Im Tunnel: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)
verbesserst, indem du diesen Korbut ins Jenseits beförderst. Die Hydra hat viele Köpfe. Es werden ihr neue wachsen.«
Schabdar hielt inne . A ls wollte er Tolik die Gelegenheit zum Widerspruch geben. Doch der wollte nichts sagen. Er schnitt nur eine trotzige Miene und ballte die Fäuste.
Da fuhr der Schlangenmensch fort: »Nicht weit von dieser Station gibt es einen sonderbaren Tunnel – einen Autotunnel ohne Gleise. Er war als Rückzugsweg für die sowjetischen Führer gedacht. Der Tunnel ist nicht ganz ungefährlich und ziemlich verstrahlt. Trotzdem ist man dort wesentlich sicherer als an der Oberfläche. Er führt zur Ringlinie. Ich habe gehört, dass jemand aus der Hanse mit euch unterwegs ist?«
Tolik nickte und fragte sich im selben Moment, ob er das irgendjemandem an der Molodjoschnaja gesagt hatte. Nicht dass er sich entsinnen konnte … Mysteriös. Eine Einflüsterung der Geister?
»Schick diesen Mann zu mir. Ich werde ihn bitten, euch zu helfen. Eine Zeit lang wird er euch für Freunde halten . A ber vergiss nicht: Meine Möglichkeiten sind begrenzt. Ihr müsst euch also so bald wie möglich von ihm trennen. Und noch ein Letztes, Tom. In dem Tunnel, der zur Ringlinie führt, werdet ihr Mutanten treffen, die ihr menschliches Antlitz vollständig verloren haben. Schießt nicht auf sie. Sie sehen nur furchterregend aus . A nsonsten sind sie die harmlosesten Geschöpfe, die ich kenne. Fast wie Tiere, die jed e Verbindung zur Zivilisation verloren haben. Leb wohl, Tom. Tritt näher, damit ich dir die Hand reichen kann.«
Tolik überwand sich und erfüllte Schabdars Bitte . A us der Dunkelheit tauchte ein blasser vertrockneter Arm auf. Mehr konnte er nicht erkennen.
Während der Kaufmann aus der Hanse bei Schabdar weilte, gesellte sich Tolik zu Krabbe. Der Bandit schaufelte gerade irgendeine Pampe mit Champignons in sich hinein. Mit der ihm eigenen Sprunghaftigkeit verkündete er, dass es ihm an der Molodjoschnaja prima gefalle.
Eingedenk des bedenklichen Strahlungsniveaus aß Tolik ohne großen Appetit, achtete nicht auf das Geschwätz seines Begleiters und beobachtete das Treiben an der Station. Die Bewohner der Molodjoschnaja verließen ihre Zelte und begaben sich zum Bahnsteigrand . A nscheinend gab es dort unten am Gleis etwas Besonderes zu sehen.
Tolik stand auf, kämpfte sich durch die Menge und sah, was die Leute veranlasst hatte, ihre Zelte zu verlassen: Die beiden jungen Männer, die ihnen gleich zur Begrüßung die Waffen abgenommen hatten, trugen Mobat. Die mächtigen Arme des Riesen hingen kraftlos von der Bahre herab, seine Augen waren geschlossen, seine Lippen schwarz.
Der Mutant hatte bis zum Letzten dafür gekämpft, aus der Gefangenschaft zu entfliehen und im Beisein seiner Mitbrüder zu sterben. Die Männer der Molodjoschnaja schlugen ihre Kapuzen zurück. Mit entblößten Häuptern erwiesen sie Mobat die letzte Ehre.
Jemand legte Tolik die Hand auf die Schulter. Neben dem Mann, der Tolik zu Schabdar gebracht hatte, stand der Händler aus der Hanse, grinste breit und bot die Hand zum Gruß.
»Michail. Und du bist Tolik, nicht wahr?«
Das Grinsen wirkte deplatziert in diesem Moment, aber konnte man einem Hypnotisierten einen Vorwurf machen? Tolik gab ihm die Hand.
Das Trio wurde in ein Zelt geführt und – wie von Schabdar versprochen – mit frischer Ausrüstung versorgt: Sturmgewehre, Taschenlampen, Rucksäcke mit Proviant und – das Wichtigste überhaupt – vernünftiges Schuhwerk.
DRITTER TEIL
WEICHEN DES SCHICKSALS
15
DIE WOLLKNÄUEL
Der Eingang in diesen Tunnel war nicht getarnt. In etwa fünfzig Metern Entfernung von der Station bogen die an der Wand verlaufenden Leitungen zur Decke ab und machten Platz für ein massives Schiebetor, das mit einer Vielzahl von Schlössern und Riegeln gesichert war. Offenbar benutzten die Mutanten diesen Tunnel nicht oft und waren nicht scharf darauf, Besuch von der anderen Seite zu bekommen.
Quietschend öffnete sich das Tor und gab den Blick auf die Röhre frei. Gleise gab es hier tatsächlich nicht, sondern eine Fahrbahn aus rissigem Asphalt. Die Wände glänzten nass, und an den Rändern flossen trübe Rinnsale entlang.
Man sah auf den ersten Blick, dass Plünderer den Tunnel heimgesucht hatten. Tolik hatte schon viele geplünderte Tunnel gesehen. In der Regel nahmen die Diebe mit, was sie brauchten, und ließen alles Übrige unberührt. Hier war das anders: Di e Vandalen hatten es offenbar darauf angelegt, nichts auch nur
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