Im Schatten des Verrats (Hazel-Roman) (German Edition)
rasches Tempo angeschlagen hatte, waren sie bald vor Hazels Haus angekommen. "Haben Sie tausend Dank", sagte Hazel, als die Kutsche hielt, aufrichtig und kletterte hinaus.
"Eh, Hawthorne", rief Hayward, einen Ellbogen aus dem Fenster gelehnt, ihr halblaut hinterher.
Sie kam zurück zum Wagen. "Ja?"
"Ich bin nicht Ihr Kindermädchen!", brummte er ungehalten. "Aber ich gebe Ihnen den guten Rat, immer so viel Geld mitzunehmen, dass es im Notfall für eine Droschke nach Hause reicht. Und nehmen Sie nächstens verdammt noch mal Ihren Bruder mit!"
"Alles klar", sagte sie und ging die Stufen zum Eingang hinauf.
Sie hörte die Kutsche anfahren und davonzockeln, so dass sie nicht gleich bemerkte, dass Hayward abgesprungen und gar nicht mitgefahren war.
Er hatte sie eingeholt, noch bevor Hazel den Klingelzug in der Hand hatte.
"Viola!", rief er leise.
Erschrocken warf Hazel einen Blick die Straße auf und ab. "Was wollen Sie noch?"
Er blieb zwei Stufen unter ihr stehen und lehnte sich an das Geländer.
"Sie haben sich darüber beschwert, dass ich Sie mit dem Degen in der Hand einzuladen pflege. Zugegeben – das ist nicht die feine englische Art. Aber wenn ich Sie höflich einlade, kommen Sie ja nicht. Was soll ich also tun?"
"Sie könnten es unterlassen, mich überhaupt einzuladen", schlug sie vor.
"Hm – aber wenn ich Sie gar nicht einlade, ziehen Sie stattdessen mit Männern von zweifelhaftem Ruf durch die Gegend. Wenn Sie das weiterhin so exzessiv betreiben, könnte ich auf die Idee kommen, dass das eigentlich ziemlich beleidigend für mich ist."
Hazel warf ihm einen prüfenden Blick zu. Irgendwie hatte er sogar Recht: er war die meiste Zeit über ein vergleichsweise angenehmer Begleiter – falls man mal von den Momenten absah, in denen er dazu neigte, einem ungefragt das Hemd aufzuknöpfen.
"Sie wissen genau, warum ich Sie nicht mehr treffen will ...", sagte sie leise.
Er sah sie nachdenklich an. "Ich habe mich wohl ziemlich schlecht bei Ihnen eingeführt", erwiderte er.
Sie schwieg und starrte auf die Fugen der Steinquader unter ihren Füßen.
"Ich verspreche Ihnen, dass ich Sie nicht mehr anfasse."
"Schwören Sie’s!", verlangte sie.
Er hob die Hand. "Ich schwöre Ihnen, dass ich Sie nicht mehr anfasse", erklärte er feierlich, nur um im nächsten Moment zu stutzen und hinzuzufügen: "Außer natürlich, Sie hängen nur noch mit einer Hand an einem Felsen und müssen gerettet werden."
Hazel musste widerwillig lächeln. "Meine Hand dürfen Sie jederzeit anfassen", meinte sie.
"Oh, gut", befand er erfreut. "Das würde auch unseren gesellschaftlichen Umgang ungemein vereinfachen. Ich habe schon befürchtet, ich müsste mir den Arm bandagieren, um eine Ausrede zu haben, warum ich Ihnen zur Begrüßung nicht die Hand gebe. - Um also zum eigentlichen Thema zurückzukommen: Sie wollen nicht mit mir ausgehen, weil Sie wegen eines gewissen delikaten Vorfalls eine schlechte Meinung von mir haben. Aber wenn Sie alle meine Einladungen ausschlagen, haben Sie ja keine Gelegenheit, Ihre schlechte Meinung von mir zu revidieren."
Hazel nagte auf ihrer Unterlippe. Die Schiffspassage nach Holland ließ noch auf sich warten, sie würden noch einige Zeit in London bleiben müssen und da sie nicht riskieren konnte, dass er ihr Geheimnis verriet, war es wohl kaum angebracht, ihn völlig zu vergrätzen.
"Laden Sie mich als Junge ein", sagte sie schließlich. "Und nicht auf Bälle. Überhaupt auf keine Tanzveranstaltungen. Aber auch nicht auf zu kleine Gesellschaften. Nichts, wo ich im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehe. Wer mich als Viola gesehen hat, darf mich nicht auch noch als Matthew sehen. Und stellen Sie mich um Himmels Willen nicht Ihren Freunden vor!"
"Einverstanden", entgegnete er und fügte in ernsthaftem Tonfall hinzu: "Mal sehen: Was bleibt da noch übrig? Ein Skatabend mit Ihren drei Geschwistern bei Ihnen zu Hause? Ein Spaziergang auf einem unserer Balkons, die nach hinten raus gehen?"
Hazel lächelte mit gesenktem Blick. "Sie könnten mich zum Essen einladen", sagte sie betreten errötend, "und ich war noch nie mit einem Ruderboot draußen auf der Themse."
Überrascht blickte er sie an. "Heißt das, wir haben eine Verabredung?", erkundigte er sich, wohl erstaunt darüber, wie einfach es gewesen war, eine solche zu erreichen.
"Wir müssen aber Cecily mitnehmen", verlangte sie.
"Versteht sich von selbst", brummte er, "schließlich war ich so dämlich, Ihnen diesen Ratschlag zu geben. - Was halten
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