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Im Schatten von Montmartre

Im Schatten von Montmartre

Titel: Im Schatten von Montmartre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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dich an Malo! Scheiße nochmal! Ich konnte ihm wirklich nicht
viel Neues erzählen, dem Ixe-Piraten!
    „Ja, das ist mein Klient“, sagte ich. „Doch Sie
haben recht: Es gibt ihn gar nicht.“
    „Wollen Sie damit sagen, daß es ein falscher
Name ist?“
    „Ja.“
    „Woher wissen Sie das?“
    Ich verspürte ein beinahe körperliches
Bedürfnis, mein Herz auszuschütten. Diese Kerle mußten Rauschgift in meinen
Tabak gemischt haben. Hätte mich nicht gewundert.
    „Ich weiß es nicht mit Sicherheit, aber ich
vermute es“, sagte ich. „Sie verstehen, jemand, der zu Ihnen kommt und Ihnen
fotografischen Schund unter die Nase hält mit dem Auftrag, seinen Ursprung
festzustellen, wird sich wohl kaum mit seinem richtigen Namen vorstellen.
Einfache Scham, mein lieber Watson! Und dann hat er mich bar bezahlt, nicht per
Scheck. Anonym. Dazu eine falsche Adresse, eigentlich nur ein Briefkasten. Nun,
ich weiß meinen Kopf zu gebrauchen, wenn’s sein muß.“
    „Daran zweifle ich nicht. Kennen Sie seinen
richtigen Namen?“
    „Nein.“
    „Haben Sie versucht, ihn herauszufinden?“
    „N... ein. Ist mir egal. Ich warte, bis er
wieder in meinem Büro auftaucht.“
    „Richtig so! Einfach warten. Wie sah er denn
aus, Ihr Raphanel?“
    „Angewidert sah er aus.“
    „Ich meine sein Aussehen.“
    „Oh, wie man so aussieht... Bürstenhaare,
Bürstenschnurrbart, Brille à la Marcel Achard. Entschuldigen Sie, aber
Personenbeschreibungen sind nicht meine Stärke.“
    „Macht nichts, macht gar nichts...“
    Er schwang seine Prälatenhand zu einer
salbungsvollen Geste. Sah beinahe so aus, als würde er mich segnen. Er stand
auf, schnappte sich den Ordner und verließ das Zimmer.
    „Bin gleich wieder da“, sagte er im Hinausgehen.
    Ich wandte mich meinem Bewacher zu.
    „Wie ‘ne Concierge“, bemerkte ich.
    „Was?“
    „Er ist gleich wieder da.“
    „Ach so... Sag mal, fühlst du dich nicht wohl?
Du siehst ganz komisch aus, schweißgebadet.“
    „Mach dir keine Sorgen“, beruhigte ich ihn. „Ich
bin topfit.“
    Aber er hatte recht: Ich schwitzte wie ein
Bulle. Beinchensteller lachte. Ich wischte meine Stirn ab, nahm all meine Kraft
zusammen und sagte:
    „Ihr habt euch sicher nicht gelangweilt, als ihr
euch die Fotos angeguckt habt, was? Ganz schön gepfeffert, vor allem das da.
Ein As, der Künstler, der das Foto geschossen hat. Schade, daß er tot ist...“
    „Ach, er ist tot?“
    „Ja. Ein gewisser Prunier. Hast du nichts von
dem Kameramann gehört, der ermordet worden ist?“
    Er sperrte Mund und Augen weit auf. Bevor er
jedoch etwas dazu sagen konnte, kam Ixe zurück, den Aktenordner unterm Arm und
Krummnase im Schlepptau. Letzterer brachte eine Flasche Kognak und Gläser, die
er auf den Schrank stellte. Sah aus, als wollten wir ein freudiges Ereignis
begießen.
    „Sag mal“, wandte sich Beinchensteller an seinen
Boß, „weißt du, was Burma mir gerade verklickert hat? Der Freier von Gisèle...
Na ja, der Kerl, der die Fotos gemacht hat, das soll der aus der Rue des
Mariniers gewesen sein, dieser Prunier, der umgelegt worden ist.“
    Ixe legte den Ordner auf den Tisch, stützte sich
wie ein Conférencier mit beiden Händen auf und zog die Augenbrauen hoch.
    „Im Ernst?“ fragte er, ehrlich überrascht.
„Prunier? Ist das wahr, Monsieur Burma?“
    „Muß wohl so sein. Prunier hat in der Branche
gearbeitet. Er wird ermordet, und kurz darauf kommt Raphanel zu mir und
beauftragt mich mit einer ähnlichen Angelegenheit. Ich hab nur zwei und zwei
zusammengezählt.“
    „Der Kerl von Gisèle!“ rief Beinchensteller
aufgeregt. „Die anderen haben ihn umgelegt, ganz sicher. Haben bei ihm bestimmt
‘n Haufen wahrer Schätze gefunden!“
    „Schnauze!“ schnauzte Schneewittchen. „Keine
Miesmacherei! Soll dieser Prunier sich doch umbringen lassen, von wem er will.
Kann uns egal sein, wir haben genug Vorsprung.“ Anscheinend wollte er nicht
mehr darüber reden.
    „Hier, Burma“, sagte er achselzuckend zu mir.
„Ist das Ihr Raphanel?“
    Er reichte mir ein Foto, das aus einem
Zeitungsartikel ausgeschnitten worden war.
    „Das ist er“, antwortete ich. „Er hatte die
Ehre, in der Presse zu erscheinen?“
    Erneutes Achselzucken.
    „Ich habe irgendeinen Kerl aus irgendeiner
Zeitung genommen und ihm Bürstenhaare, Schnurrbart und Brille verpaßt. Ihr
Raphanel kann jeder sein.“
    Das wollte er mir weismachen, aber ich ließ mich
so schnell nicht reinlegen. Er nahm mir das Zeitungsfoto aus der Hand.
    „Und

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