Im Sturm der Gefuehle
meine Liebe. Es bedarf eines abgebrühten Verbrechers, um in ein bewohntes Haus einzubrechen. Und anstatt das Erdgeschoss rasch und still zu durchstöbern und sich mit der Beute davonzumachen, rafft er nur ein paar Sachen zusammen und schleicht dann die Treppe hinauf, dorthin, wo die Familie schläft, wie jeder erfahrene Dieb weiß, und vergeudet viel Zeit, indem er hier dieses Durcheinander schafft.« Ives furchte die Stirn. »Nein, das war kein gewöhnlicher Einbrecher. Ich möchte wetten, dass er etwas Spezielles suchte, etwas, das er in deinem Zimmer vermutete.« Er sah Sophy an. »Etwas, von dem er glaubte, dass du es gut versteckt hättest, wie der Zustand dieses Raumes verrät.«
Sophy erwiderte verständnislos seinen Blick. »Aber was?«, rief sie aufgeregt. »Ich habe nichts zu verstecken.«
Ives' Stirnfalten wurden tiefer. »Er suchte etwas ... etwas, das er nicht fand.« Wieder sah er Sophy an. »Hast du in letzter Zeit etwas Seltenes oder Ungewöhnliches gekauft? Es ist offenkundig, dass er auf etwas Besonderes aus war.«
Nun war es an Sophy, die Stirn zu runzeln. »Nicht dass ich wüsste. Gewiss, wir haben in London einiges gekauft... meist Kleidung oder modische Kleinigkeiten. Marcus kaufte auch Pferde, und wir leisteten uns einen neuen Wagen, lauter Dinge, die keinen Dieb reizen können. Zumindest keinen, der die Dreistigkeit besitzt, ins Haus einzubrechen, während alles schläft!«
Ives seufzte. »Ich gebe dir Recht. Im Moment müssen wir davon ausgehen, dass es sich um einen jener merkwürdigen Zufälle handelt, die keine rationale Erklärung finden. Ich verständige jetzt die Bow Street.«
Ives hatte aber etwas gegen merkwürdige Zufälle, und sein Instinkt sagte ihm, dass es mit diesem verdammt eigenartigen Einbruch etwas auf sich hatte. Zu Sophy sagte er davon nichts, und nachdem er den Einbruch gemeldet hatte, verbrachte er die nächsten Stunden damit, den Umzug seines Personals und seiner Habseligkeiten ins Haus am Berkeley Square zu beaufsichtigen.
Während ein Teil seiner Gedanken dem Banalen und Praktischen galt, war der Rest mit den Einzelheiten des Einbruchs, mit Edwards Ermordung und der Fährte des gerissenen Fuchses befasst. Da ihn diese drei Themen ständig in Anspruch nahmen und er und Roxbury sich bereits so gut wie sicher waren, dass es höchstwahrscheinlich der Fuchs war, der Edward ermordet hatte, war es nur ein kleiner Schritt, den Zusammenhang zwischen dem Einbruch, dem Mord an Edward und dem Fuchs herzustellen.
Mit finsterer Miene sah Ives zu, wie Ashby sich in seinem neuen Quartier zu schaffen machte. War es wirklich vorstellbar, dass der Einbruch irgendwie mit dem Fuchs zusammenhing? Sein Blick verfinsterte sich noch mehr. Wie konnte das möglich sein?
Ihm wollte beim besten Willen kein Grund einfallen, der den Mord an Edward mit der Verwüstung von Sophys Schlafzimmer in Verbindung brachte. Nur dass beiden Verbrechen dieselbe gnadenlose Zielstrebigkeit anhaftete. Es bedurfte eines kühlen Kopfes, um in ein bewohntes Haus einzudringen, und eines noch kühleren, um so rasch zu reagieren, wie es der Räuber getan hatte, als ihn Marcus stellte. Freilich bedeutete dies nicht unbedingt, dass es der Fuchs war, der den jungen Mann niedergeschlagen hatte, doch hegte Ives einen bestimmten Verdacht.
»Mylord, Ihre Miene verheißt nichts Gutes«, bemerkte Ashby nach ein paar verstohlenen Blicken, mit denen er Ives gemustert hatte.
»Ich fühle mich auch nicht gut«, gestand Ives. »An diesem Einbruch stinkt etwas gewaltig zum Himmel, mein Lieber.«
Ashby nickte. »Genau mein Gefühl. Deshalb bat ich den jungen Herrn zu warten, bis er in Lady Harringtons Zimmer Ordnung macht.«
Ives bedachte ihn mit einem Lächeln. »Dafür schulde ich dir Dank. Worte allein hätten das Chaos nicht zu beschreiben vermocht.« Das Thema jäh wechselnd, fragte er: »Na, gibt es Probleme beim Umzug?«
Ashby grinste. »Nicht für mich und die meisten anderen, aber ich glaube, dass Ogden und die Köchin der Graysons bald spinnefeind sein werden.«
»Ach?«
Ashbys Grinsen wurde breiter. »Ogden missbilligt die vielen ausgefallenen Soßen, die für die Köchin ein anständiges Menü erst abrunden. Er machte ihr ohne Umschweife klar, dass er dieses hochgestochene Zeug für eine Verschwendung guter Zutaten hält. Natürlich war sie gekränkt, las ihm tüchtig die Leviten und gab ihm zu verstehen, dass er in ihrer Küche nichts zu suchen hätte, worauf Ogden zurückgab, dass sie ihn nicht
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