Im Sturm: Thriller (German Edition)
von Politik, sondern von Nuklearstrategie«, bellte der Abteilungsleiter zurück.
Als ob da ein Unterschied bestünde, sagte sich Toland.
Kiew, Ukraine
»Nun, Pascha?«
»Genosse General, da steht uns eine gewaltige Arbeit bevor.« Alexejew hatte Haltung angenommen; man befand sich im Kiewer Hauptquartier des Militärbereichs Südwest.
»Unsere Einheiten müssen ausgiebig üben. Übers Wochenende habe ich über achtzig Bereitschaftsmeldungen unserer Panzer- und Panzergrenadierdivisionen durchgelesen.« Alexejew legte eine Pause ein, ehe er fortfuhr. Taktische Ausbildung und Bereitschaft waren die Achillesferse der sowjetischen Streitkräfte. Ihre Soldaten, größtenteils Wehrpflichtige, dienten zweieinhalb Jahre lang und brauchten die Hälfte dieser Zeit, um sich die militärischen Grundkenntnisse anzueignen. Selbst Unteroffiziere waren Wehrpflichtige, die auf spezielle Schulen geschickt wurden, aber nach Ablauf ihres Wehrdienstes den Streitkräften wieder verlorengingen. Aus diesem Grund verließen sich die Sowjets auf ihre Offiziere, die oft Aufgaben erfüllten, die im Westen einem Feldwebel zufielen. Der einzige zuverlässige Faktor in der sowjetischen Armee war das Offizierskorps. »Die Wahrheit ist, daß wir unseren Bereitschaftsgrad im Augenblick nicht kennen. Unsere Obersten benutzen in ihren Meldungen ausnahmslos die gleichen Floskeln. Jeder erklärt, die Norm erfüllt zu haben – die gleiche Anzahl von Übungsstunden, die gleiche Anzahl politischer Lektionen, die gleiche Zahl beim Übungsschießen verwendeter Patronen – nun ja, die Abweichung liegt unter drei Prozent! – und die vorgeschriebene Anzahl von Feldübungen, selbstverständlich des angemessenen Typs.«
»So wie es im Buch steht«, merkte der Generaloberst an.
»Natürlich. Genau – viel zu genau! Keine Abweichungen wegen schlechten Wetters. Keine Abweichungen wegen verspäteter Treibstofflieferungen. Zum Beispiel verbrachte das 703. Panzergrenadierregiment den ganzen letzten Oktober im Ernteeinsatz bei Charkow – erfüllte aber dennoch die Übungsnorm für den entsprechenden Zeitraum. Lügen sind schon schlimm, aber diese sind einfach lächerlich!«
»So schlimm kann es doch nicht sein, Pawel Leonidowitsch.«
»Können wir es wagen, etwas anderes anzunehmen, Genosse?«
Der General starrte auf seinen Schreibtisch. »Nein. Gut, Pascha, Sie haben einen Plan formuliert. Lassen Sie einmal hören.«
»Sie arbeiten im Augenblick unseren Angriffsplan gegen die islamischen Länder aus. Ich muß hinaus, um unsere Truppenführer auf Trab zu bringen. Wenn wir rechtzeitig vor dem Angriff im Westen unsere Ziele erreichen wollen, müssen wir an den schlimmsten Missetätern ein Exempel statuieren. Ich hatte an vier Kommandeure gedacht, deren Verhalten eindeutig kriminell war. Hier sind Namen und Anklagepunkte.« Er reichte einen Bogen über den Tisch.
»Darunter sind zwei gute Leute, Pascha«, wandte der General ein.
»Diese Männer sind Hüter des Staates und genießen großes Vertrauen. Dieses Vertrauen haben sie sich durch Lügen verscherzt und dabei den Staat gefährdet.«
»Sind Ihnen die Konsequenzen dieser Anklage bekannt?«
»Selbstverständlich. Auf Hochverrat steht die Todesstrafe. Habe ich jemals eine Bereitschaftsmeldung verfälscht? Oder Sie?« Alexejew schaute kurz weg. »Eine harte Maßnahme, die ich nur ungern ergreife, aber wenn wir unsere Einheiten nicht auf Vordermann bringen, müssen junge Männer wegen des Versagens ihrer Offiziere sterben. Kriegsbereitschaft ist wichtiger als vier Lügner. Eine Armee ohne Disziplin ist ein wertloser Haufen. Wir haben Anweisung von STAWKA, an aufsässigen Gemeinen und Unteroffizieren Exempel zu statuieren. So ist es nur gerecht, daß auch ihre Obersten drankommen. Ihre Verantwortung ist größer, ihr Sold höher. Hier werden einige Exempel viel für die Erneuerung unserer Armee tun.«
»Überlassen wir die Sache dem Inspektorat?«
»Das wäre das beste«, stimmte Alexejew zu. Auf diese Weise konnte die oberste Führung die Verantwortung für die Maßnahmen abwälzen. »Übermorgen lasse ich den Generalinspekteur Teams zu diesen Regimentern schicken. Heute früh gingen bei allen Divisions- und Regimentshauptquartieren unsere Übungsbefehle ein. Die Nachricht von der Verhaftung der vier Verräter wird die Kommandeure unserer Einheiten veranlassen, sie energisch in die Tat umzusetzen. Doch auch so wird es zwei Wochen dauern, bis wir erkennen, worauf wir uns konzentrieren müssen, und
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