Im Tunnel: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

vermied er es tunlichst, ihn allzu schnell außer Gefecht zu setzen. Er wollte sich nicht um das Vergnügen bringen, ihm ein paar Takte zu flüstern.
    Nachdem Tolik den Wissenschaftler auf die Schnelle durchsucht hatte, packte er ihn wie einen ungezogenen Schulbuben am Ohr und zog ihn hoch. Wie ein dressierter Pudel stellte sich der Professor auf die Zehenspitzen. Tolik zerrte ihn ins Labor, stieß ihn auf die nächstbeste Liege und rückte einen Infusionsständer heran.
    »Na, Professorchen … Sie haben mir doch so vom Nutzen der Transformation vorgeschwärmt. Das wollen Sie doch bestimmt auch selbst einmal ausprobieren, nicht wahr?«
    Korbut riss vor Schreck die Augen auf.
    »Um Gottes willen, nein …« Der Professor begann am ganzen Leib zu zittern. »Alles, nur das nicht …«
    »Ach kommen Sie! Wir machen doch einen genetisch perfekten Menschen aus Ihnen. Dann können Sie die Welt an der Oberfläche erobern. Und meine Kugeln können Ihnen auch nichts mehr anhaben. Womöglich werden Sie sogar unsterblich.«
    »Nein, bitte nicht … Warum tun Sie das?«
    »Und Sie, Professor? Warum haben Sie mir mein Leben und meine treuen Gefährten genommen? Warum haben Sie lebendige Menschen in Maschinen verwandelt? Warum müssen Sie unbedingt am Menschen herummanipulieren?«
    »Dazu haben Sie kein Recht!«
    »Und mit welchem Recht haben Sie das getan?«
    »Als Wissenschaftler! Als Genie! Ich werde die Welt verändern!«
    »Oh weh …« Tolik schüttelte den Kopf.
    Er zerrte Korbut am Kragen von der Liege und stieß ihn mit Gewalt in die offene Druckkammer hinein.
    »Aus dem Weltverändern wird nichts, mein Lieber. Dafür wird die Welt nun Sie verändern.«
    Er schlug die Luke der Druckkammer zu und drehte an den Absperrhähnen.
    »Immer schön locker bleiben«, zwinkerte er dem Professor zu.
    Die Wände der Druckkammer dämpften Korbuts hysterische Schreie, doch durch die dicke, runde Plexiglasscheibe konnte man sehen, wie die Adern in seinem Gesicht hervortraten.
    Plötzlich krachten Schüsse im Korridor.
    Arschinow! Tolik hatte ihn mit zwei gefährlichen Gegnern allein gelassen!
    Der Fähnrich war ein erfahrener Kämpfer, aber allein gegen den Gemo und den NKWD -Mann hatte er in dem engen Gang keine Chance . V erdammt! Tolik rannte zur Tür.
    Nikita näherte sich im Rückwärtsgang dem Labor und feuerte gleichzeitig mit seiner Pistole in den Korridor. Um sich keine Kugel von Arschinow einzufangen, wartete Tolik, bis der Dickwanst die Tür des Labors erreicht hatte, dann zog er ihn herein und stellte ihm gleichzeitig ein Bein.
    Der NKWD ler war nur kurz irritiert. Blitzschnell sprang er wieder auf die Beine und setzte seinerseits einen lupenreinen Hüftwurf an. Tolik schlug unsanft auf dem Boden auf . A ls er sich wieder aufrappelte, hatte Nikita bereits die Pistole auf ihn gerichtet.
    Die Situation wiederholte sich bis ins kleinste Detail. Das schwarze Auge der Pistolenmündung paralysierte Tolik und zersetzte seinen Willen zum Widerstand. Sein Herz war kurz davor, aus der Brust zu springen, in seinem Kopf hämmerte es.
    Arschinow eilte ihm fluchend zu Hilfe, doch er kam zu spät . A uch sein Sturmgewehr nützte Tolik jetzt nichts mehr.
    »Das war’s«, sagte Nikita.
    Und drückte ab.
    Er zielte genau in die Mitte von Toliks Stirn. Die Überlebenschancen waren gleich null.
    Tolik sah, wie sich Nikitas molliger Zeigefinger krümmte und wie sich der Lauf der Pistole leicht nach unten senkte …
    Ende.
    Doch im allerletzten Moment zuckte Nikitas Hand plötzlich zur Seite, was Tolik eine letzte Chance gab, sich doch noch zu retten. Er glaubte zu sehen, wie der rundliche Projektilkopf den Pistolenlauf verließ. Jedenfalls wusste er genau, in welche Richtung das Bleigeschoss flog. Er neigte den Kopf wenige Millimeter zur Seite und spürte am Luftzug, wie die Kugel an seiner Schläfe vorbeischoss.
    Neben Nikita stand Jelena . A ls hätte sie sich aus der dünnen, dröhnenden Luft materialisiert. Toliks Engel. Sein Schutzengel. Sie hatte den Schuss aus dem Ziel gebracht.
    Nikita sah sie zornig an und schlug ihr mit voller Wucht den Handrücken ins Gesicht. Jelenas Kopf wurde heftig zur Seite geschleudert, sie stürzte zu Boden.
    Tolik trat mit der Stiefelspitze gegen das Handgelenk des NKWD lers, sodass die Pistole aus der Hand spritzte wie ein Stein aus der Schleuder. Dann packte Tolik den Dicken an der Jacke, stützte sich auf einem Knie ab und warf ihn über sich hinweg. Nikita flog in hohem Bogen auf die mit Gerätschaften