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Im Tal des Windes: Roman (German Edition)

Im Tal des Windes: Roman (German Edition)

Titel: Im Tal des Windes: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Maly
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an der Spitze ihres kleinen Zuges. Jetzt, nach einigen Stunden, lichtete sich dieser wieder. Felder kündeten von einer nahen Siedlung, und Abigail atmete auf.
    Nun, da sie einem breiten schlammigen Weg folgten, in den Ochsenkarren tiefe Spuren gepflügt hatten, überließ Tamati Arthur die Position an der Spitze.
    Abigail merkte, wie die Spannung aus ihren Schultern wich. Licht, endlich wieder Licht.
    Die Hügel beiderseits des Weges waren sanft geschwungen. Wie große grüne Stofffalten lagen sie da. Nicht anders als in Irland bevölkerten Schafe die üppigen Weiden.
    Abigail ritt eine der mächtigen Shire-Stuten. Das gutmütige Tier trottete den anderen einfach hinterher. Sie hielt die Zügel nur nachlässig in der Hand, den Blick ließ sie schweifen. Tamati ritt beinahe auf gleicher Höhe mit ihr. Er schien zu dösen. Seine sonst so wachen Augen waren halb geschlossen.
    Endlich hatte Abigail Gelegenheit, ihren exotischen Begleiter zu betrachten, ohne unhöflich zu erscheinen.
    Seine sehnigen Beine waren mit einem komplizierten Muster aus Streifen und Spiralen verziert, ebenso die Arme.
    Am meisten faszinierte sie sein Gesicht. Die untere Hälfte war mit schwarzen Mustern bedeckt, die Wangen ausgenommen, ebenso ein Großteil der Stirn, die nur von zwei Streifen über den Brauen geteilt wurde, die sich bis zu den dichten schwarzen Haare erstreckten.
    Zwei Federn im Haarknoten, die in der Sonne bläulich schimmerten, vervollständigten die exotische Tracht.
    Abigails Blick wanderte zu dem großen Anhänger aus grünem Stein, der auf der muskulösen Brust des Fremden hing. Es war ein Fratzengesicht mit weißen Augen, das sich in verschlungenen Ornamenten auflöste.
    Ihr Blick kehrte zum Gesicht zurück, und ihr wurde mit Schrecken klar, dass Tamati nicht mehr schlief. Ganz im Gegenteil. Er sah sie an. Offen und mit der gleichen Neugier, mit der sie ihn betrachtet hatte.
    Abigail war kurz davor, sich abzuwenden. Ständig schamhaft zu erröten wie Johanna lag ihr nicht.
    Tamati lächelte ermunternd. Er erwiderte ihren Blick wie eine Katze, die es als Niederlage ansah, als Erste wegzuschauen. Nachgeben wollte Abigail nicht und entschied sich daher, zum Angriff überzugehen.
    » Was sind das für Zeichen auf deiner Haut? «
    » Das sind Moko « , erwiderte er prompt und nicht ohne Stolz in der Stimme. » Jeder Mann von Rang trägt sie. «
    Abigail musterte die Zeichen nun ganz offen. » Wie macht man die Muster? Haben sie eine Bedeutung? «
    Tamati hob amüsiert die Braue und brachte Abigail damit beinahe aus der Fassung. Hatte sie etwas Falsches gefragt? Ihn am Ende beleidigt? Ihre vorschnelle Art brachte sie immer wieder in dumme Situationen.
    » Entschuldige « , lenkte sie ein. » Ich sollte vielleicht nicht so neugierig sein. Du musst nicht antworten, wenn du nicht magst. «
    Tamati erwiderte ihr Lächeln.
    » Frag nur. Es ist kein Geheimnis. Die Linien sind Farbe in der Haut. Sie wird aus der Asche des heiligen Kauri-Baums hergestellt und mit Werkzeugen aus Pelikanknochen hineingestochen. Es gibt so viele Bedeutungen, wie es Muster gibt. Wärst du eine Maori, könntest du die Moko lesen, wie ihr Pakeha eure Schriftzeichen lest. «
    Sie schüttelte ungläubig den Kopf. Die Schnörkel waren zweifellos hübsch, aber eine Art Schrift? Wahrscheinlich machte er sich nur über sie lustig.
    » Was zum Beispiel? « , fragte sie herausfordernd.
    » Sieh mein Gesicht an. «
    Abigail tat es und bemerkte wieder die besondere Kraft seiner Augen, warm und dunkel und ganz und gar nicht gefährlich. Die Farbe in der Haut betonte die besondere Form seiner Brauen.
    Tamati wies auf die Linien, die seinem Unterkiefer folgten. » Taitoto, die Position, in die ich hineingeboren wurde. « Er tippte sich auf das Kinn. » Mana, etwas das ihr Pakeha nicht versteht. «
    Seine Wangen. » Taiohou, meine Arbeit, die ich von Vater und Urgroßvater erlernte. « Weiter zur Schläfe. Er drehte den Kopf, die Haut war auf beiden Seiten unberührt. » Uma, nichts. Ich bin nicht verheiratet, war es noch nie! «
    Sie nickte schnell. Also erlaubte er sich doch keinen Scherz mit ihr.
    » Hast du einen Mann? «
    Abigail war von der Frage völlig überrumpelt.
    » Ich? Das geht dich nichts an. «
    » Also nein. « Tamati lachte und lenkte sein Pferd näher an ihres heran, bis sich die Leiber der Tiere berührten. Abigail versuchte, wegzureiten, doch er war schneller und griff nach ihrem langen Zopf, der ihr weit den Rücken hinabreichte.
    Tamati zog ihn nach

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