Im Sommer der Sturme
zu bleiben. Und was Charmaine angeht: Wie hätte sie ein solches Unwetter vorhersehen können? Nein, hier ist niemandem ein Vorwurf zu machen. Ich überlege nur, ob wir wirklich nicht mehr tun können. Colette ist eine junge Frau mit drei Kindern, die am Boden zerstört wären, sollte sie …« Er mochte den Gedanken gar nicht zu Ende denken.
Mit beleidigter Miene verließ auch Agatha den Raum.
Paul sah Rose an. »Ich habe sehr viel mehr Zutrauen in Ihre bewährten Hausmittel als in alle Medizin, die Robert Blackford ihr verabreicht. Wenn Sie bereit sind, die Nacht über an Colettes Bett zu wachen, werde ich ihm verbieten, auch nur einen Fuß in ihr Zimmer zu setzen – außer man ruft ihn.«
»Ob ich helfen kann, weiß ich zwar nicht, aber ich wäre natürlich froh, wenn ich bei ihr wachen dürfte«, sagte Rose und erhob sich.
Paul nickte und sah ihr nach.
Wehmütig ruhte Charmaines Blick auf ihm. Sie hatte so sehr auf seine Rückkehr gewartet, aber natürlich hatte niemand geahnt, welche Situation er anträfe. »Ohne Sie war es hier einfach schrecklich.«
Trotz aller Sorgen lächelte er. »Also haben Sie mich vermisst?«
»Ich habe das Gefühl, als ob mit Ihrer Abreise das Elend über Colette hereingebrochen wäre.«
»Aber damals war sie doch noch nicht krank, oder?«
»Aber auch nicht wirklich gesund«, erwiderte sie. »Von Weihnachten an ging es mit ihrer Gesundheit ständig bergab. Zu Anfang kam Dr. Blackford zweimal in der Woche, doch von da an besuchte er Colette jeden zweiten Tag. Manchmal ging es ihr besser, und alle schöpften Hoffnung, aber dann erlitt sie doch wieder einen Rückfall. Schließlich zog sie sich diese ›Lungenentzündung‹ zu. Von da an kam Dr. Blackford fast täglich. Es war eine entsetzliche Quälerei – nicht zuletzt auch für die Kinder.«
»Wenigstens haben die Kinder Sie. Colette ist eine kluge Frau. Sie hatte damals genau den richtigen Blick.«
Verlegen senkte Charmaine die Augen, doch Paul sprach einfach weiter. »Sie dürfen sich keine Vorwürfe machen. Colette war schon längere Zeit geschwächt. Sie hätte Pierre niemals bekommen dürfen …«
Seine Worte blieben in der Luft hängen, während er ins Leere starrte …
»Ich muss nach den Kindern sehen«, sagte Charmaine. »Sie schlafen heute Nacht sicher sehr unruhig.«
Ihre Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. »Genau, und ich knöpfe mir Robert vor. Zumindest heute Nacht muss er Colette mit seiner Medizin verschonen.«
Frederic betupfte Colettes Stirn mit einem feuchten Tuch.
Ihre Lider flatterten. »Du musst nicht hierbleiben …«
»Ich möchte es aber«, fiel er ihr ins Wort. »Schließ die Augen, Colette, und ruh dich aus.«
Aber sie hielt den Blick auf ihn gerichtet. Als er sich zu der Waschschüssel umdrehte, bebten ihre trockenen Lippen. »Bitte … versprich mir, dass du Charmaine nicht wegschickst, wenn ich …«
Frederic fuhr herum, und sein tadelnder Blick erstickte die schrecklichen Worte.
»Bitte, Frederic … versprich es mir«, fuhr sie stattdessen fort.
»Wenn du die Augen schließt, verspreche ich dir alles. Charmaine war und ist in diesem Haus stets willkommen. Um sie musst du dir keine Sorgen machen.«
Beruhigt schloss Colette die Augen.
Mit großer Mühe zerrte Frederic den schweren Lehnstuhl ans Kopfende des Betts. Dort saß er lange, wechselte hin und wieder die Kompressen, sobald sie zu warm wurden, und dankte Gott für jeden Augenblick der Ungestörtheit.
Nach langer Zeit wich die Hitze allmählich, und als Frederic glaubte, dass Colette eingeschlafen sei, riss sie plötzlich die Augen auf und zitterte am ganzen Leib. Frederic war ratlos. In seiner Hilflosigkeit stand er auf, ging um das Bett herum und legte sich auf die Matratze. Dann zog er Colette in seine Arme und steckte die Decke rund um ihren Körper fest. Kurz darauf ließ das Zittern nach. Ihr rechter Arm ruhte auf seiner Brust, und irgendwann fühlte er, wie sich der andere um seinen Körper schlang. Er rutschte näher und zog sie noch enger an sich. Während er ihr übers Haar strich, atmete sie zusehends leichter und ruhiger, und er spürte, dass sie endlich einschlief.
Während die Minuten verrannen, dachte er an all das zurück, was sie von Beginn an gemeinsam erlebt und was sie an genau diesen Punkt in ihrem Leben geführt hatte. Die Hitze, die von ihren Wangen, ihren Brüsten, ihrem Bauch und ihren Beinen ausstrahlte, wärmte ihn durch die Kleidung hindurch und erfüllte seinen Körper mit einem Gefühl der
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