Im Sommer der Sturme
ausdrücklich vor übereilter Freude warnen«, bemerkte Robert. »Wir haben immer wieder Besserungen erlebt, doch unsere Hoffnungen wurden regelmäßig enttäuscht.«
Paul merkte, dass die Kinder aufmerksam lauschten. »Diesmal wird sie sich vollkommen erholen, Robert«, erklärte er beinahe drohend.
Doch der Arzt schnaubte nur. »Was ist für heute Morgen vorgesehen?«
»Als ich ging, bereiteten Gladys und Millie gerade das Bad vor, und Fatima kümmert sich um ein leichtes Essen.«
» Ein Bad? Sind Sie verrückt geworden? Selbst wenn das Fieber gesunken ist, könnte Colette sich erneut erkälten und schlimmer erkranken als je zuvor.«
Paul zuckte die Schultern. »Sie möchte aber baden.«
Robert rieb seine Stirn. Dann warf er seiner Schwester einen flehentlichen Blick zu, weil ihn niemand unterstützte. »Und das Essen? Hoffentlich eine Suppe oder eine Brühe?«
»Genau das, denke ich, aber diese Frage kann Fatima sicher besser beantworten.«
Die Köchin eilte geschäftig hin und her und bereitete gleichzeitig zwei Tabletts vor. Wenn ihre Herrin Hunger hatte, galt dasselbe auch für ihren Herrn, wie sie Rose erläuterte.
Rose konnte dem nur zustimmen und legte Servietten und Besteck auf das Tablett. »Es geht ihr sehr viel besser, Robert«, sagte sie, als der Arzt und seine Schwester in die Küche kamen. »Sie will sogar etwas essen.«
»Das habe ich gehört.« Dr. Blackford verfolgte, wie die Brühe in die Tasse geschöpft, der Toast gebuttert und der Kaffee eingeschenkt wurde. »Ich nehme es«, sagte er und griff nach Colettes Tablett. Fatima nickte und wollte nach Felicia oder Anna läuten. »Das ist nicht nötig. Agatha begleitet mich. Sie kann Frederics Tablett tragen.«
Fatima hielt die Tür auf, damit Bruder und Schwester unbeschadet hinausgelangten.
Frederic aß fast alles auf, was ihm vorgesetzt wurde, doch Colettes Essen musste noch ein wenig warten. Seine Frau befände sich noch in der Wanne, erklärte er Robert und Agatha. Anschließend wolle er dafür sorgen, dass sie etwas aß. Später wolle Colette dann ungestört ausruhen.
Agatha eilte ungehalten zur Tür, und Robert warnte Frederic noch einmal eindringlich, den Leichtsinn nicht noch zu unterstützen. »Ihre Konstitution ist überaus empfindlich, Frederic. Wir wissen beide, dass sie auch früher schon Rückfälle erlitten hat. Ein Bad in diesem Zustand ist nicht zu verantworten. Sie werden noch an mich denken: Noch bevor es Abend wird, wird das Fieber wiederkehren. Wenn Sie klug sind, bestehen Sie darauf, dass sie ein wenig isst und sich dann ausruht.«
Frederic nickte nur, sagte aber nichts.
»Ich bleibe auf jeden Fall im Haus, falls ich gebraucht werde«, fügte Blackford noch hinzu.
Gladys und Millie stützten Colette, als sie aus dem Wasser stieg und die wenigen Schritte bis zum Lehnsessel ging, wo die beiden ihr beim Ankleiden behilflich waren. Obwohl sie zitterte, war sie froh, endlich von Kopf bis Fuß sauber zu sein.
Millie löste und bürstete die verklebten Haarsträhnen. »Das Fieber hat Ihrem Haar übel mitgespielt, Miss Colette«, sagte die Kleine – und fing sich einen tadelnden Blick und ein Kopfschütteln ihrer Mutter ein. Unter allen Umständen wollte Gladys verhindern, dass Colette nach einem Spiegel verlangte, um ihr elendes Aussehen zu betrachten. Im Moment waren aufmunternde Worte sehr viel wichtiger.
Sie hatten gerade das Bett frisch bezogen, als Frederic wieder hereinkam. Millie sah nervös zu Boden, aber Gladys knickste und lächelte. »Ich werde Joseph heraufschicken, um die Wanne zu holen, Sir.« Damit schob sie ihre Tochter aus dem Zimmer. »Brauchen Sie sonst noch etwas, Sir?«
»Würden Sie uns bitte das Tablett hereinbringen?«
Gladys gehorchte und entfernte sich dann rasch.
Mit liebendem Blick sah Frederic seine Frau an. »Fatima hat dir etwas zu essen hergerichtet. Denkst du, dass du ein wenig Brühe verträgst?«
Lächelnd nickte sie. Ihre Züge wirkten angestrengt, doch heute nahm Frederic zum ersten Mal wieder das Leuchten wahr, das er so lange Jahre vermisst hatte. In seinen Augen war Colette wunderschön.
Sie biss ein winziges Stückchen Toast ab und kaute mit großer Mühe. Doch als sie nach dem Löffel greifen wollte, gehorchten ihre Finger nicht. »Meine Hände fühlen sich taub an.«
Frederic zog seinen Sessel näher ans Bett und nahm ihr den Löffel aus der Hand. »Ich hätte nie gedacht, dass ich das noch erleben würde«, scherzte er. »Oder lässt du mich nur glauben, dass ich der
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