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Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Titel: Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Woodrell
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Füßen.
    »Hör mal, Nicole, wenn ich Familie habe, dann sorg ich auch für sie.«
    »Ja, toll – toll! Ich werd dir nicht als Ausrede dienen, dass du dich auf die Seite der Bösen schlägst. Als diese Scheißausrede werd ich ganz bestimmt nicht herhalten.«
    »Halt still«, befahl er. »An den Füßen hast du es doch am liebsten.«
    »Rene, Rene, Rene«, sagte sie. »Was ist mit mir? Ich mein, ich hab doch nie geplant, an einem Ort wie dem hier zu enden, einem kleinen Schmuddelkaff, wo alles schmutzig wird, wenn man es in den Wind hängt. Was soll aus mir werden? Ich bin Barkeeperin, mein Gott noch mal. Ich könnte was ganz anderes sein. Ich hab nicht geplant, auf ewig die Thekenschlampe zu machen.«
    »Du hast überhaupt nie was geplant«, sagte er. »Deswegen bist du ja Barkeeperin.« Er rubbelte ihren Ballen, aber ihr Fuß war angespannt, widerspenstig. »Du bist eine Barkeeperin, na und?«
    »Ich wollte wieder nach Europa, besonders nach Spanien. Können wir nicht nach Spanien ziehen? Ich mein, was liegt dir denn eigentlich an St. Bruno?«
    »Spanien?«
    »Barcelona. Die Costa del Sol. Ibiza. Eine ganze Welt mit blauen Wellen ist da draußen, fern von hier.«
    »Willst du dich dein ganzes Leben lang rumtreiben?«
    »Ich mag neue Orte. Ich bin reisefreudig.«
    »Ja genau. Darüber solltest du dich mit meinem Dad unterhalten.« Er ließ ihren Fuß aufs Bett fallen und stand über ihrem hingestreckten Körper.
    »Ich liebe dich, Nicole. Ich will dich heiraten. Ich bitte dich, mich zu heiraten. Das Kleine zu kriegen. So ’n krabbelndes, sabberndes, plärrendes Krümelmonster. Damit werd ich schon fertig. Aber nicht nur eins. Nur ein Kind, das ist schlecht. Wenn du eins kriegst, krieg gleich – drei. Drei ist die richtige Menge.«
    » Drei ? Du hast deinen verschissenen Verstand verloren, Mann«, sagte sie. Sie setzte sich auf und zog einen Bademantel an. »Mein Gott, du bist wirklich katholisch – verdammt katholisch …«
    »Also, was ist nun? Liebst du mich – oder was?«
    »Oder was? Oder was? Ich liebe dich«, rief sie, »aber ich muss nachdenken.« Sie sah auf die blaue Nachttischlampe. In ihrem Innern war über der Birne ein Rad befestigt, und wenn es genügend aufgeheizt war, drehte sich das gerippte Rad immer rundherum und erweckte die Illusion, dass weißes Wasser unterhalb der Fälle brodelnd aufschäumte. Sie hatten die Lampe auf einem Flohmarkt für fünfzehn Dollar aufgegabelt. Das schien eine ganze Menge Geld für so ein Zelluloidteil zu sein, aber ihnen beiden hatte die Vorstellung von idealisierten Niagarafällen gefallen, deren Kaskaden auf alle Ewigkeit im Innern der Lampe herabstürzten, und so hatten sie sie trotzdem gekauft.
    »Zu den Niagarafällen fahren wir nicht«, sagte sie. »Das kann ich dir sagen.«
    »Was soll das heißen?« Er packte sie an der Schulter und zog ihr Gesicht näher an sich heran. »Was soll das heißen?«
    »Es heißt, dass ich das jetzt nicht sofort entscheide. Wir reden hier über eine scheißernste Angelegenheit, Rene. Den Rest unseres Lebens. Wenn wir Glück haben, sind wir noch bestens drauf, wenn unsere Blagen auf die Uni gehen, oder auf die Berufsschule oder auch nur unten an die Ecke, um sich den zillionsten Drink zu genehmigen.«
    Shade beugte sich zu ihr, bis er den schwachen Duft von Jasmin und Moschus in ihrem Haar riechen konnte, und dann streifte er mit seinen Lippen direkt unterhalb des Haaransatzes über ihre Stirn. »Du wirst also drüber nachdenken?«
    »Yeah, ich werde drüber nachdenken, über alles. Darauf kannst du wetten.« Sie tätschelte seinen Hintern, wie es zwei Sportler in einer Spielpause tun, was aber auch eine Art Abschiedsgeste darstellte. »Du schläfst heute Nacht besser in deiner Bude«, sagte sie. »Ich muss für mich ein paar Dinge klären.«
    Als Shade die Lafitte Street hinunterlief und durch einen leichten Nebel wanderte, bemerkte er, dass in Ma Blanqui’s Pool Room noch alle Lichter an waren, was nur bedeuten konnte, dass seine Mutter noch Gäste hatte. Als er an die Tür kam, sah er sofort ein Stückchen weiter die Straße runter den weißen Volvo seines Bruders François parken, denn unter den einheimischen Schlitten stach der funkelnde Import einem sofort ins Auge.
    Am Vordertisch wurde knallhart Pool-Bildung vermittelt. Die Lektionen wurden von J. J. Guy erteilt, der in einer Absteige auf der anderen Seite der Straße wohnte, und der Schüler war Henry DeGeere, ein Kerl aus dem Viertel, der, nach örtlichen

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