Im Sturm der Gefuehle
schon gehen wollten, änderte sich die Stimmung jäh. Während sie über einen Witz lachte, erblickte Sophy zufällig eine Gruppe von Männern, die zu einem späten Dinner eintrafen. Sie erkannte ihren Onkel unter ihnen und runzelte die Stirn. Was mochte er hier wollen?
Edward war mit Leuten unterwegs, die sie größtenteils kannte: mit Lord Grimshaw, Henry Dewhurst, Etienne Marquette, Sir Alfred Caldwell, Lord Coleman und einigen anderen Militärs sowie Edwards bevorzugtem Kumpan, Sir Arthur Bellingham. Sie war ein wenig erstaunt, Edward zu sehen, da hier nicht die Leute verkehrten, die ihr Onkel amüsant fand. Dieses Restaurant war auf seine Art nobel und exklusiv, Eigenschaften, die man mit Baron Scoville nicht in Zusammenhang brachte.
Auch Ives bemerkte das Eintreten der Gruppe, und sein Blick wurde scharf. Rasch musterte er Bellingham und Dewhurst, die hinter Edward gingen, um dann Grimshaw und die anderen Verdächtigen auf seiner Liste ins Auge zu fassen. Für ihn war es nicht überraschend, sie hier zu sehen, da es nur logisch war, dass der Fuchs, falls denn einer der drei auf seiner Liste Le Renard war, viele Kontakte und Freunde unter Armeeoffizieren und Mitgliedern der Horse Guards haben musste. Wie sonst hätte er Informationen für die Franzosen beschaffen sollen?
Als er die Verdächtigen mit einer Gruppe von Männern sah, von denen er wusste, dass sie Armeeoffiziere waren, wurde Ives klar, wie schwierig die vor ihm liegende Aufgabe war. In den vergangenen Tagen hatten seine eigenen Leute nichts Auffallendes über die drei auf der Liste herausgefunden - von ihrer schockierend freizügigen Lebensweise abgesehen -, sodass jeder der Fuchs sein konnte. Oder auch nicht.
Als Henry Dewhurst Sophy mit Ives und den Offingtons sah, kam er sofort an ihren Tisch und verbeugte sich lächelnd, um ein paar verbindliche Worte zu sagen. Seine offenkundige Bewunderung für Sophy empfand Ives als sehr störend. Natürlich kamen die anderen Gentlemen nach und ließen sich vorstellen.
Ives bemerkte sofort die Spannung zwischen Sophy und ihrem Onkel, doch war es der schon angeheiterte Sir Arthur Bellingham, der herausplatzte: »Sophy, ich muss schon sagen, haben Sie Edward heute wirklich mit dem Tod bedroht? Ich dachte, er hätte einen sitzen, als er es mir erzählte. Immerhin sind Sie seine Nichte. Sie würden doch Ihren eigenen Onkel nicht töten, oder?«
Sophy erstarrte. Typisch Edward ... herumzulaufen und hinauszuposaunen, was in einer ganz privaten Unterredung zur Sprache gekommen war, zeigte seinen völligen Mangel an Geschmack und Takt. Verlegen, weil sie plötzlich Ziel aller Blicke war, versuchte Sophy, die Situation zu bagatellisieren.
»Sie kennen meinen Onkel, Sir Arthur«, sagte sie gedämpft. »Übertreibungen sind Teil seiner Persönlichkeit.«
»Übertreibungen!«, rief Edward aus, der nicht nüchterner war als Sir Arthur. Alle hatten offensichtlich den ganzen Abend eifrig dem Alkohol zugesprochen, wenngleich keiner richtig betrunken war. »Beim Himmel! Willst du leugnen, dass du erst heute Nachmittag laut und deutlich erklärtest, du würdest mich eher umbringen als zuzulassen, dass ich meinen Pflichten als Phoebes Vormund nachkomme?«
»Mag sein, dass ich mich von meiner Laune hinreißen ließ und vorschnell sprach«, sagte Sophy gepresst. Ihre Augen sprühten Funken.
Edward lächelte höhnisch, wohl wissend, wie unangenehm ihr die Szene war. »Du würdest mich also nicht töten, wenn ich Phoebe in meine Obhut nähme? Hast du deine Meinung über meinen Charakter geändert?«
Angesichts dieser Provokation konnte Sophy sich nicht beherrschen. »Ich werde meine Meinung über deinen Charakter oder deine Moral nie ändern«, stieß sie hervor. »Du bist ein abscheulicher Lüstling, der an der Erziehung eines unschuldigen jungen Mädchens keinen Anteil haben sollte!«
»Ha!«, rief Edward befriedigt aus. »Du magst von mir halten, was du willst, Mädchen, aber ich bin nun mal Phoebes Vormund und kann mit ihr machen, was ich will.« Mit boshaftem Blick murmelte er: »Ich glaube, ich suche morgen meinen Anwalt auf, damit er mir hilft, meine Rechte auf die Kleine geltend zu machen. Mach dich darauf gefasst, mir Phoebe zu übergeben.«
»Eher töte ich dich!«, fauchte nun Sophy und reagierte wie erwartet auf Edwards Sticheleien.
Edward sah Bellingham an. »Sagte ich es nicht?« Seine Worte verrieten Genugtuung.
Es war ein unangenehmes Ende des Abends, und Sophy war wütend auf sich, weil sie zugelassen
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