Im Schloss unserer Liebe
prüften.
Er konnte sich nicht sattsehen an den beiden. Langsam begann sich ein Knoten in seiner Kehle zu lösen, der ihn wohl schon lange gequält haben musste. Vielleicht schon seit dem Tod seines Vaters.
Irgendwann hob Kelly den Kopf und lächelte ihn an. „Das ist ja fantastisch.“
Rafael erwiderte ihr Lächeln. Er wusste, was den Zauber von Robo-Craft ausmachte. Dieses erhebende Erfolgsgefühl, aus einem unscheinbaren Stück Sperrholz etwas zu schaffen, was an einen Schulbus oder eine Rakete erinnerte. Diese Zufriedenheit, etwas ganz Eigenes vollbracht zu haben.
„Nun kann ich verstehen, warum es dich zurück nach Manhattan an deine Arbeit gezogen hat“, sagte sie leise.
„Onkel Rafael will jetzt hierbleiben.“ Matty war gerade dabei, eine Raketenspitze zu feilen. Obwohl er sich so sehr konzentrierte, dass die Zungenspitze zwischen seinen Lippen hervorlugte, wollte er das Gespräch von Mutter und Onkel nicht unkommentiert lassen. „Ich glaube, ihr wollt beide gerne hierbleiben.“
„Weil du hier bist“, sagte Kelly. „Deswegen wollen wir beide hierbleiben.“
Rafael schwieg. So einfach war es für ihn nicht.
Sie vertieften sich wieder in ihre Arbeit. Rafael riss sich von dem Anblick der beiden los und machte sich an die eigene Aufgabe.
„Mama, Crater sagt, dass du gut reiten kannst“, unterbrach Matty die Stille.
„Kann ich nicht mehr.“
„Er sagt, dass du mit Papa ausgeritten bist.“
„Das ist lange her. Ich habe es verlernt.“
„Ich könnte es dir wieder beibringen.“ Matty griff zu Schmirgelpapier, um die Raketenspitze zu glätten. „Crater hat mir erzählt, dass Papa auf Blaze geritten ist, und du auf Tamsin. Ihr seid in die Berge galoppiert und habt wie ein Prinz und eine Prinzessin ausgesehen. Crater hat euch nämlich gesehen.“ Er betrachtete die Raketenspitze und legte die Stirn in Falten. „Warum hast du das Reiten verlernt?“
„Was ist aus Tamsin geworden?“, wich Kelly aus.
„Papa hat sie verkauft. Und er war richtig böse, als ich ihn einmal nach ihr gefragt habe. Aber es gibt andere schöne Pferde im Stall. Für die Damen, mit denen Papa ausgeritten ist. Du könntest dir eins davon aussuchen.“
Kelly sah nicht von ihrem Schulbus auf. „Wenn ich auf einem Pferd sitze, werde ich unvernünftig“, sagte sie.
„Ich auch, Mama“, jubelte Matty. „Aber Papa hat gesagt, ich bin ein guter Reiter, weil ich wahrhaft fürstliche Hände habe.“ Er betrachtete seine mit Leim beklecksten Finger. „Was meint er damit?“
„Dass blaues Blut in deinen Adern fließt“, antwortete Rafael, um Kelly eine Erholungspause zu verschaffen. Sie sah ganz und gar nicht mehr entspannt aus, sondern machte den Eindruck, als wollte sie sich gleich wieder in ihre Dachstube zurückziehen.
„Blaues Blut? Das ist doch Quatsch“, protestierte Matty. „Gestern kam rotes Blut aus meinem Finger. Ich hatte mich geschnitten, und das Blut war rot.“
„Von der Verletzung hast du mir gar nichts erzählt, Matty.“ Musste eine gute Mutter so etwas nicht wissen?
„Ach, es war nicht schlimm“, wiegelte Matty ab. „Und warum reitest du nicht, Onkel Rafael?“
„Nur so. Ich reite einfach nicht.“
„Aber früher bist du geritten, sagt Crater.“
„Lass ihn nur reden“, meinte Rafael.
„Du bist mit deinem Papa geritten, sagt Crater. Aber dann ist dein Papa vom Pferd gefallen und hat sich sehr wehgetan. Hast du nun Angst vor Pferden?“
„Ich reite nicht, weil ich finde, dass edle Pferde nur etwas für Prinzen sind.“
„Aber du bist doch ein Prinz.“
„Ja, eine Art von Prinz. Aber eigentlich bin ich Spielzeugerfinder.“
„Crater sagt, du bist ein wichtiger Prinz. Wir könnten alle drei reiten. Du, Mama und ich. Mama, wir finden bestimmt ein anderes Pferd, das Tamsin heißt.“
„Ich möchte nicht, Matty“, sagte sie heftiger als beabsichtigt. „Und jetzt muss ich zurück in meine Dachstube. Die Arbeit wartet.“
„Aber dein Schulbus ist doch noch nicht fertig“, warf Rafael ein.
„Nein, und er wird auch nie fertig werden. Ich habe hier nichts zu suchen. Ich bin weder blaublütig, noch will ich edle Pferde reiten.“
7. KAPITEL
Viel später, nach dem Essen, an dem Kelly entschuldigt nicht teilnahm, nachdem seine Mutter zurück ins Witwenhaus gegangen war, Matty längst im Bett lag und auch die Angestellten sich zurückgezogen hatten, trieb es Rafael zu den Stallungen. Mattys Worte hatten Gefühle in ihm geweckt, die er längst begraben wähnte.
Rafael hatte
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