Im Visier des Todes
Desperate Housewives vor? Aber vielleicht verwechsle ich da einiges mit … «
»Du schaust zu oft fern.«
Sie sah nicht viel von ihm. Den kräftigen Oberschenkel, der sich deutlich unter dem Jeansstoff abzeichnete, den Fuß, den er um das Tischbein geschlungen hatte, seine feingliedrige Hand, die auf dem Knie ruhte. Viel zu gut wusste sie, wie diese Hand zupacken und ihren Körper herumwirbeln konnte. Noch immer fühlte sie den Druck jedes einzelnen Fingers um ihre Taille.
Jetzt hielt er etwas anderes darin, einen kleinen, zylindrischen Gegenstand. Einen Rollfilm.
»Magst du sie etwa?«, fragte Elinor spitz. »Ganz ehrlich, ich verstehe nicht, was man an ihr finden kann.«
»Sie hat die Courage, sich dem Diktat der Mode zu widersetzen. Sie bringt einen dazu, sich zu fragen, wann man selbst diese Courage verloren hat.«
»Ach! Die Ballerinas zum Etuikleid?«
»Hat schon Audrey Hepburn getragen.«
»Allerdings ohne das ganze billige Glitzerzeug, von dem man fast blind wird. Kay, mal ehrlich, du bist zu erfolgreich, um an deiner Courage zu zweifeln, du bist erwachsen geworden, einfach erfahrener.«
»Und feige.«
»Aha! Daher also deine Outfit-Experimente in der letzten Zeit? Gut, mag sein, dass sie dir das Gefühl gibt, deinen Mut wiederentdeckt zu haben, aber ich traue der Frau nicht.« Elinor ging an dem Türspalt vorbei durch den Raum. »Ja, ihre Schwester wurde getötet, und das ist absolut furchtbar, aber glaubst du sie wirklich, diese Geschichte von dem pflegebedürftigen Stiefvater und dem armen verstorbenen Hund? Mal ehrlich, so sehr braucht man nun wirklich nicht auf die Tränendrüse zu drücken. Ich habe echt darauf gewartet, dass sie erzählt, wie sie von der Mutter misshandelt wird. Findest du nicht auch, dass das zu viele Schicksalsschläge für eine Familie sind, als dass es noch glaubwürdig wirken könnte?«
Seine Hand verkrampfte sich um den Rollfilm, als wollte er ihn vernichten. Schon wieder fühlte Leah seine Finger auf ihrem Körper, die zudrückten und zudrückten. Diese Kraft, die das Leben aus ihr herauspressen könnte.
»Kay.« Scharf sog Elinor die Luft ein. »Entschuldige. Es sind wohl nur meine Stimmungsschwankungen, die ganze verkorkste … «
»Rede nie wieder mit mir über Leah Winter!«
»Kay, ich verstehe einfach nicht, warum du sie hierhaben wolltest, das geht mir schlichtweg nicht in … «
»Ich sagte: nie wieder.«
»Gut. Wenn du meinst.« Eine Weile ertönten aus dem Büro nur ein geschäftiges Blättern, ein gelegentliches Klicken und Schleifgeräusche, als würde Elinor Ordner in den Regalen hin- und herschieben. »Ich habe gehört, dass die Polizei mit dir geredet hat. Was wird jetzt aus Hate me ? Wenn die Presse Wind davon bekommt … «
»Es wird kein Hate me mehr geben.«
»Aber du hast dafür gelebt!« Etwas Schweres schlug auf die Tischplatte. »Es hätte ein Zeichen gesetzt, den Menschen ihre wahre Natur vor Augen geführt; es hätte schockiert, aufgewühlt, aber man hätte nicht mehr darüber hinwegsehen können.«
»Es ist vorbei, Elinor.«
»Na wunderbar! Und jetzt?«, stieß die Managerin gepresst hervor.
»Und jetzt gute Nacht, Elinor.« Er rutschte von der Tischkante und drehte sich zur Tür.
Leah wich zur Seite, eilte zu einem Abstellraum und kauerte sich zwischen Stativen und anderem Zubehör zusammen. Durch den Spalt unter der Tür schimmerte das Flurlicht. Sie wartete. Elinors Pfennigabsätze hackten auf den Boden ein, vom Ende des Korridors ertönten undeutliche Stimmen, dann ging das Licht aus, das Schloss lärmte, und es wurde still.
» Hate me « , pochte es in ihren Schläfen. Die Gedanken daran, dass er sie hierhaben wollte und von der Studiomanagerin anscheinend aushorchen ließ … Die Umarmung …
Sie rieb sich über die Beine. Schon wieder weiche Knie. Ihr Körper reagierte auf ihn entschieden anders als ihr Verstand. Vielleicht sollte sie über einen Kinoabend zur Weiterbildung nachdenken. Basic Instinct – for Dummies.
Verärgert über sich selbst, zog sie die Schuhe an. Erst als sie glaubte, dass keiner der beiden zurückkehren würde, verließ sie ihr Versteck. Vorsichtig tastete sie sich durch die Dunkelheit zum Büro vor und schaltete die Tischlampe ein. Zwar besaß der Keller sehr wenige Fenster, überflüssiges Licht wollte sie dennoch nicht riskieren. In der obersten Schublade lagen Ersatzschlüssel. Mit etwas Glück würde sie den Schlüsselbund morgen zurück an seinen Platz schmuggeln, bevor jemand etwas
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