Im Schatten des Verrats (Hazel-Roman) (German Edition)
dass ich es auch meiner Mutter zeigen kann, und das andere für Sie."
Er grinste breit. "Einverstanden. Aber das Bild für mich wird zuerst gemalt."
Er nahm seine Weste auf und nestelte das Kettchen mit den Schlüsseln aus der Tasche. "Sie sind so ein gerissenes kleines Luder", flüsterte er ihr anerkennend (und durchaus nicht abgestoßen) ins Ohr. Er zog einen der Schlüssel von dem Schlüsselring ab und drückte ihn ihr in die Hand. "Hier ist der Schlüssel."
Als der Marquis wenige Minuten später den Übungsraum verließ, kam Mr. Woodworth vorbei. "Und – wie ist Ihr Duell mit Hayward gelaufen?", fragte er.
"Sieg nach Punkten", erwiderte der Marquis zufrieden.
Nach zwölf Minuten kam Hayward, den Kammerdiener im Schlepptau, die Treppe hinunter. Sein Kutscher wartete bereits vor dem Fechtclub – verflucht! – mit dem offenen Wagen. Hazel stieg hinter ihm ein. Der Kammerdiener kletterte nach vorne auf den Kutschbock. In Hazels Vorstellung waren Dienstboten, die alles mithören konnten, nicht vorgekommen. Also erkundigte sie sich: "Wie war das Training?" Hayward erzählte irgendetwas Belangloses. Als sie vor Hazels Haus angekommen waren, stieg er aus und sagte er zu seinem Kutscher: "Fahren Sie noch zweimal um den Block. Ich möchte Mr. Hawthorne noch die Brücke über den Themsekanal da drüben zeigen", und zu Hazel: "Fließendem Wasser zuzusehen hat eine beruhigende Wirkung auf das Gemüt."
"Wenn Sie’s brauchen ...", brummte Hazel und stieg aus dem Wagen.
Sie schlenderten zu der breiten Holzbrücke, die zwar keineswegs menschenleer, aber frei von herzoglichen Dienstboten war. Die beiden blieben an der höchsten Stelle des Brückenbogens stehen.
"Und?", erkundigte sich Hazel. "Wie war der gestrige Empfang zu Hause?"
Hayward grinste. "Meine Mutter hat mir tatsächlich die Hölle heiß gemacht. Was zum Teufel haben Sie angestellt? Sie war völlig aus dem Häuschen."
Ohne eine Antwort zu geben, lehnte sich Hazel über die Brüstung und spuckte in das Wasser hinunter. "Ihr Bruder wird Sie wahrscheinlich fragen, wer ich bin", sagte sie unvermittelt.
Hayward stützte sich mit beiden Ellbogen rücklings auf die Mauer und betrachtete die Leute, die vorbeigingen. "So so, mein Bruder", gab er sarkastisch zurück. "Und – was darf ich ihm sagen?"
Hazel zuckte die Achseln. "Was Sie wollen."
"Wie – etwa auch die ganze Wahrheit über Viola und Matthew?"
"Das weiß er schon."
Hayward warf ihr einen nachdenklichen Blick zu. Wenn er sich darüber wunderte, wann Hazel Zeit gehabt haben mochte, das seinem Bruder zu gestehen – und vor allem aus welchen Gründen sie es ihm verraten haben mochte - so sagte er jedenfalls nichts. "Mr. Hawthorne, ich werde heute nicht ganz schlau aus Ihnen", stellte er fest, "was bei genauerer Betrachtung allerdings nichts Ungewöhnliches ist."
Seine Kutsche hatte die erste Runde gedreht und tauchte in der Straße auf.
"Morgen ist doch der Tanzabend bei den Debenhams", meinte Hayward. "Sind Sie eingeladen?"
Hazel blickte weit über den Fluss. "Ja, Lady Elizabeth hat mich eingeladen. Oder um genauer zu sein: sie hat Viola und Matthew eingeladen."
Hayward grinste. "Ja, sie ist bei allem ziemlich gründlich", bemerkte er, musterte mit einem prüfenden Blick die schweren grauen Wolken und streckte die flache Hand aus. "Es fängt an zu regnen. Wir sehen uns dann also morgen?"
Hazel zögerte. "Viola ... kann morgen nicht kommen."
"Warum nicht?"
"Sie ist unpässlich."
Er runzelte die Stirn. "Das scheint mir in letzter Zeit häufiger der Fall zu sein."
"Ja", bestätigte Hazel mit fester Stimme. "Sie ist recht kränklich. Sie wird deshalb für einige Zeit zur Erholung an die See fahren – zu meiner Tante Gwendoline nach Bath."
"Und gehe ich Recht in der Annahme, dass ihr Bruder Jeremy sie begleiten wird?", erkundigte er sich spöttisch.
"Nein", sagte Hazel und wich seinem Blick aus, "die Familie ist darin überein gekommen, dass es am besten ist, wenn ich sie begleite."
Sein Lächeln erstarb. "Ich verstehe", sagte er. "Und ich hatte mich schon gewundert, warum Sie so zufällig im Club aufgetaucht sind."
Hazel malte mit der Fußspitze ein kleines Gittermuster in den Staub vor sich auf dem Boden.
Er schaute sie nachdenklich an. "Ihre Tante ist vermutlich unter anderem Namen verheiratet? Und falls ich zufällig nach Bath kommen sollte, hätte ich sicherlich Schwierigkeiten, eine Mrs. Gwendoline Hawthorne ausfindig zu machen?"
Hazel errötete. "Es macht sowieso keinen Sinn
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