Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)
Hinterkopf. »Nimm« – klatsch – »die Brücke« – klatsch – »raus.«
»Okay, okay, okay, okay.« Sie krümmte sich zusammen, spuckte die Brücke samt ihrer beiden Vorderzähne aus und legte sie in eine der leeren Dessertschüsseln. »Also, was hab ich getan?«
Er beugte sich über sie, die Hände hinter dem Rücken verschränkt. Dann schoss seine linke Hand plötzlich aus der Dunkelheit vor und schlug Hedda auf den Mund. Als sie ausweichen wollte, folgte die Rechte und schlug ihr die Nase blutig.
»Du hast ’nen Mann umgelegt!«, brüllte Shuggie.
»Was?« Ihr Gesicht spiegelte blankes Entsetzen. In den fünfzehn Jahren, die sie mit Shuggie zusammen war, hatte er nie die Hand gegen sie erhoben und nur selten die Stimme. »Hab ich nicht«, sagte sie völlig verdutzt. »Ich hab – was? Einen umgelegt? Ich? Nein, nein, nein.«
»Du hast dich doch mit Wanda Bouvier getroffen, stimmt’s? Ich hab dir gesagt, du darfst nie wieder mit ihr reden, aber du hast es trotzdem getan, stimmt’s? Ich hab das irgendwie gewusst. Ich hab’s geahnt. Ich hab’s mir gedacht, dass du dich mit ihr triffst, obwohl ich’s dir verboten habe.«
Sie schüttelte zitternd den Kopf, und Blut tropfte von ihren Lippen.
»Wer sagt das? Honey – das ist gelogen. Wer hat dir das erzählt? Ich meine …«
Mit dem Handrücken traf er sie oben an der Backe, und ihr linkes Auge schwoll sofort zu.
»Sie war’s«, erklärte Shuggie. »Und das heißt, du bist dran schuld. Du und dein loses Mundwerk.« Er ließ sich auf die Couch fallen, richtete sich aber rasch wieder auf. »Das Spiel im Country Club, das läuft seit Jahren, also wusste jeder davon. Ronnie auch. Aber das Spiel im Rio, Rio – davon haben nur ein paar Leute gewusst.« Er deutete auf den Kopf seiner Frau und ahmte mit Zeigefinger und Daumen eine Pistole nach. »Du hast dich heute mit ihr getroffen, stimmt’s, Baby? Wann – zum Lunch oder nur auf ein Bier? Sag’s mir, mein kleines Lämmchen, habt ihr euch zum Essen verabredet oder nur auf ein paar Gläschen?«
»Beides«, antwortete Hedda dumpf. Der Ausbruch ihres Ehemanns war ihren Gesichtszügen schlecht bekommen: sie waren derangiert und verquollen. Hedda war nur noch ein blutiges Bündel auf dem Fußboden. Und weil ein Auge zugeschwollen war, musste sie den Kopf drehen, um Shuggie ansehen zu können. »Du weißt doch, dass ich sie mag. Sie ist ein nettes Mädchen. Für mich ist sie wie die kleine Schwester, die ich nie gehabt habe. Ich mag sie sehr.«
»Na gut«, sagte Shuggie. »Das werd ich mir merken. Sag mal – erinnerst du dich noch, wie wir, du und ich, nach Miami gefahren sind, mit Eddie Barnhill und seiner Frau – wie hieß die noch mal?«
»Emily.«
»Genau«, nickte Shuggie. »Stimmt. Emily. Emily ist jetzt Witwe. Seit ein paar Stunden. Und Eddie ist nicht viel mehr als ein Muster an der Wand im Rio, Rio, und deine kleine Schwester, die du so magst, ist schuld dran!«
Wie vom Donner gerührt starrte Hedda ihn an, mit offenem Mund und zusammengekniffenen Augen. Sie schüttelte den Kopf – wie eine Frau, die bis zum Hals im Schlamm des unerwarteten Irrsinns ihres Ehemanns versunken ist.
»Wovon redest du? Wanda? Wanda soll einen umgebracht haben?«
»Genau«, erwiderte Shuggie. »Sie hat den Schuppen ausgekundschaftet für diese Schweine. Ich vermute, Ronnie hat in Braxton ein paar Freunde gefunden. Das Ganze trägt nämlich Ronnies Handschrift. Verstehst du? Er ist ein toter Mann, aber es dauert noch ’ne Weile, bis sein Herz die Nachricht erhält.«
Shuggie erhob sich von der Couch.
»Also, Schnucki«, sagte er, »ich will wissen, wo sie zurzeit wohnt. Ich würde vorschlagen, du erzählst es mir, und zwar sofort.«
» O Shuggie, das hat sie mir nie gesagt. Schlag mich nicht! Sie hat’s mir nie gesagt, weißt du, weil sie denkt, dass du, weißt du, also dass du ihr Ärger machst. Wegen der Sache mit Ronnie.«
Shuggie stand zwischen seiner Frau und dem flimmernden Fernsehgerät und warf einen riesigen Schatten über sie, die Hände wieder hinter dem Rücken verschränkt.
»Du denkst wohl, ich kauf dir das ab.«
»Bitte, glaub mir!«
»Das mit dem Glauben, das ist so ’ne Sache, Herzchen«, sagte er, und seine Hände schlugen wieder zu.
Später setzte er sich hin und starrte seine Frau an. Sie hatte sich zusammengerollt wie ein Embryo. Ein paar Haarbüschel klebten an seinen Fingern. Hedda wimmerte und schluchzte, das Gesicht auf dem Teppich.
»Also gut«, sagte Shuggie. »Vielleicht
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