Im Sturm des Lebens
schläfst.« Ihre Stimme wurde um einige Grade kühler. »Aber wenn du dich meiner schämst ...« Sie zuckte mit den Schultern, drehte sich um und ging weg.
Nach kurzem Zögern, weil ihn öffentliche Szenen eigentlich unangenehm waren, lief Tyler ihr nach. In fünf Schritten war er bei ihr und packte sie am Arm.« Ich schäme mich wegen gar nichts. Nur weil ich mein Privatleben nicht in der Öffentlichkeit ausbreiten möchte ...« Er packte auch ihren anderen
Arm. »Es gibt im Augenblick genug Gerüchte, und wir brauchen nicht noch eins hinzuzufügen. Wenn ich mit den Gedanken nicht bei der Arbeit bin, kann ich das auch nicht von meinen Leuten erwarten. Ach, zum Teufel damit!«
Er hob sie hoch und küsste sie leidenschaftlich.
»Okay?«, wollte er dann wissen und ließ sie wieder hinunter.
»Beinahe.« Sie fuhr ihm mit den Händen über die Brust und spürte, dass er zitterte. Dann erwiderte sie seinen Kuss, bis er sie enger an sich zog, und alles in ihr zu glühen begann.
»Das war gut«, murmelte sie.
»Lass deine Terrassentür unverschlossen.«
»Das war sie gestern schon.«
»Ich muss jetzt weiterarbeiten.«
»Ich auch.«
Trotzdem blieben sie stehen, wo sie waren, eng aneinander geschmiegt. Mit Sophia geschah etwas. Ein Beben ging durch ihren Bauch, jedoch kein lustvolles Erschauern, sondern mehr ein Schmerz, der sich bis zu ihrem Herzen hochzog. Und das Handy in ihrer Tasche läutete schon wieder.
»Nun«, sagte sie mit unsicherer Stimme und löste sich von Tyler. »Runde zwei. Ich sehe dich dann später.«
Noch im Wegeilen zog sie den Apparat aus der Tasche. Über Ty würde sie später nachdenken. »Sophia Giambelli. – Nonna! Ich bin froh, dass du mich erreicht hast. Ich habe eben schon versucht, dich anzurufen, aber ...«
Sie brach ab, alarmiert vom Tonfall ihrer Großmutter. Am Rand des Weinbergs blieb sie stehen. Ihre Haut war eiskalt, obwohl die Sonne schien.
Noch bevor sie sich verabschiedet hatte, rannte sie bereits zurück. »Ty!«
Beunruhigt lief er ihr entgegen. »Was ist los? Was ist geschehen?«
»Sie haben noch mehr gefunden. Noch zwei weitere Flaschen waren vergiftet!«
»Verdammt. Na ja, damit mussten wir rechnen. Wir haben ja geahnt, dass es um Produktmanipulation ging.«
»Es könnte noch schlimmer werden. Nonna – sie und Eli ...« Sie brach ab, um ihre Gedanken zu ordnen. »Es gab einen alten Mann, der schon für Nonnas Großvater gearbeitet hat. Er hat als Junge im Weinberg angefangen. Vor einem Jahr ist er in Rente gegangen. Und Ende letzten Jahres ist er gestorben. Er hatte ein schwaches Herz.«
Ty wusste schon, was als Nächstes kam. »Erzähl weiter.«
»Seine Enkelin, die ihn gefunden hat, sagte, er habe unseren Merlot getrunken. Sie kam zu meiner Großmutter, als sie von dem Rückruf hörte. Sie lassen jetzt seine Leiche exhumieren.«
»Sein Name war Bernardo Baptista.« Sophia hatte alle Details säuberlich getippt, aber sie brauchte ihre Unterlagen gar nicht. Sie hatte jedes Wort im Kopf. »Er war dreiundsiebzig. Er starb im Dezember offenbar an einem Herzschlag, während er bei einem einfachen Nachtessen und mehreren Gläsern von Castello Giambelli Merlot, Jahrgang ’92, vor seinem Kamin saß.«
Wie Margaret Bowers, dachte David grimmig. »Es hieß, Baptista habe ein schwaches Herz gehabt.«
»Er hatte leichte Herzprobleme und litt zur Zeit seines Todes an einer Grippe. Das erklärt, warum ihm an dem Wein nichts aufgefallen ist. Baptista war bekannt für seine Nase. Er hatte seit über sechzig Jahren mit Wein zu tun. Aber da er erkältet war, hat er nicht gemerkt, dass mit dem Wein etwas nicht stimmte. Seine Enkelin schwört, dass er ihn erst an jenem Abend geöffnet hat, weil sie die Flasche noch geschlossen sah, als sie ihn nachmittags besuchte. Die Flasche und ein paar andere Geschenke vom Unternehmen hat er immer gern gezeigt. Er war sehr stolz auf seine Zugehörigkeit zu Giambelli.«
»Der Wein war ein Geschenk?«
»Laut seiner Enkelin ja.«
»Von wem?«
»Sie weiß es nicht. Er hat zu seiner Pensionierung ein Fest gegeben, und es ist üblich, dass Giambelli jemanden, der in Rente geht, beschenkt. Ich habe das überprüft, aber dieser Wein stand nicht auf der Geschenkeliste. Er bekam einen Cabernet, einen Weißwein und einen Champagner. Es ist allerdings nicht unüblich, dass sich der Angestellte einen anderen Wein aussuchen darf oder von anderen Mitgliedern des Unternehmens zusätzlich noch Wein geschenkt bekommt.«
»Wann werden sie
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