Im Sturm der Gefuehle
erschrockener als der erste. »Ach, Sir, nicht! Lassen Sie mich los!«
Trotz der Dunkelheit erfasste Sophy die Szene mit einem Blick. Zwei Gestalten saßen auf einer rustikalen Bank in der Mitte des Pavillons. Das Mädchen, das eben aufgeschrien hatte, war nicht älter als fünfzehn. Mit zerrissenem Kleid, eine schmale Schulter entblößt, setzte es sich verzweifelt gegen die Umarmung eines Mannes zur Wehr - eines Mannes, der viel größer als die kleine, zarte Gestalt war, die vergeblich versuchte, sich zu befreien.
»Sie Ungeheuer! Lassen Sie sie sofort los!«, stieß Sophy hervor, zum Kampf bereit.
Ives, der sie eingeholt hatte, legte die Hände auf ihre Schultern und murmelte: »Lady Marlowe, das übernehme doch wohl lieber ich.«
Sophy warf ihm einen ungehaltenen Blick zu. »Ach, wirklich? Hatten Sie nicht genau das mit mir vor?«
Ives lächelte träge. »Das bezweifle ich. Hätte ich Sie zu verführen versucht, meine Liebe, wäre ich auf weitaus mehr Einverständnis gestoßen als dieser plumpe Kerl.«
Ein Aufschrei des Gentleman im Pavillon hinderte Sophy daran, sich weiter zu äußern. »Plump!«, brüllte er und ließ das entsetzte Mädchen los, um aufzuspringen. »Zum Teufel - wer sind Sie, dass Sie so von mir zu sprechen wagen? Und wer, wenn ich fragen darf, dass Sie sich in anderer Leute Angelegenheiten mischen? Ich hätte gute Lust, Sie niederzustoßen.« Er trat einen unsicheren Schritt vor und sah Ives und Sophy an. Als sein Blick an Sophy hängen blieb, wurde er noch zorniger. »Verdammt noch mal! Ich hätte mir denken können, dass du es bist, Sophy Du verstehst es wirklich, einem jedes Vergnügen zu verderben.«
Ohne den betrunkenen Gentleman und das erschrockene Mädchen weiter zu beachten, sah Ives Sophy spöttisch an. »Sie kennen diesen ... hm, Gentleman?«
Sophy schürzte die Lippen. Mit einem schneidenden Blick, der dem Gentleman im Pavillon galt, sagte sie grimmig: »Lord Harrington, Sie gestatten, dass ich sie mit meinem lieben Onkel Edward, Baron Scoville, bekannt mache. Da Sie beide dieselben abstoßenden Neigungen zu haben scheinen, werden Sie zweifellos rasch Freunde werden.«
4
Ives sah Edward, der dastand und sie hasserfüllt musterte, nachdenklich an. Im Hintergrund schluchzte leise das Mädchen, das im Moment vergessen war. Baron Scoville war wie immer elegant gekleidet. Seine kunstvoll gebundene Krawatte schimmerte weiß in der Dunkelheit, sein dunkelblauer Rock saß wie angegossen. Trotz der Anzeichen von Lasterhaftigkeit und Genusssucht, die Züge und Figur erschlaffen ließen, war er ein gut aussehender Mann. Ives konnte eine entfernte Ähnlichkeit mit Sophy entdecken: der schlanke Wuchs, das Gold in Haar und Augen. Aber damit endete die Ähnlichkeit.
Da die Beleuchtung so schlecht war, konnte er ihn nicht richtig sehen, Ives hatte aber schon genug mitbekommen, um genau zu wissen, welche Sorte Mann vor ihm stand. Lord Scoville gehörte offenbar zu jenem Typ lasterhafter Lebemänner, mit dem anständige Leute nicht verkehrten. Und er sollte der Onkel dieses Schmetterlings sein?
Ives rieb sein Kinn und blickte auf Sophy hinunter. »Ihr Onkel, sagen Sie?« Auf Sophys knappes Nicken hin setzte er beiläufig hinzu: »Ein Jammer.«
Merkwürdigerweise brachte diese Bemerkung sie zum Lachen, dies und die beleidigte Miene ihres Onkels. Ihre Belustigung bezwingend und beide Männer ignorierend, ging Sophy um ihren Onkel herum und setzte sich auf die Bank neben das Mädchen. »Weine nicht«, sagte sie leise. »Jetzt kann er dir nichts mehr tun. Komm mit mir, und ich werde dafür sorgen, dass man dich wohlbehalten nach Hause bringt.«
»Hör zu, Sophy«, brauste ihr Onkel auf, »das ist nicht deine Sache.«
»Das stimmt nicht«, sagte Ives gelassen. »Die Rettung Unschuldiger aus der Gewalt skrupelloser Schufte ist jedermanns Sache.«
Sophy starrte ihn erstaunt an. Lord Harrington stellte sich in dieser hässlichen Situation auf ihre Seite?
»Bei Gott!«, protestierte Edward. »Niemand wagt es, mich Schuft zu nennen!«
»Vielleicht sagt Ihnen das keiner ins Gesicht«, gab Ives kühl zurück. »Aber wenn ich diese unschöne kleine Szene richtig deute, kann nur ein Schuft versuchen, seine Aufmerksamkeit einem so blutjungen weiblichen Wesen aufzudrängen. Und nur ein doppelter Schuft würde sich einem weiblichen Wesen jeden Alters hartnäckig weiter aufdrängen, nachdem ihm zu verstehen gegeben wurde, dass seine Annäherungsversuche unerwünscht sind.«
Edwards Gesicht wurde
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