Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual

Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual

Titel: Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Nevill
Vom Netzwerk:
Deshalb will ich hier raus. Ich muss einfach. Ich muss hier weg. Ihre Eltern sind zu alt. Die Jungs würden das nicht verwinden …« Er räusperte sich. Und atmete lautstark aus.
    »Es ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt für so was, Dom. Reiß dich zusammen. Mach dich nicht verrückt …«
    Schweigend saßen sie da. Doms Körper hinter Lukes Rücken fühlte sich jetzt wärmer an.
    Luke drehte sich zu ihm um. »Wir werden es schaffen, Kumpel. Wir werden es schaffen. Morgen. Und erinnere dich an deine eigenen Worte. Mach dich nicht selbst fertig. Nicht jetzt. Nicht hier. Ich habe immer großen Respekt vor euch gehabt. Und das hab ich immer noch. Ihr habt euch gut geschlagen.« Er machte eine Pause. »Was ich gesagt habe, gestern Abend. Das war Blödsinn. Ich hab einfach von mir auf andere geschlossen. Schlechte Angewohnheit.« Er gab einen langen müden Seufzer von sich. »Ich habe euch immer beneidet. Wusstest du das nicht?«
    »Sei bloß vorsichtig, was du dir da an den Hals wünschst«, sagte Dom und räusperte sich erneut, als ihn seine Gefühle übermannten.
    »Ich bin immer stolz auf euch gewesen.«
    »Und wir waren immer fasziniert von dem, was du alles so angestellt hast. Zumindest hast du alles auf deine Art gemacht. Immer ein wenig anders als die anderen. Dir waren eben andere Dinge wichtig.«
    »Aber ich habe nichts erreicht. In dieser Hinsicht kann ich mir sicher sein.«
    Dom zuckte mit den Schultern und seufzte. »Wir waren alle mehr oder weniger monogame Typen. Haben uns mit einer
Frau zusammengetan und sind bei ihr geblieben. Dann kamen die Kinder. Du hast dir da ein bisschen mehr Freiheiten erlaubt.«
    Luke grinste.
    »Und wir sind nach dem Studium alle in unsere Heimatstädte zurückgekehrt. Haben uns eingerichtet. Das hat vieles leichter gemacht, Luke. Nach dem Abschluss wurde alles erschwinglicher. Wir haben Häuser gekauft. Wir haben unsere Jobs behalten, jedenfalls bis vor Kurzem. Ich habe nie was anderes getan, als auf Nummer sicher zu gehen. Genau wie Phil. Du und Hutch, ihr habt das immerhin irgendwie anders gemacht. Das ist doch auch schon mal was. Und außerdem kann man sich nie in Sicherheit wiegen. Hab ich Recht? Niemand von uns wusste, was das Leben uns bringen würde. Und nun sind wir alle am Ende, Luke. Zerstört. Unter der glatten Oberfläche ist alles kaputt. Es spielt überhaupt keine Rolle, in was für einem Haus man lebt.«
    Sie schwiegen wieder eine Weile. Luke fühlte sich unbehaglich und schämte sich. Nach allem, was er Dom angetan hatte, nach allem, was er gesagt hatte, war dies trotzdem sein Freund, der da verletzt, frierend und verängstigt neben ihm saß und tatsächlich versuchte, ihm zuzureden, dass er sein Leben nicht völlig ruiniert hatte. Wenn das nicht Freundschaft war, dann wusste er nicht, was es sonst sein sollte. »Ich hatte so viel erreicht und habe es nie zu schätzen gewusst. Und ich weiß, dass ich niemals wirklich herausgefordert wurde. Nicht ernsthaft. Bis jetzt. Ich bin einfach bloß den Weg des geringsten Widerstands gegangen und hab mich auch noch darüber beklagt.«
    Aber nun war die Zeit gekommen, wo er sich beweisen musste. Alle Kräfte bündeln musste, um sie beide hier rauszuführen. Wenn ihm das gelang, dann wäre es das einzig Nützliche, was er je in seinem Leben geleistet hatte. Nichts war wichtiger als der Kampf um Leben und Tod.
    Doms Schulter an seiner vermittelte ihm das Gefühl, dass er ihn auf gar keinen Fall allein lassen durfte. Nicht heute Nacht,
nicht morgen früh, nicht hier draußen im Wald. Der Gedanke, dass er allein losging und Dom mit dem Zelt zurückließ, war einfach unerträglich. Er stellte sich vor, wie er zum Zelt zurückblicken würde, nachdem er den Hügel hinabgestiegen war. Und er stellte sich vor, was dann durch die Bäume preschen würde, um sich seinen Freund zu holen und ihn umzubringen.
    Sie dachten wieder beide an das Gleiche, denn mit einem Mal sagte Dom: »Es ist besser, wenn du losgehst.«
    »Red keinen Quatsch.«
    »Ich meine das wirklich. Das Einzige, was wir hier so weit im Norden nicht zu unserem Vorteil genutzt haben, weil ich euch die ganze Zeit davon abgehalten habe, das sind die langen Abende. Du kannst heute Abend noch den Waldrand erreichen, wenn du dich beeilst.«
    Luke schüttelte den Kopf. »Nein.«
    »Sei doch kein Idiot. Es ist deine einzige Chance. Mein Bein ist im Arsch. Ich kann es nicht mal mehr beugen. Wie weit würde ich wohl morgen damit kommen? Wenn ich es hinter mir herschleppe und

Weitere Kostenlose Bücher