrücke gefunden. Man weiß nicht, zu wem sie gehören, sie stammen aber vermutlich von dem Besucher. Bei der Durchsuchung der Wohnung ist nichts Besonderes gefunden worden, von ein paar verschämten Bekenntnissen abgesehen, in denen aber nichts Ernstes steht. Sollen wir Ruggieri von der Idee Ihres Freundes erzählen? Mit den Fingerabdrücken wäre es leicht zu überprüfen, ob er recht hat.«
    »Wir erzählen es ihm nicht. Vielleicht hat Monsignore zwingende Gründe, und es wäre heikel, sie den Bullen zu sagen, ohne zu wissen, worum es sich dreht.«
    »Also, warten wir. Morgen gehe ich zum Bischof. Und rühr dich bloß nicht.«
    »Wie weit sind Sie mit Laura?«
    »Ein bloßer Impuls würde mir genügen, sie auffliegen zu lassen.«
    »Dann halten Sie sich zurück, Monsieur Valence.«
    Valence blinzelte ihn an, und Tiberius schlug die Tür zu.

29
    Genau acht Tage waren seit seinem ersten morgendlichen Besuch im Vatikan vergangen. Valence ging die breite, ihm inzwischen vertraute Steintreppe hinauf und sah die Tür zu Vitellis Büro angelehnt. Von der Schwelle aus bemerkte er, daß der Bischof beunruhigt schien. Auf dem Tisch lag kein Buch, er arbeitete nicht.
    »Machen Sie schnell«, bat Vitelli müde. »Sagen Sie mir, warum Sie schon wieder hier sind, und lassen Sie mich dann allein.«
    Valence beobachtete ihn. Das Gesicht des Bischofs war sehr nachdenklich; diese Nachdenklichkeit absorbierte ihn völlig und wehrte jegliches von außen kommende Ansinnen ab. Er hatte sichtlich Mühe zu sprechen. Valence kannte diese Art Abgrund, er hatte ihn selbst schon erlebt und war jedesmal ein wenig benommen gewesen. Lorenzo Vitelli war in diesem Augenblick ein wenig benommen.
    »Ruggieri wird Ihnen von dem Einbruch berichtet haben, der gestern bei Maria Verdi stattgefunden hat. Er hat Ihnen den Besucher sicherlich beschrieben.«
    »Ja.«
    »Was mochte Maria Verdi wohl versteckt haben?«
    Vitelli hob die Arme und ließ sie auf den Schreibtisch fallen.
    »Frauen …«, sagte er nur.
    Valence wartete ein paar Sekunden.
    »Nero denkt, Sie seien derjenige, der Maria Verdis Wohnung durchwühlt hat.«
    »Interessieren Sie sich jetzt für Neros Schwadronieren?«
    »Manchmal.«
    »Warum ich?«
    »Der Ring an Ihrer rechten Hand, der Sie dazu gezwungen hat, die linke hinzustrecken.«
    »Und der Grund meines Besuchs?«
    »Da kann man alles mögliche vermuten.«
    »Machen Sie sich keine Mühe, ich kann mir sehr gut vorstellen, was Nero sich ausgedacht haben mag. Was hält Ruggieri von dieser merkwürdigen Rekonstruktion?«
    »Ruggieri weiß davon noch nichts. Dafür ist er aber im Besitz der Fingerabdrücke, die der Besucher hinterlassen hat.«
    »Ich verstehe die Situation«, sagte der Bischof langsam.
    Er erhob sich, schob die Hände in den Gürtel seiner Robe und ging im Zimmer auf und ab.
    »Ich habe große Schwierigkeiten, einen vertrauenswürdigen Ersatz für Maria Verdi zu finden«, sagte er. »Wir haben die Bibliothek vorübergehend schließen müssen, und die Benutzer werden bald ungeduldig. Ich frage mich, ob der

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