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Im Tunnel: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Im Tunnel: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Titel: Im Tunnel: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Antonow
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Opferzeremonie statt.« Katar zeigte mit dem Finger au f Tolik. »Füllt diesen Flegel mit unserem stärksten Sud ab. Bevor das reinigende Feuer auflodert, wird der ruchlose Ketzer eine Rede halten und seine niederträchtigen Absichten bedauern.«
    »Ruhm sei dir, oh Satan!«, tobte die Menge. »Ehre sei dir, gerechter Katar, und ewiges Leben!«
    Sichtlich enttäuscht, dass es erst morgen zur Sache ging, verzogen sich die Satanisten zu ihren Lagerfeuern. Bei Tolik und Krabbe blieben nur drei Wachposten zurück. Kurz darauf gesellte sich auch Charon zu ihnen, der einen rußigen Teekessel dabeihatte.
    Der Sud, dachte Tolik.
    Nein, dieses Gesöff würde er sich nicht einflößen lassen! Tolik stürzte auf den kirren Alten zu, um ihm den Kessel aus der Hand zu schlagen.
    Doch die Aufseher ließen sich nicht übertölpeln. Blitzartig wickelte sich der Riemen einer Peitsche um Toliks Knöchel, und beim nächstem Schritt fiel er auf die Nase. Sofort stürzten sich die Wachen auf ihn, drehten ihn auf den Rücken und fixierten seine Arme. Noch ehe Tolik sich versah, hatte er den Schnabel des Teekessels im Mund, und Charon hielt ihm die Nase zu.
    Es blieb ihm nichts anderes übrig, als das widerliche Zeug hinunterzuschlucken. Der Blinde murmelte etwas von einer Erweiterung des Bewusstseins, während er seinem wehrlosen Opfer den Sud einflößte.
    Als Tolik endlich losgelassen wurde und versuchte aufzustehen, gab der Boden unter seinen Füßen nach. Die Gesichter der Umstehenden verzerrten sich zu hässlichen Fratzen.
    Charon redete immer noch, doch sein normalerweise hastiges Geplapper war derart verlangsamt, dass die Worte sich endlos in die Länge zogen und zu einem unverständlichen Brei verschmolzen. Die Abraumhalde mitsamt den darauf postierten Wachen entschwebte in die Tiefe der Bahnsteighalle, die sich in einen endlosen Tunnel verwandelt hatte.
    Tolik wurde untergehakt und zum nächstbesten Käfig geschleift. Das letzte Geräusch, das ihn noch mit der Realität verband, war das Quietschen des Gittertors.
    Dann versank die Welt in einem grauen Nebel, aus dem ein Gesicht auftauchte: kreidebleiche Haut, fast durchsichtige Lider ohne Wimpern, unverhältnismäßig große, von tiefen Furchen durchzogene Stirn und leuchtend grüne, stechende Augen.
    Den Mund formten schmale, violette Lippen, die sich bewegten. Das Gesicht sagte etwas zu Tolik, doch er verstand kein einziges Wort. Stattdessen hörte er ein rasselndes Geräusch: Es war der wieder zum Leben erwachte Wurm, der den Schwanz im Schotter vibrieren ließ. Das Rasseln wurde immer lauter, bis es alle anderen Geräusche übertönte.
    Plötzlich wurde Tolik klar, dass er kein Rasseln im Schotter, sondern das Rauschen eines fliegenden Objekts hörte.
    Über dem verwaisten Bahnsteig der Timirjasewskaja zog ein riesiger schwarzer Vogel seine Kreise. Bei genauerem Hinsehen stellte Tolik fest, dass das, was er im ersten Moment für Flügel gehalten hatte, in Wirklichkeit die weiten Ärmel eines schwarzen Umhangs waren. Es war Katar, der einen Kontrollflug über seinem Reich unternahm. Nachdem er einige Schleifen absolviert hatte, landete er unmittelbar neben der Grube, aus deren Tiefen ein dunkelroter Lichtschein an die Oberfläche drang.
    Der sehnliche Wunsch der Satanisten war in Erfüllung gegangen: Sie hatten sich bis zum Inferno durchgegraben. Nun standen sie am Rand der Grube Schlange. Mit dem gerührten Lächeln eines stolzen Vaters, der die ersten Schritte seiner Sprösslinge verfolgt, schaute Katar dabei zu, wie seine Schützlinge einer nach dem anderen mit rudernden Armen in den Abgrund sprangen.
    Wenig später waren Tolik und Katar in der Bahnsteighalle allein. Mit einer höflichen Geste forderte der Satanistenführer Tolik auf, den anderen in die Hölle zu folgen. Obwohl sich Tolik nach Kräften wehrte, zog ihn eine unsichtbare Kraft zum Rand der Grube . A ls er sich neben Katar befand, zog dieser seine Kapuze herab und wandte ihm den Rücken zu. Wie sich herausstellte, hatte Katar auf der Rückseite ein zweites Gesicht. Es war das Gesicht von Korbut. Mit seiner typischen Geste schob sich der Professor eine graue Strähne aus dem Gesicht.
    »Versuchen Sie nicht, sich vor mir zu verstecken, junger Mann. Ich finde Sie im hintersten Winkel der Metro. Sie sollten den alten Professor nicht unterschätzen. Ich habe viele Körper und viele Gesichter. Niemand anders als ich hat Sie die ganze Zeit über geführt. Kreuz, Katar und der Wurm – das sind nur drei meiner vielen

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