Im Tal des Vajont
mich sonstwo tot aufgefunden, wäre der erste Verdacht auf ihn gefallen, weil er ja schon seit Langem damit drohte, mich zu vernichten. Und nun war er es, der in diesem Höllenloch endete, er und sein vermaledeiter Stock, aber das tat mir leid, und von diesem Tag an sollten mich Gewissensbisse und Angst nicht mehr loslassen.
Gegen Ende November trieb ich meine Tiere wieder nach Hause, entschlossen, aus dem Dorf fortzugehen, aber dann dachte ich wieder, dass die Leute, wenn ich so bald fortginge und auch Raggio nicht mehr auftauchte, schon Verdacht schöpfen würden; also entschied ich, den Winter noch daheim zu verbringen. Heu für die Tiere hatte ich, für mich selbst gab es auch Essen genug, für Wein ging ich zu Pilin, sonst brauchte ich nichts. Was mir fehlte, war Frieden, aber den würde ich nie wieder finden.
Dafür schlaflose Nächte, immer die genagelten Schuhe von Raggio vor Augen, diese Münder, die mich mit ihren Eisenzähnen verlachten, als sie im Nichts verschwanden.
So begann ich zu trinken. Verfolgt von meiner Tat, ging ich zu Pilin, Wein und Schnaps trinken, und wenn ich es nicht länger aushielt, trank ich auch allein zu Haus, um nicht die eisenbeschlagenen Schuhe sehen zu müssen.
Paol dal Fun Filippin merkte, dass ich anders geworden war und auch mehr als sonst trank.
Und so kam er eines Abends zu mir nach Haus und fragte mich direkt, ohne Umschweife, was mit Raggio passiert sei. Ich antwortete ihm, ich wüsste nichts von Raggio und hätte ihn seit dem 30. September auch nicht mehr gesehen, also seit jenem Tag, an dem er mich bei Pilin angegriffen hatte, als ich Öl holen gekommen war.
Paol dal Fun schaute mir in die Augen und sagte, er glaube, dass ich ihm nicht alles erzähle, aber es interessiere ihn nicht, ob ich etwas verbrochen habe oder auch nicht. Und zeit seines Lebens sei er mir wohlgesinnt, weil ich ihm für nichts die Käserei übergeben habe, als er sich mit drei kleinen Waisenkindern in einer verzweifelten Lage befand. Dann verabschiedete er sich und bat mich noch, ihn jederzeit und zu jeder Stunde rufen zu lassen, wenn ich ihn bräuchte, und ich könne mich immer auf ihn verlassen, er würde mich nie verraten.
Darauf erwiderte ich, dass ich nichts brauchte und es auch nichts zu verraten gab, und verabschiedete ihn.
Nur mit Mühe überstand ich diesen Winter, als lastete ein ganzer Berg auf meinem Rücken. Ich tat nichts anderes als trinken. Nachdem ich die Tiere versorgt hatte, ging ich bis spät nachts in die Osteria. Danach dann ein wenig schlafen, denn nur mit Wein oder Schnaps abgefüllt konnte ich auch einige Stunden schlafen, ohne die eisenbeschlagenen Schuhe zu sehen.
Aber so konnte es nicht weitergehen, daher fasste ich den Entschluss, etwas zu tun, was mir schon lange im Kopf umherging.
Ende Februar ging ich zu Genio Damian Sgùima und schlug ihm einen Tausch vor: Er würde mir einen Teil seiner Holzarbeiten überlassen, und ich gäbe ihm im Gegenzug dafür alle meine Ziegen und Schafe. Ich erklärte ihm, dass ich die Hirtenarbeit satt habe und, wie Gioanin de Scàndol, lieber mit einem Zugkarren voller Holzwaren hinunter in die Friaulebene gehen wollte, um sie dort zu verkaufen und gerade so viel damit zu verdienen, dass es für eine Mahlzeit und einen Liter Wein am Tag ausreicht, und dann nie wieder in dieses vermaledeite Dorf voller Elend zurückkehren.
Genio Damian wusste zwar nicht, was er mit Ziegen und Schafen anfangen sollte, weil er keine Tiere weidete, sondern Holz bearbeitete, aber er willigte trotzdem ein, weil er schon wusste, an wen er die Tiere verkaufen und was er an ihnen verdienen konnte. Und da Genio ein ehrlicher Mann war, sagte er mir auch den Namen des Käufers. Es war Pino Gallo Corona aus dem Ortsteil Savéda.
Ich wusste, dass der Tiere kaufte und verkaufte, aber hatte keine Lust, mit ihm einen Kaufpreis auszuhandeln. Daher bat ich Sgùima, mir die Holzwaren zu geben und dann selbst zu sehen, wie er meine Tiere am besten an Pino Gallo verkaufen konnte. Sollte er ruhig verdienen, wie viel er wollte, das interessierte mich nicht, es musste nur schnell gehen.
So belud ich in den ersten Märztagen den Zugkarren, der bei mir im Heuschuppen stand, bis über den Rand voll mit Holzwaren von Genio Sgùima, versperrte die Haustür, ließ Genio den Schlüssel zum Stall, worin meine Tiere waren, die er verkaufen wollte, und brach schließlich ins Cellinatal auf. Alles Mögliche gab es da auf dem Karren: Schüsseln, Löffel, Gabeln, Nudelhölzer,
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