Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual

Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual

Titel: Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Nevill
Vom Netzwerk:
hierhergeführt hatte, einem Weg, der noch Furchen hatte von den Wagenrädern, die zu diesem grässlichen Haus zwischen den düsteren Bäumen führten.
    Hutch zwinkerte ihm mit weit aufgerissenen Augen zu. »Komm schon, lass uns mal die Kirche besichtigen.«
     
    Die steinernen Wände der kleinen Kirche waren an den Fundamenten in die schwarze Erde eingesunken und die darüber liegende Mauerschicht war nachgerutscht und hatte die ganze Konstruktion mit nach unten gezogen. Die rechten Winkel und geraden Linien waren jetzt schief und ungerade. Das ganze Gebäude war zusammengesackt. Das Dach war verschwunden. Nur einige Bögen mit daran hängenden Ziegeln waren übrig geblieben, und das Ganze wirkte wie ein Gerippe, wie die schwärzlichen Überreste eines freigelegten Brustkorbs. In den drei Fenstern auf jeder Seite befand sich kein Glas mehr. Überreste von verrottetem Holz hingen von einem Eisenbalken auf der einen Seite herab. Sonstige Metallteile, die zu sehen waren, waren entweder
schwarz vor Rost oder hatten bräunliche Spuren auf den dunklen Steinen hinterlassen.
    Ein paar Meter von der zerfallenen Veranda der Kirche saßen Phil und Dom auf ihren Rucksäcken. Sie schwiegen und sahen völlig erschöpft und demoralisiert aus. Dom hatte seine Hosenbeine wieder hochgezogen und umklammerte den schmuddeligen Verband. Hutch hatte sein geschwollenes Knie umwickelt, um es zu stützen. Sein Mund war wund, seine Unterlippe aufgeplatzt, und das Blut lief immer noch auf sein schmutziges Kinn herab. Seine Nase war dick, seine Oberlippe knallrot. Aus jedem Nasenloch ragte zusammengeknülltes Toilettenpapier.
    Als Luke vor den Eingang der Kapelle trat, wurde ihm unangenehm bewusst, dass er und Dom sich zum ersten Mal seit ihrer Auseinandersetzung wieder nähergekommen waren und einander zur Kenntnis nehmen mussten. Er konnte kaum mehr glauben, dass dies wirklich passiert war. Er schämte sich für den Vorfall und machte sich Sorgen über seinen Geisteszustand. Er war völlig erschöpft, sein Blutzuckerspiegel war niedrig, er hatte seit drei Tagen kaum geschlafen … aber trotzdem. Er hatte Dom angegriffen, seinen Freund.
    Luke war auf dem Weg zurück zum Friedhof möglichst weit vorausgegangen. Gelegentlich wartete er, bis die anderen hinter ihm durch das Unterholz brachen, um sich zu vergewissern, dass sie hinter ihm herkamen, dann wandte er sich sofort wieder um und ging weiter. Manchmal rief Hutch nach ihm: »He, Chef! Wo bist du?« Oder: »Zeig dich mal!«
    Aber nun hatten sie sich alle an einem Ort versammelt. Hutch und er waren den gesamten Friedhof abgegangen, soweit er begehbar war, und hatten sich nun der Kirchenruine zugewandt. Jetzt war es natürlich schwieriger, einen gewissen Abstand zu Dom aufrechtzuerhalten.
    Als er sah, was er mit Doms Gesicht angestellt hatte, schämte er sich zutiefst. Wieder sah er seinen Gesichtsausdruck vor sich,
als er ihn zum zweiten Mal angegriffen hatte, immer wieder tauchte die Situation vor seinem geistigen Auge auf, er war beinahe unfähig, an etwas anderes zu denken. Seine Schuldgefühle waren erdrückend. Er brauchte dringend Hilfe, musste unbedingt eine Therapie machen, wenn er wieder nach Hause kam. Ihm war klar, dass dies nicht das erste Mal gewesen war, dass er seine Beherrschung verloren hatte, kürzlich war das schon einmal passiert.
    Er wollte sich unbedingt entschuldigen, aber er hatte nicht die Kraft dazu. Irgendwann würde er es schon noch tun. Erst einmal musste Dom sich wieder abregen. Das Beste, was Luke tun konnte, war, sie aus dieser beschissenen Situation herauszuführen. Indem er einen Ausweg fand. Zuerst Wasser. Dann einen Weg aus dem Wald. Er würde es für diese Männer tun, die er einmal wie Brüder geliebt hatte, auch wenn sie jetzt nicht mal mehr seine Freunde waren.
    Hutch schaute sich den verwitterten Rundbogen aus Stein im Eingang der Kirche genauer an. Er beugte sich näher und kratzte mit seinem Taschenmesser vorsichtig am Stein herum. Luke stand hinter ihm. Wenn Dom nicht noch immer vor Wut sprachlos gewesen wäre, dann hätte er ihn jetzt angeschrien, hätte von Hutch eine Erklärung verlangt, was ihn bloß dazu brachte, in dieser Situation, wo er hungrig und nass und fertig war, diese dämlichen alten Steine anzustarren. Es war schon ganz angenehm, seine alles übertönende Stimme nicht zu hören, die normalerweise die Ruhe dieses Ortes gestört hätte, den sie nach einem schier endlosen Marsch durchs Gestrüpp gefunden hatten.
    Hutch schlug mit der

Weitere Kostenlose Bücher