Im Sommer der Sturme
Stärkere bin?«
»Wir sind vielleicht ein Paar.« Sie lachte leise, was augenblicklich einen Hustenanfall nach sich zog, den sie vergeblich zu unterdrücken suchte. Als es vorbei war, war sie völlig erschöpft. »Ich fürchte, es dauert noch ein wenig, bis es mir wieder besser geht.«
»Das ist nicht wahr. Du hast dich schon gebessert. Und von heute an pflegen wir uns gegenseitig, bis wir wieder stark sind.«
Frederic führte den Löffel an ihre Lippen, doch die Brühe war inzwischen kalt geworden. Joseph musste das Tablett in die Küche bringen, um Brühe und Kaffee noch einmal aufzuwärmen. In der Zwischenzeit ermunterte Frederic seine Frau, die frische Luft auf der Veranda zu genießen, und ließ ihren Sessel in die warme Morgensonne rücken. Dort trafen die Kinder ihre Mutter, als sie zu Besuch kamen.
»Mademoiselle hat recht behalten«, rief Jeannette und lachte. »Es gibt wirklich Wunder! Heute Abend müssen wir uns bei Jesus und Maria bedanken. Aber vor allem bei St. Jude.«
Lächelnd sah Frederic seine Töchter an und freute sich an ihrem Glück. Dann fiel sein Blick auf Pierre, der still neben seiner Mutter saß und sich über das Haar streicheln ließ. Heute ohne Geschrei und ohne Protest. Ja, der Junge schien die Frau sogar zu erkennen, die sich über ihn beugte und ihn aufs Haar küsste. Frederic hatte ebenfalls Grund genug, um Gott für alles danken.
Als man Colettes Tablett brachte, erinnerte Charmaine ihre Schutzbefohlenen an den Unterricht. »Kommt jetzt, Kinder, wir müssen lernen. Außerdem ist es wichtig, dass eure Mutter in Ruhe isst und sich dann ausruhen und erholen kann.«
»Ihr könnt ja morgen wiederkommen«, fügte ihr Vater noch ermunternd hinzu.
Gehorsam gaben die Kinder ihrer Mutter einen Kuss zum Abschied und liefen dann glücklich über die Veranda zurück ins Kinderzimmer. Dieses Mal war die Brühe heiß, und der Kaffee duftete himmlisch.
»Sehr gut«, flüsterte Frederic, als Colette die letzten Tropfen schlürfte und sich wunderte, wie viel sie gegessen hatte. »Jetzt wird es Zeit, dass du ins Bett kommst und ein Nickerchen hältst. Ich werde Rose bitten, bei dir zu wachen, und ruhe mich ebenfalls ein bisschen aus.« Als er sah, wie sich ihre Augen weiteten, fügte er hinzu: »In spätestens einer halben Stunde bin ich wieder da. Agatha und Robert werden dich heute nicht drangsalieren, weil ich es ihnen ausdrücklich verboten habe.«
»Ich danke dir.«
Sanft zog er sie aus dem Sessel hoch und in seine Arme. Ihr Körper fühlte sich weich und anschmiegsam an und weckte zarte Gefühle. Zum ersten Mal seit Jahren küsste er sie, wie ein Mann seine Frau küsst, und die sachte Um armung erblühte zu ungeahnter Leidenschaft, als seine Lippen die ihren öffneten.
Sie klammerte sich an ihn, weil ihr vor Aufregung schwindelte, wegen seines Geruchs, seiner Berührungen und seines ganzen Seins. Langsam wanderten seine Lippen über ihre Wange und weiter bis zu ihrem Hals, wo er das Gesicht in ihrem Haar vergrub und dicht an ihrem Ohr Zärtlichkeiten flüsterte.
»Ich liebe dich, Colette. Ich habe dich immer geliebt.«
Sie dachte an das letzte Mal, als sie die Worte gehört hatte, und vergrub vor Freude wimmernd ihr Gesicht in seinem Hemd.
Im Bett dachte sie an den Brief, den sie geschrieben hatte, und überlegte, ob sie das Richtige getan hatte. Aber eine Stimme in ihrem Inneren bestätigte, dass sie recht getan hatte. Erleichtert schloss sie die Augen und sank in friedvollen Schlaf.
Frederic hatte sich kaum angezogen, als wie wild an der Tür seines Ankleidezimmers geklopft wurde. Travis öffnete. Draußen stand Gladys mit aschfahlem Gesicht. »Schnell – Miss Colette geht es wieder schlecht!«
Frederic war überaus dankbar, dass Robert Blackford im Haus geblieben war, und ließ ihn augenblicklich rufen. Gleichzeitig verfluchte er sich dafür, dass er den Rat des Arztes missachtet hatte. Das Fieber war wieder aufgeflammt, und Colette musste sich unter Krämpfen erbrechen. Was war geschehen? Frederic wusste es: das Bad, die Brühe auf leeren Magen und der Ausflug auf die Veranda.
Dr. Blackford versuchte, Colette einen Löffel seiner Medizin einzuflößen, doch sie gab das Elixier sofort wieder von sich und krümmte sich vor Schmerzen. Beklommen schüttelte der Arzt den Kopf und musterte Frederic voller Verachtung. Und dieser war froh, dass er Roberts »Ich habe Sie ja gewarnt« nicht hören musste.
Rose nahm erneut ihren Platz am Kopfende ein und kühlte Colettes glühende
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